Schlecht aufgelegt (German Edition)
runden Holztischen seltsam geduckt ihre Croissants brachen, den Milchkaffee schlürften und die Frühstückseier köpften und im Sinne der Gemütlichkeit gegen irgendeine undefinierbare Heavy-Metal-Musik anschreien mussten, die aus den Boxen über der Theke und an der Decke dröhnte. Kuli war beunruhigt, dass er die Musik nicht erkannte. Metal war aber eh nie so ganz sein Thema gewesen.
«Wieso ist das denn dein Lieblingscafé?», fragte er entsetzt, als er sich an einem der viel zu niedrigen und sich kurz vor ihrem letzten Aufseufzen befindlichen Holzstühle niederließ.
«Wegen dem da», sagte Paul und zeigte auf einen sehr langhaarigen und sehr unrasierten Typen irgendwo zwischen Mitte vierzig und Mitte fünfzig, der gerade mit gesenkten Schultern und äußerst gereiztem Blick auf sie zuschlurfte. Am auffälligsten waren die riesigen Moonboots, die er über einer schwarzen Lederhose trug, und die im Vergleich zu seinem breiten Kreuz winzige, lilafarbene Küchenschürze, auf der «Prinzessin in Ausbildung» stand. Die Heavy-Metal-Musik verstummte, aus den Boxen tönte jetzt ein sehr engagiertes Kauderwelsch in einer offensichtlich völlig verrückten Sprache.
«Was?», sagte der Typ, blieb vor ihrem Tisch stehen und verschränkte die Arme.
«Das ist Henk», sagte Paul.
«Gu… guten Morgen», sagte Kuli. «Hätten … hätten Sie eine Karte?»
«Was?», fragte der Typ namens Henk erneut und schob seinen Kopf vor. Kuli fühlte sich spontan an einen der Piraten aus Fluch der Karibik erinnert, allerdings fiel ihm der Name nicht ein, was ihn ärgerte.
«Ich nehm das Frühstück», sagte Paul. Henk nickte.
«Schöner Laden. Ich war ja noch nicht so oft in Kreuzberg», sagte Kuli, um gut Wetter zu machen, wenn das schon Pauls Lieblingscafé war, traf dabei aber offensichtlich nicht ganz den richtigen Ton. Paul sog die Luft ein, als hätte er auf eine besonders saure Zitrone gebissen. Henk beugte sich vor und guckte Kuli aus dem tiefen Tal der Tränensäcke heraus direkt in die Augen.
«Was hörst du da?», fragte er und nickte in Richtung einer Box, die über dem Tisch hing.
«Ei… einen Piratensender?», antwortete Kuli.
«Das ist finnisch», knurrte Henk. «Internetradio.»
«Super!», sagte Kuli. «Dann bist du also Finne.»
«Holländer», knurrte Henk erneut und wischte sich mit dem Handrücken die Nasenflüssigkeit aus dem Gesicht.
«Super!», sagte Kuli. «Dann bist du also ein Holländer, der lange in Finnland gelebt hat.»
«Nein», sagte Henk und setzte sich auf den leeren Stuhl zwischen Kuli und Paul. «Ich bin ein Holländer, der kein Wort Finnisch versteht.»
«Aha», sagte Kuli ratlos und blickte Paul an. Der schien sich das Lachen kaum verbeißen zu können.
«Und warum also, glaubst du, höre ich den ganzen Tag lang einen finnischen Radiosender?», fuhr Henk fort und ignorierte die drängenden Handzeichen von zwei männlichen Gästen, die bereits ihre Jacken angezogen hatten.
«Weil du finnischen Hard Rock magst», antwortete Kuli, dem das jetzt allmählich doch ein wenig auf den Keks ging. War das hier ein Casting oder ein Ratequiz oder was?
«Falsch», sagte Henk mit schnarrender Stimme und beugte sich zu Kuli hinüber. «Ich höre die Scheiße da, weil ich kein Wort von dem Gelaber verstehe und weil es mich auch überhaupt nicht interessiert, ob in Finnland irgendwo ein Elch umfällt. Verstehst du? Es reicht mir schon, mir jeden Tag das bescheuerte Geseier von euch Idioten anhören zu müssen. Ist mir doch scheißegal, ob du schon mal in Kreuzberg warst.»
Kuli schluckte. «Ich nehm dann mal das Frühstück», sagte er. «Und einen Tee. Schwarz … also, wenn’s nicht zu viel …»
«Gut», unterbrach Henk, stand abrupt auf und schritt breitbeinig wie ein siegreicher Revolverheld in Richtung Küche. «Ist echt gut, das Frühstück», rief er noch, dann war er verschwunden. Die beiden angezogenen Gäste legten entnervt einen Geldschein auf den Tisch und verließen das Café. Vermutlich auf Nimmerwiedersehen.
«Heilige Scheiße», sagte Kuli.
«Genau deshalb bin ich so gerne hier», sagte Paul und feixte. «Und das Frühstück ist echt gut.»
«Wie heißt denn der Laden eigentlich?», fragte Kuli und nahm mit einem kurzen Zucken der Augenlider die nächsten finnischen Metal-Salven aus den Boxen entgegen. Trash-Metal war das. Oder Death-Metal. Oder nur Death. Dagegen war jedenfalls Sheer Heart Attack von Rolf Zuckowski.
«Weiß ich nicht», sagte Paul und grinste. «Kannst Henk
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