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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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Lachen, das von ganz innen kam, sich aufbaute, zu einem Orkan anschwoll und in einem Lachkrampf endete. «Ja, genau», japste er. «Henning … Henning Bürger! Hennnning Büüürger!»
    «Ist ja gut», sagte Paul genervt. Aber Kuli war nicht zu bremsen.
    «Der Herr Schiedlich-Friedlich himself! Auf so einem Foto? Ich lach mich tot! Ich muss das einscannen und ins Internet stellen!», brüllte er und schlug sich auf die Schenkel, dass der Plattenspieler wackelte.
    «Ist ja gut.»
    «Ich geh zur Presse! Ich häng es bei T2 an die Pinnwand! Ich werd Leser-Reporter! Heennning Büühürger, ich platze gleich!»
    «Lisa Gerhard hat am Telefon mit einem Henning gestritten», sagte Paul ruhig.
    Kuli wurde abrupt ernst. «Du hast recht. Das ist er. Scheiße.»
    «Ja, Scheiße.»
    «Das müssen wir den Bullen zeigen», sagte Kuli und wischte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln.
    «Sie hat es aber dir in den Briefkasten gesteckt. Und nicht den Bullen», antwortete Paul.
    «Na ja, aber …»
    «Das hat doch einen Grund.»
    «Aber welchen?» Kuli kratzte sich an der Nase.
    Paul betrachtete noch einmal das Foto. Henning Bürger … das war doch wirklich verrückt, das konnte doch eigentlich nicht sein. Jemand von der CDU, okay, sicherlich auch jemand von der FDP. Von den Grünen, der SPD und den meisten anderen erwartete man ja eigentlich auch nichts anderes mehr. Aber von der Friedenspartei? Und dann noch der Spitzenkandidat? Die Zeichen standen auf Wechsel, Henning Bürger hatte gute Chancen auf das Amt des Regierenden Bürgermeisters Berlins. Wann immer eine ethische oder moralische Frage auf der Tagesordnung stand, wurde er zurate gezogen. Henning Bürger war allgegenwärtig, das personifizierte Berliner Reinheitsgebot, eine Instanz, ein Politiker, zu dem die Leute aufschauten, selbst die, die ihn nicht wählten. Henning Bürger saß alle drei Wochen bei Günther Jauch, und wenn er dort nicht saß, dann weil Maybrit Illner schneller war oder Frank Plasberg ihn exklusiv hatte. Egal zu welchem Thema, Afghanistan, Homo-Ehe, Steuerflucht und Dosenpfand, er wurde zu allem befragt und hatte zu allem eine klare Meinung. Henning Bürger war glücklich verheiratet, hatte ein oder zwei Kinder, engagierte sich für so ziemlich alles und jeden, führte jede politisch korrekte Demo an, fuhr auf seinem Fahrrad durch Kreuzberg, winkte den Menschen zu und war ganz nah dran am Volk.
    Paul hob eine Augenbraue und schaute in die verzerrte Fratze des Mannes mit der Gasmaske. Sogar näher dran am Volk, als man sich das vorzustellen vermochte, dachte er. Paul wurde plötzlich bewusst, dass dieses Foto pures Dynamit war, eine Granate, die ein politisches und persönliches Erdbeben auslösen konnte. Und diese Granate befand sich in ihrem Besitz, sie waren Teil eines sehr, sehr großen Ganzen geworden, sie hatten Einfluss, zumindest auf den Ausgang der Berliner Wahlen, wenn nicht auf mehr. Ein Wahnsinn war das.
    «Ein Wahnsinn ist das», sagte er.
    Kuli nickte. «Ich verstehe auch gar nicht, warum jemand so was macht? Ich meine, mit einer Gasmaske?»
    Paul schüttelte den Kopf, verschränkte die Arme auf dem Rücken und begann, im Wohnzimmer auf und ab zu laufen. «Ich sag dir jetzt mal, wie das war», dozierte er. «Lisa Gerhard hat eine Affäre mit Henning Bürger von der Friedenspartei. Was muss jemand von der Friedenspartei sein, wenn er gewählt werden will?»
    «Lasch?», vermutete Kuli.
    «Friedlich. Sozial. Kompetent. Authentisch. Ein Vorbild», führte Paul aus. «Bürger hat ’ne Frau, er hat Kinder. Da gibt’s am Sonntag im Garten schön fair gehandelten Bio-Kaffee auf dem frisch geschnittenen Rasen, die Boulevardpresse ist dabei, fotografiert den ganzen Scheiß und schüttet Zucker nach. So sieht’s nämlich aus. Heile Welt gibt’s da. Hoffnung für die Hoffnungslosen gibt es da. Keinen Sadomaso-Kram wie den hier.»
    Kuli verstand plötzlich, worauf Paul hinauswollte. «Also, du meinst, sie hat ihn erpresst? Mit diesem Foto? Und deshalb so ’ne schicke Wohnung gehabt, weil er gezahlt hat? Und dann wollte er nicht mehr zahlen?»
    Eigentlich war Kuli mit diesen Gedankengängen schon viel weiter als Paul, aber das durfte sich Paul natürlich nicht anmerken lassen. Er war ja Sherlock Holmes und Kuli war Dr. Watson. Bestenfalls.
    «Vielleicht», sagte Paul und nickte wissend. «Vielleicht hat er ihr das Geld aber auch freiwillig gegeben, damit sie die Klappe hält und gefügig bleibt. Und dann wollte sie nicht mehr. Henning

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