Schlecht aufgelegt (German Edition)
ja mal fragen.»
«Ach, nicht so wichtig.» Kuli schaute sich unbehaglich um. «Warum treffen wir uns eigentlich hier? Ich meine, ausgerechnet hier? Das ist ja gerade mal eine Haltestelle entfernt von dem Blumenladen, was ist denn, wenn die Bettina hier …»
«Auf jeden Fall weit genug weg von der Telefonzelle, deshalb», unterbrach Paul, der heute ungewohnt euphorisiert und tatkräftig auf Kuli wirkte. «Und außerdem ist hier direkt das Polizeipräsidium, da passiert uns nichts, da tun die doch nichts», setzte er zufrieden nach, lehnte sich nach hinten und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
«Was soll uns denn passieren?», fragte Kuli beunruhigt. Jetzt fing Paul auch noch an.
«Na ja, weiß man ja nie. Politiker und so», dozierte Paul mit dem wissenden Gesichtsausdruck eines politisch interessierten Zeitungslesers. Dann beugte er sich vor.
«Hast du das Foto dabei?», fragte er.
Kuli schüttelte den Kopf. «Bin doch nicht bescheuert. Hab ich gut versteckt.»
«Sehr gut», lobte Paul.
Das war eigentlich das erste Lob aus Pauls Mund, an das Kuli sich erinnern konnte.
«Was hast du denn so gute Laune?», fragte er ein wenig irritiert, aber auch um den zarten Faden einer positiven Verbindung zwischen ihnen fortzuspinnen. Paul ließ augenblicklich das Garn fallen und setzte seinen gewohnt mürrischen Gesichtsausdruck auf.
«Hab ich nicht», sagte er. «Und wenn doch, dann liegt das an Dingen, die nichts mit dem Job, dem Foto, dem Mord oder dir zu tun haben, dann liegt das außerhalb unseres gemeinsamen Interessenbereichs, also nirgendwo, worüber ich jetzt mit dir reden wollte, könnte, sollte oder müsste.»
«Hab ja nur gefragt», sagte Kuli und tastete nach seiner guten Laune von vorhin. Wie sah diese Kunststudentin noch mal aus, die ihm zugelächelt hatte? Wie ärgerlich, dass man solche Bilder nicht digital abspeichern konnte, dass sie so schnell verblassten. Kuli merkte bereits, wie ihm außer der steilen Frisur und den schicken Klamotten schon wieder fast alles aus dem Gedächtnis entschwunden war, dass die Details verschwammen. Egal. Sobald sie hier aufgestanden waren, würde er auf der Straße weiterlächeln. Gab ja noch mehr Kunststudentinnen, wenn das schon seine neue Zielgruppe war. Und Bettina! Er hatte ja schließlich ein Date!
Henk kam aus der Küche und balancierte zwei große, weiße Frühstücksteller auf seinen Händen.
«Ist fertig», knurrte er und knallte Paul und Kuli die Teller so dermaßen vor den Latz, dass Kuli von dem hoffentlich hart gekochten Ei, welches sich unter einem mintgrünen Eierwärmer auf die Reise an die Zimmerdecke gemacht hatte, fast am linken Auge getroffen wurde. Henk knurrte erneut irgendwas, allerdings nichts, was auch nur im Entferntesten nach Entschuldigung geklungen haben könnte.
«Getränke kommen», setzte er dann nach und schlurfte zurück zur Theke. Das Gitarrengesäge und Gegrunze im Internetradio machte eine Pause, dafür war nun wieder die hektische Stimme des engagierten Finnen zu hören, der es sich sicherlich auch nie hätte träumen lassen, dass er mal in einem namenlosen Café mitten in Berlin-Kreuzberg das morgendliche Publikum erfreuen würde.
Kuli atmete tief durch. Aber gut sah das wirklich aus, das Frühstück, das musste man zugeben. Zwei Brötchen, eines aus Weizen, eines aus Vollkorn, dazu zwei verschiedene Scheiben Brot, beide getoastet, und ein ordentlich aufgepumptes Croissant. Butter im Glasschälchen, zwei verschiedene Marmeladen, zwei Scheiben Schinken aus Parma, Salami, ein Schälchen mit Frischkäse, dazu zwei Scheiben eines offenbar recht würzigen Hartkäses, der selbst geschnitten und nicht aus der Supermarktpackung vom Billig-Discount zu kommen schien. Das mittlerweile zur Ruhe gekommene Ei war warm und fest und sicherlich Bio und vermittelte Lust darauf, geköpft zu werden.
«Wow», sagte Kuli.
«Sag ich ja», grinste Paul.
Henk schlurfte heran und stellte einen schwarzen Tee und einen Milchkaffee auf den Tisch.
«Sieht ja super aus», meldete Kuli erfreut, weil er für einen Moment die Konsequenzen vergessen hatte.
Henk beugte sich vor, und Kuli musste wieder an den einen Piraten aus Fluch der Karibik denken, dessen Namen ihm nicht einfiel.
«Hab ich dich gefragt?», schnarrte Henk. «Hab ich das nötig, mir von dir sagen zu lassen, dass das super aussieht? Kann ich das nicht selber sehen, der ich das doch gemacht habe? Habe ich dieses beschissene Café vielleicht aufgemacht, weil man in ganz
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