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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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Stax und Co. Die komplette Geschichte des Soul türmte sich vor ihm auf.
    Paul raufte sich die Haare. «Also, ganz kurz und nur um das für mich noch mal endgültig klar zu kriegen: suchen oder was?», fragte er fassungslos.
    «Ja, sicher», antwortete Kuli nervös und griff aufs Geratewohl nach einer Schallplatte von Smokey Robinson, die er in den letzten Monaten oder Jahren sicher nicht in den Händen gehalten hatte, die er sich aber auf jeden Fall mal wieder anhören sollte.
    «Leck mich am Arsch!» Paul blickte zum Fenster. «Da können die Bullen uns jetzt dabei zugucken, wie wir Schallplatten sortieren.»
    «Kannst ja den Vorhang zumachen», murmelte Kuli, stellte Smokey Robinson zurück ins Regal und zog dafür nun einen ganzen Packen heraus.
    «Dann stehen die doch gleich wieder hier auf der Matte.» Paul gab seinen Widerstand auf. Zumindest vorläufig. Nützte ja nichts, den wilden Mann zu markieren. Und er hatte sich ja schließlich bessere Laune für den Tag vorgenommen. Konnte man ja mal mit anfangen. Er griff also ebenfalls ins Regal, legte einen großen und erstaunlich schweren Stapel neben sich und zog die Schallplatten aus den Papphüllen, eine nach der anderen.
    «Sag mal, wie sind die denn geordnet?», wollte er wissen.
    «Thematisch», antwortete Kuli so selbstverständlich, als gäbe es keinerlei ernst zu nehmende Alternative. Er hob den Blick. «Vorsicht, ja?», maulte er. «Nicht mit den Fingern auf die Rillen greifen. Du kannst die Platten auch in ihren Inlays lassen. Ich hab das Foto einfach nur in irgendein Cover geschoben.»
    Paul war versucht, jeder einzelnen Scheibe zum Abschied so richtig punkig einen kräftigen Abdruck seiner Stiefel zu verpassen, wollte die Dinge aber nicht unnötig verkomplizieren und hatte sowieso nur Turnschuhe an.
    «Gil Scott-Heron?», fragte er also.
    «Leider viel zu früh gestorben», murmelte Kuli und sortierte Bill Withers aus.
    «Das ist jetzt nicht das Thema», knurrte Paul und verdrehte die Augen. « Free Will ? Oder Reflections ?»
    «Nee», sagte Kuli und erfreute sich kurz und heimlich am Geruch der Temptations.
    «Terry Callier?», fragte Paul weiter.
    «Nee», wiederholte Kuli. «Der gehört auch eigentlich gar nicht so richtig hier hin. Aber ich wusste nicht so recht, wo …»
    «Das ist mir scheißegal, Kuli.» Paul fletschte die Zähne.
    «Du solltest mal auf deinen Blutdruck achten.» Kuli meinte es gut und bewirkte damit das Gegenteil bei Paul, der innerlich fast überkochte und allergrößte Mühe hatte, den Deckel auf dem Topf zu halten. Er schleuderte angewidert eine Platte namens Back To The S..t! zu Boden, auf deren Cover eine gewisse Millie Jackson im Abendkleid, aber mit heruntergelassenem Höschen und einem Schuh in der Hand auf der Toilette saß und dabei mit geschlossenen Augen und aufgeworfenen Lippen offenbar ihr Mittagessen in die Schüssel drückte.
    «Was ist das denn?», fragte er angeekelt.
    «Schlimm ist das», bestätigte Kuli und nickte anerkennend Back Stabbers von den O’Jays aus dem Jahr 1972 zu. Der Suche nach dem Foto half das allerdings auch nicht.
    Paul hatte noch einen Rest des Millie-Jackson-Ekels in sich und pfefferte daher einen Typen namens Donny Hathaway zur Seite, der eigentlich gar nichts dafürkonnte. «Hör mal auf damit», schimpfte Kuli. «Der ist sowieso unterschätzt.»
    Paul seufzte und versuchte die Zeit hochzurechnen, die sie benötigen würden, um wirklich jede einzelne verdammte Schallplatte zu durchsuchen, bevor das Foto natürlich aus der aller-, allerletzten von ihnen in formvollendeter Schlichtheit einfach so herausfallen würde – da klingelte es erneut an der Tür.
    «Maaaann!», sagte Kuli entnervt, tauschte einen bedeutungsvollen Blick mit Paul und legte vorsichtig Otis Redding ab.
    «Vielleicht steht dieser Bernauer ja auf schwarze Musik», ätzte Paul und überlegte kurz, ob er noch schnell hier aufräumen sollte. Das war natürlich Unsinn. Ein Chaos war das, und sie saßen mittendrin. So generell, aber auch im Besonderen.
    Kuli eilte zur Tür und warf einen Blick durch den Türspion. «Oh», sagte er.
    «Was ist?», fragte Paul.
    «Eine Frau. Mit einer Sonnenbrille auf.»
    «Und?»
    «Hier klingeln sonst nie Frauen.»
    «Jetzt lass sie schon rein», seufzte Paul. «Scheint ja eh jeder zu wissen, dass wir hier drin sind.»
    Kuli öffnete die Tür so vorsichtig, als wäre sie aus Esspapier. «Ja, bitte?», fragte er.
    Die Frau, die in ihrem grünen, eng anliegenden Kostüm sehr hübsch

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