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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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anzusehen war, wie der Mann in Kuli sofort erkannt hatte, schaute auf das Namensschild neben der Klingel. «Herr Kulenkampff?», fragte sie zurück.
    «Ja, warum?»
    «Mein Name ist Susanne Bürger. Darf ich reinkommen?»
    In Kuli schlug der Blitz ein. «Bü…», stammelte er. Dann arbeitete sein Kopf, durch den Einschlag angetrieben, so schnell wie der Blitz selbst.
    «Na klar, warum denn nicht!», erwiderte er, klatschte in die Hände, gab die Tür frei und machte eine ausladend einladende Handbewegung. Er wandte sich nach hinten. «Warum sollte Frau Bürger denn nicht hereinkommen, was, Paul?», fragte er aufgeräumt.
    «Ich heiß nicht Paul», sagte Paul. «Ich hab dir schon tausend Mal gesagt, dass du mich nicht so nennen sollst.»
    «Ach so, ja», nickte Kuli und merkte erst jetzt, wie sehr ihn der Damenbesuch eigentlich schockierte. Er spürte eine enorme Ansammlung von Nässe unter den Achseln, und das, obwohl die Temperatur im Raum mit Susanne Bürgers Eintreten locker um zwei bis drei Grad gesunken war. «Was können wir denn für Sie tun?», fragte er und deutete einladend auf seinen Sitzsack.
    Susanne Bürger warf einen angewiderten Blick auf den ranzig gelben Reste-Rampe-Klumpen und zog es vor, stehen zu bleiben. «Ich möchte gleich zur Sache kommen», sagte sie kühl. «Ich bin die Frau von Henning Bürger, den kennen Sie ja vielleicht?»
    «Schon mal gehört», nuschelte Kuli.
    «Nee, kenn ich nicht», mauerte Paul.
    Susanne Bürger beachtete ihn nicht. «Wir wissen, dass hier im Haus ein Erpresser wohnt. Genau genommen ein Erpresser-Duo», führte sie aus und betonte das Wort «Erpresser» wie die Bezeichnung für einen besonders schlimmen, neu entdeckten Herpes-Virus.
    «Ich wohn hier nicht», rührte Paul weiter Beton an. Erst mal schön alles abstreiten, damit war er immer gut gefahren. Also, meistens. Manchmal.
    «Könnte doch jeder sein, da müssen Sie doch nicht bei mir klingeln», beschwerte sich Kuli, aber Susanne Bürger schüttelte den Kopf.
    «Nein, das könnte nicht jeder sein», sagte sie. «Ich habe mich über dieses Haus erkundigt. Alte Dame mit Hörfehler, türkische Großfamilie, eine neunzehnjährige Studentin, ein holländischer Maler ohne festes Einkommen und eine leere Dachgeschosswohnung. Und Sie.»
    Kuli hob den Zeigefinger. «Und die Dönerbude. Nicht zu vergessen die Dönerbude.»
    Susanne Bürger lächelte nicht. «Falls Sie also beide die Erpresser sind, ich sage, falls Sie es sind, dann möchte ich Ihnen Folgendes sagen: Mein Mann ist kein Mörder.»
    «Das hat ja auch gar keiner …», begann Paul und biss sich auf die Zunge.
    «Oder haben Sie dafür etwa irgendeinen Beweis?», fragte sie und sah sich um, so als suchte sie danach.
    «Na ja, Beweis», sagte Kuli.
    «Halt die Fresse», sagte Paul.
    Susanne Bürger nickte. Eine Pause entstand; sie schien einem Gedanken nachzuhängen. Kuli und Paul hingen an ihren Lippen, unfähig, die Pause für sich zu nutzen. Sie waren wie die Kaninchen, die paralysiert darauf warteten, von der Schlange gefressen zu werden.
    «Falls Sie einen Beweis haben», sagte sie schließlich in dem gleichen, ungerührten Tonfall wie zuvor, «dann bitte ich Sie nur um Folgendes: Warten Sie bis nach der Wahl.»
    «Was?» Kuli verstand nun überhaupt nichts mehr.
    «Warten Sie bis nach der Wahl», wiederholte sie und nahm ihre Sonnenbrille ab. «Henning muss den Wahlkampf absolvieren, das Ganze lenkt ihn im Moment zu sehr ab. Danach kriegen Sie Ihr Geld. Er wird bezahlen. Und wenn nicht …»
    «Ja?», fragte Paul.
    «Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Wenn die Friedenspartei nach der Wahl kein Koalitionsangebot bekommt, gehen Sie mit Ihrem sogenannten Beweis zur Polizei. Alles, was Sie haben, ist doch sowieso nur ein Foto, oder? Man wird sehen, ob es eine Fälschung ist. Und machen Sie vorher eine Kopie davon und schicken Sie die an die Presse. Spiegel, Zeit, Bild, Süddeutsche, Frankfurter Allgemeine, Sie wissen schon.»
    «Warum?», fragte Paul fassungslos.
    «Weil Sie das Geld dann zwar nicht mehr von Henning kriegen, aber von mir.»
    «Wie bitte?», fragte Paul.
    «Sie haben richtig gehört», bestätigte Susanne Bürger. «Sie gewinnen also auf jeden Fall.»
    «Moment mal ganz kurz …», versuchte Kuli zu folgen.
    «Sie wollen Ihren eigenen Mann ans Messer liefern?», fragte Paul entsetzt. So hatte er das aber selbst in seinen schlimmsten Momenten nicht verstanden mit der Moral und dem Familienzusammenhalt.
    Susanne Bürgers Fassade ließ

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