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Schlangenlinien

Titel: Schlangenlinien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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einem ortsansässigen Immobilienmakler zufolge war es jetzt eine Dreiviertelmillion und mehr wert.
    »Ein hübsches Haus«, bemerkte ich, als er keine Anstalten machte, wieder hineinzugehen.
    Er nickte. »Ja, ich mag es.«
    »Und was für einen Haken hatte es, als du es gekauft hast? Langjährige Mieter? Baufällig? Schwamm?«
    Er sah mich erstaunt an. »Nichts.«
    »Na hör mal! Wie um alles in der Welt konntest du dir das leisten? Ich dachte, nach der Scheidung wärst du praktisch pleite gewesen.«
    Er fuhr zurück, als hätte ich wild die Zähne gefletscht. »Wer hat dir das erzählt?«
    »Libby.«
    »Ich wusste nicht, dass ihr noch in Verbindung seid.«
    »Ab und zu.«
    »Tja, da irrt sie sich«, sagte er. »Sie dachte, sie brauchte nur einen teuren Anwalt zu nehmen, um mich bis aufs Hemd auszuziehen, aber der Mann ist den Geldern, auf die es ankam, nicht mal nahe gekommen.«
    Merkwürdig, dachte ich, wie das Gedächtnis einen trog. Ich verglich ihn in Gedanken schon so lange mit einem Wiesel, dass es mich überraschte, wie attraktiv sein Gesicht eigentlich war. »Na, das wundert mich aber«, meinte ich mit einem kleinen Lachen. »Du hast es doch sonst nie geschafft, irgendetwas vor deiner Frau zu verbergen.«
    »Was hat sie dir denn noch erzählt?«
    »Dass du dir einen blonden Engel ins Haus geholt hast, noch bevor die Tinte auf dem Scheidungsvertrag trocken war. Jung genug, um seine Tochter sein zu können, sagte sie, aber alt genug, um einen Gimpel zu erkennen, den man ausnehmen kann.«
    Wieder atmete er sichtlich erleichtert auf. »Sie ist doch nur eifersüchtig«, sagte er verächtlich.
    Ich lachte wieder, amüsiert über seine Großspurigkeit. »Du warst immer ein hoffnungsloser Lügner, Jock. Früher hat mich das geärgert, jetzt kann ich nur darüber lachen – wahrscheinlich weil ich so viel mehr über deine Geschäfte weiß als Sam.«
    Er machte ein saures Gesicht. »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, dass du auf dieses Haus ein Darlehen von fünfhunderttausend aufgenommen hast, um Systel über Wasser zu halten, und jetzt nicht zurückzahlen kannst.«
    In der kurzen Pause, die folgte, schien er zu überlegen, wie er mir darauf antworten sollte. Schließlich fragte er: »Ist das auch etwas, was Libby dir erzählt hat?«
    Ich nickte.
    »Es ist gelogen«, sagte er kurz. »Sie hat von meinen Finanzen keine Ahnung. Sie hatte schon vor zwanzig Jahren keinen blassen Schimmer, woher soll sie jetzt wissen, was los ist. Ich habe seit der Scheidung kein Wort mehr mit ihr gesprochen.« Er wartete auf eine Erwiderung von mir, und als ich nichts sagte, wurde er noch wütender. »Ich könnte euch beide wegen Verleumdung verklagen, wenn du das Dritten gegenüber wiederholst. Du kannst nicht herumlaufen und andere Leute schlecht machen, nur weil du was gegen sie hast.«
    Ich hätte ihm gern erwidert, dass solche Erwägungen ihn vor zwanzig Jahren nicht daran gehindert hatten, Sam kräftig dabei zu helfen,
mich
schlecht zu machen. Aber ich sagte nur: »Ich lasse mich immer gern belehren, Jock. Was ist nun genau gelogen? Dass du ein Darlehen aufgenommen hast? Dass du das Geld in Systel gesteckt und verloren hast? Oder dass du's nicht zurückzahlen kannst?«
    Er antwortete nicht.
    »Vielleicht hättest du in der Wahl deiner Freundinnen ein wenig vorsichtiger sein sollen«, meinte ich. »So, wie ich es von Libby gehört habe, war der blonde Engel die Erste von vielen, und keine von ihnen konnte den Mund halten.«
    »Was soll das nun wieder heißen?«
    »Libby horcht die Damen seit Jahren über dich aus. Manche waren so gesprächig, dass sie es kaum glauben konnte. Sie brauchte nur zu sagen, sie führe eine Studie für eine Strumpffabrik durch, und ihnen ein Dutzend Paar Luxusstrumpfhosen als Gegenleistung für ein kleines Interview von zwanzig Minuten anzubieten, und schon öffneten sich die Schleusen.
    Er runzelte die Stirn. »Und warum zum Teufel sollte sie so was tun?«
    Es war eine gute Frage, aber ich wollte sie jetzt nicht beantworten. Ich musste ihn erst einmal gründlich aus dem Gleichgewicht bringen, wenn ich hoffen wollte, an die Wahrheit heranzukommen. »Sie wollte wissen, um wie viel du sie bei der Scheidung betrogen hattest.«
    »Das hätte ihr keine meiner Verflossenen sagen können«, erklärte er selbstsicher.
    »Stimmt«, bestätigte ich, »aber so direkt hat sie auch nicht gefragt. Sie ist viel subtiler vorgegangen«– ich lächelte –»und mit sehr viel Geduld.« Ich dachte an die Listen, die Libby mir

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