(
[email protected])
Datum: 11. Februar 1999, 18.50 Uhr
An: M. Ranelagh
Betreff: Die Slater-Kinder
Du kannst dir nicht vorstellen, was für Schwierigkeiten wir hatten, wenigstens eines der Slater-Kinder aufzustöbern. Leider nicht den Knaben, der dich interessiert, sondern den Jüngsten (Danny), der aber vielleicht am ehesten bereit sein wird, seine Mutter zu überreden, deine Briefe zu beantworten. Ich will dich nicht mit Einzelheiten der verschlungenen Pfade unserer Suche langweilen – kurz gesagt, Jennifers Vorschulfreundin aus Nummer 6 (Linda Barry) war noch in Kontakt mit einer anderen Vorschulfreundin (Amy Trent), und die wieder war mit Danny zusammen auf der Kunsthochschule und hält noch Verbindung mit ihm. Wir haben uns wirklich bemüht, Alan zu finden, haben aber leider nichts erreicht. Es heißt, er habe vor sechs oder sieben Jahren geheiratet und lebe jetzt irgendwo in Isleworth, aber ich weiß nicht, ob da was dran ist. Du kannst ja mal versuchen, über die Auskunft festzustellen, ob es in der Gegend einen A. Slater gibt, aber der Name kommt relativ häufig vor, da kann's dir passieren, dass du gleich mehrere Kandidaten findest.
Wie dem auch sei, Danny Slater lebt irgendwo in Brixton (Adresse und Telefonnummer waren nicht zu kriegen) und unterrichtet an der Volkshochschule dort grafisches Design. Name und Adresse der Schule: Freetown Community Centre, Brixton, London. Die wirklich gute Nachricht ist, dass er eine E-Mail-Adresse hat –
[email protected] und seine Post regelmäßig bei einem Internet-Café in der Nähe vom Waterloo Bahnhof abholt. Jennifer ist bereit, mit ihm Kontakt aufzunehmen, wenn Luke und Tom dafür nicht zu haben sind, aber ich denke, die ganze Sache ginge schneller, wenn ihr euch direkt an ihn wendet. Übrigens deine Idee, zu sagen, es handle sich um ein IT-Projekt, bei dem nur mit E-Mail und über Internet korrespondiert wird, ist wirklich gut und hat bei Linda und Amy prima geklappt.
Wie schön, dass es Sam wieder besser geht. Ich kann mir vorstellen, was für ein Schreck das für dich gewesen sein muss.
Auf bald, Julia.
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Auszüge aus der E-Mail-Korrespondenz zwischen Luke Ranelagh und Danny Slater in den ersten sechs Monaten des Jahres 1999
Von: Danny Slater
(
[email protected])
Datum: 20. Februar 1999, 20.50 Uhr
An: Luke Ranelagh
Betreff: IT-Projekt – Datenbank: Graham Road
Mann, Kumpel, bist du bescheuert, dass du über ein schwarzes Loch wie die Graham Road eine Datenbank erstellen willst? Okay, du bist am anderen Ende der Welt und hast von Großbritannien keine Ahnung. Das kann man als Entschuldigung gelten lassen, und ich bin auch bereit dazu, aber tu mir einen Gefallen und schick mir ein paar Bilder von knackigen Bikinimädchen. Ich bin Künstler, falls du's nicht weißt! Ich hab ein ästhetisches Interesse an schönen Frauen.
Word pictures
sind okay, wenn du keinen Scanner hast. Ehrlich gesagt, ich möchte am liebsten für immer vergessen, dass ich mal in der beschissenen Graham Road gewohnt hab. Und das würdest du auch verstehen, wenn du mit meiner Mutter Bekanntschaft machen würdest.
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Von: Luke Ranelagh (
[email protected])
Datum: 22. Februar 1999, 15.12 Uhr
An: Danny Slater
Betreff: Bikinimädchen
Wie findest du diese hier? Meine ist die Blonde auf der rechten Seite.
Word pictures
von der Graham Road sind okay, wenn du keinen Scanner hast. Ich bin Exil-Brite, falls du's nicht weißt! Ich hab ein ästhetisches Interesse an allem, was britisch ist.
Ciao, Luke
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Auszüge aus einem schulpsychologischen Gutachten aus dem Jahr 1979 über Alan Slater, Graham Road 32, Richmond. Angefordert von der Klassenlehrerin des Jungen zur Entscheidung über einen endgültigen Schulausschluss.
...Alan zeigt die Verhaltensweisen eines Jungen, der gern andere drangsaliert. Er benutzt seine körperliche Überlegenheit dazu, andere ohne Provokation durch Gewaltanwendung einzuschüchtern, und beschimpft Kinder, die anderen ethnischen Gruppen als er angehören. Er ist nicht bereit, sich an Regeln und Vorschriften zu halten, und reagiert aggressiv auf erzieherische Maßnahmen, vor allem von Seiten weiblicher Lehrkräfte...
...Seine schulischen Leistungen sind in allen Fächern unterdurchschnittlich. Infolgedessen haben sich bei ihm starke Unzulänglichkeitsgefühle entwickelt, und seine Selbstachtung ist gering. Er fühlt sich von seiner Peer-Gruppe ausgeschlossen und gerät bei vermeintlichen Beleidigungen, seien sie noch