Schlecht aufgelegt (German Edition)
gut», unterbrach Bernauer das Laientheater. «Wir könnten die Männer natürlich fragen, wer sie schickt und was sie da unten treiben, aber wir würden wahrscheinlich genauso unbefriedigende Antworten bekommen wie von Ihnen.»
«Das ist anzunehmen», bestätigte Paul.
«Steht das in irgendeinem Zusammenhang zu diesen ominösen Telefonaten?», fragte Bernauer.
Paul schüttelte den Kopf. Kuli tat gar nichts. Bernauer nahm noch einen Zug, dieses Mal war ihm die Kompensation deutlich anzumerken, so intensiv atmete er das Gift ein.
«Herr Kulenkampff», begann er dann in einem persönlicheren, vertraulichen Ton. «Sie sind doch kein Verbrecher, oder?»
«Auf keinen Fall!», entrüstete sich Kuli.
«Na, wenn Sie das sagen», schmeichelte der Polizist und hustete ein weiteres Mal, bevor er weitersprach. «Da frage ich mich doch … ich meine, sind Sie sicher, dass Sie nichts gesehen haben in der Wohnung von Lisa Gerhard, was Sie mir eventuell sagen wollen?»
Bernauers Ton verfehlte seine Wirkung nicht. Kuli drohte ernsthaft einzuknicken.
«Ich …», begann er.
«Wir haben alles gesagt, was wir wissen», beeilte sich Paul zu sagen.
«Na ja …», widersprach Kuli zweifelnd und erntete einen Blick der Vernichtung von Paul.
«Na ja?», fragte Kommissar Bernauer hoffnungsvoll.
«Ach, nichts», flüsterte Kuli niedergeschlagen.
«Schade», befand ihr Gegenüber mit ebenso traurigem Unterton und tätschelte Kuli die Schulter wie ein römischer Feldherr seinen tollpatschigen Sklaven, kurz bevor er ihn vierteilen ließ. Kuli nahm leichten Verwesungsgeruch wahr.
Pauls Handy klingelte. Im Display stand die Nummer von Sophie. «Moment», sagte er und drückte die grüne Taste. «Ist gerade ganz schlecht, Marie», sagte er und hob demonstrativ entschuldigend die Schultern.
«Sophie», sagte Sophie durchs Telefon. «Aber man kann sich ja nicht alles merken. Sag mal, wo bleibt ihr denn?»
«Ich bin hier noch bei Kuli hängen geblieben», sagte er. «Ich komm dann nach.»
«Wie bitte?», fragte Sophie perplex.
«Ja, ihr könnt ruhig schon mit dem Kegeln anfangen. Ich hau euch sowieso alle weg.»
Paul hob siegessicher den Daumen. Kommissar Bernauer verdrehte die Augen.
«Verstehe», sagte Sophie. «Ich bin dann mal weg.»
Mit diesen Worten legte sie auf.
Paul tat es ihr gleich und warf Bernauer einen devoten Blick zu. «Die Marie», sagte er, als erklärte dies alles, und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Bernauer seufzte und wandte sich wieder Kuli zu.
«Sie können sich bei mir melden, Herr Kulenkampff», sagte er auf die wohl väterlichste Art, zu der er fähig war. Sein Blick wanderte zurück zu Paul und beinhaltete sofort wieder die gewohnte, fischige Kälte. «Sie natürlich auch, Herr Uhlenbrock», beschied er knapp und wandte sich zum Ausgang.
«Ja, Wiedersehen», sagte Paul tonlos. Der Kommissar zog die Tür hinter sich zu. Dann war Ruhe.
Nach einer qualvoll unentspannten Weile des Verschnaufens sog Kuli die verqualmte Luft ein. «Mir wird langsam schlecht», sagte er.
«Mir auch», stimmte Paul zu. «Wir müssen das jetzt zu Ende bringen. Wo ist denn nun das Foto?»
Kuli seufzte. Jetzt musste er die Karten endgültig auf den Tisch legen. Keine Ausflüchte mehr, Butter bei die Fische, Ende Gelände.
«Ich hab das in eine meiner Schallplattenhüllen gelegt», sagte er trotzig.
Paul schwante Übles. «Okay, und in welche?», fragte er, obwohl er die Antwort schon erahnte.
«Weiß ich nicht mehr», hauchte Kuli und errötete so heftig wie seinerzeit im Kunstunterricht, als er sich vor aller Augen den kompletten und äußerst umfangreichen Inhalt seiner Nase auf den Pullunder geniest hatte.
«Was?», rief Paul.
«Ich weiß es nicht mehr», verteidigte sich Kuli und ruderte wild mit den Armen. «Das ist ja auch alles voll aufregend, ich kann mir das nicht merken, das ist irgendwie zu viel für mich, mach du das mal alles und so. Irgendwas zwischen Sam Cooke und Curtis Mayfield. Die Soul-Nummer. Wahrscheinlich in der Nähe des Schreibtischs.»
«Wahrscheinlich in der Nähe des Schreibtischs», äffte Paul Kuli nach. «Und das sagst du erst jetzt? Von wegen, wir haben drei Minuten und so!»
Kuli schob sich so vorsichtig vor seine Schallplattenregale, als befürchtete er, aus irgendeiner Ecke mit bewegungssensorisch ausgelösten Giftpfeilen beschossen zu werden. «Ich dachte halt, es fällt mir noch rechtzeitig ein», gestand er und starrte ratlos auf die Sammlung alten Vinyls von Motown,
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