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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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sich auf den Weg, wohin auch immer der sie führen würde. Keine drei Sekunden später hatte sich das ganze Spektakel aufgelöst wie eine Kopfschmerztablette in einem Glas Wasser.

    K uli und Paul hingegen hatten in der Zwischenzeit das Treppenhaus erklommen, Kulis Wohnung betreten und es scheinbar geschafft, dabei unbemerkt zu bleiben.
    «Und warum sollte ich da jetzt eigentlich unbedingt mitkommen?», fragte Paul nervös und zog die Tür hinter sich zu.
    «Ich brauch dich hier», antwortete der schwer atmende Kuli knapp.
    «Das ist trotzdem ein Riesenfehler, ist das!» Paul zog nervös die Tür hinter sich zu. «Drin sind wir jetzt, okay, aber wir müssen ja auch wieder raus.»
    «Das kommt als Nächstes, wir haben ungefähr drei Minuten», beschied Kuli und wusste, sie liefen geradewegs auf ein ganz anderes, wesentliches Problem zu. «Okay», begann er, um eine Viertelsekunde Zeit zu schinden. «Ich muss es nur kurz finden.»
    Paul erstarrte. «Was?»
    «Finden muss ich das», wiederholte Kuli und machte einen Schritt in sein Wohnzimmer. Zum ersten Mal fiel ihm auf, dass er wirklich viele, sehr viele Schallplatten besaß. Vielleicht sollte er seine Sammlung verschlanken, Ballast abwerfen, sich auf das Wesentliche beschränken, nicht immer nur Anhäufen um des Anhäufens willen. Wer brauchte schon die Bay City Rollers oder rare Konzertmitschnitte von Neil Diamond?
    «Das war nicht der Plan», fauchte Paul. «Der Plan war nicht, nach etwas zu suchen. Der Plan war, etwas zu nehmen. Das Foto nämlich. Das Foto zu nehmen und so schnell wie möglich wieder zu verschwinden, damit Sophie da unten auf dem Asphalt keine Blasenentzündung kriegt. Das war der Plan! Nicht das Foto zu finden!»
    «Jetzt halt doch mal die Klappe, ich muss mich konzentrieren», rief Kuli und hielt plötzlich die Luft an.
    «Was?», fragte Paul gereizt.
    «Was ist, wenn das hier verwanzt ist?», spekulierte Kuli entsetzt. «Dann haben wir uns jetzt verraten!»
    «Wieso soll das denn verwanzt sein?», fragte Paul verächtlich, war sich aber überhaupt nicht sicher. Er führte seine Augen in alle Ecken des Zimmers und betrachtete die Glühbirne an der Decke, die es bislang nicht zu einem Lampenschirm gebracht hatte. Sinnlos, dachte er. Wanzen werden ja versteckt, damit man sie nicht sieht. Das wäre ja geradezu absurd, wenn er sie jetzt mit einem einzigen Rundumblick finden würde. Wie sah die überhaupt aus, so eine Wanze?
    «Okay, jetzt geht’s los», sagte Kuli und klatschte in die Hände. In diesem Moment klingelte es an der Tür. Sie erstarrten. Und machten erst einmal zwei, drei Sekunden lang gar nichts, was eine wirklich lange Zeit sein konnte, wenn man es subjektiv betrachtete.
    «Oh», flüsterte Paul.
    «Ja», flüsterte Kuli.
    «Die Post?», flüsterte Paul.
    «Kommt später», flüsterte Kuli.
    Es klingelte noch einmal.
    «Kommissar Bernauer», rief eine ihnen bekannte und von ihrem Besitzer unverkennbar langfristig misshandelte Stimme durch die Tür. «Jetzt machen Sie schon auf, Herr Kulenkampff. Wir wissen, dass Sie beide da drin sind.»
    Kuli tippte sich an die Stirn. «Wieso wissen Sie denn, dass wir hier drin sind? Wir sind doch durch den Fahrradkeller rein», rief er zurück.
    «Pst», zischte Paul.
    «Gegenfrage», kam es durch die Tür. «Wieso wollen Sie vor irgendjemandem verbergen, dass Sie da sind?»
    Kuli schüttelte den Kopf und drückte die Klinke herunter. Da stand er, der Kommissar Bernauer. Paul musste wieder an eine ausgequetsche Zitrone denken, Kuli an eine vertrocknete Selleriestange.
    «Wollen wir doch gar nicht», sagte Paul schnell und lächelte einnehmend. Oder was er dafür hielt.
    «Und warum dann der Fahrradkeller?», fragte Bernauer und betrat mit hängenden Schultern Kulis Wohnung, dem in diesem Moment gewahr wurde, dass sie sich das alles hätten sparen können mit Sophie und der großen Ohnmachtsshow.
    «Das … das mach ich halt manchmal so», stammelte Kuli. «Ich hab da einen Schlüssel für oben deponiert, wenn ich den mal vergesse. Im Fahrradsattel.»
    Bernauer grinste. Es war das Grinsen einer Hyäne. Paul hätte schwören können, dass Bernauer exakt dieselben Klamotten trug wie bei ihrer ersten Begegnung im Call-Center. Zumindest roch er so, als ob er sie seitdem nicht ausgezogen hätte. Auch nachts nicht.
    «Den Schlüssel für unten hatten Sie aber dabei? Machen Sie das immer so? So eine Art Gütertrennung?», fragte er.
    «Sicher ist sicher …», murmelte Kuli. «Und woher wissen Sie

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