Schlecht aufgelegt (German Edition)
Scheiß-Kreuzberg nirgendwo ein richtig gutes Frühstück kriegt, sondern nur diese billige Brötchen-Pampe mit Scheiße in winzigen Portionen? Brauche ich dich, um mir das bestätigen zu lassen?»
«Nein», antwortete Kuli kleinlaut und musste an seine Bundeswehrzeit denken, wo sie Witze darüber gemacht hatten, in Holland einzumarschieren und das ganze Gras zu beschlagnahmen.
«Dann ist ja gut», schnarrte Henk, richtete sich wieder auf und schlurfte zurück zur Theke. Zwei weitere Gäste hoben die Hand als Zeichen zum Bezahlen. «Ich komme ja gleich, ihr blöden Säcke», brüllte Henk und wischte sich die Nase am Ärmel ab.
«Henk ist der Einzige, den ich kenne, der noch weniger mit seinen Kunden anfangen kann als ich», sagte Paul zufrieden und schnitt sein Croissant.
Henk drehte sich noch einmal um und warf mit irrem Blick den Zeigefinger in Pauls Richtung. «Und passt bloß auf mit den Krümeln!», brüllte er und widmete sich dann seiner Kasse, die erstaunlich modern war und einen Touchscreen besaß.
«Berlin ist ’ne krasse Stadt», sagte Kuli und köpfte sein Ei. «Eben hat mich eine Frau angelächelt. Einfach so.»
«Trug die ’ne Brille?», fragte Paul.
«Ja, wieso?»
«Die Sehschärfe stimmt nicht», sagte Paul trocken und legte eine Scheibe Parmaschinken auf eine der beiden getoasteten Brotscheiben.
Das wurde Kuli jetzt zu viel. «Weißt du was, Paul? Ich bin deinetwegen hier in dieses … dieses Titty Twister gekommen, und das ist ganz schön weit weg von zu Hause und unserem Büro, und gestern Abend war es ganz schön spät, und heute ist es ganz schön früh, und wir haben noch acht Stunden Arbeit vor uns, wo wir uns beschimpfen lassen, da brauche ich das nicht auch noch zum Frühstück und vor allem nicht von einem, der mich in so eine Scheiß-Geschichte reingezogen hat und dann auch noch das Telefongespräch vermasselt, sodass wir jetzt wahrscheinlich vom Staatsschutz, dem LKA, dem BND und der Feuerwehr überwacht werden!»
«Der Feuerwehr?», fragte Paul konsterniert, denn mit dieser Heftigkeit rechnete er bei Kuli einfach nicht, auch wenn das ja nun nicht mehr das erste Mal war.
«Ist ja nur ein Bild», antwortete Kuli atemgeschwächt, denn es lag ihm bekanntlich nicht, allenthalben ausflippen zu müssen. Verdammt, was war denn los? Er war ein friedlicher Mensch. Aber dieser Paul machte aus ihm noch einen waschechten Choleriker.
Beide schwiegen einen Moment und stocherten in ihrem sehr, sehr guten Frühstück herum.
«Warum schicken wir das Foto nicht einfach an die Presse? Oder an die Polizei?», fragte Kuli dann. Das Schweigen hatte seine Aufmerksamkeit auf den finnischen Metal gelenkt. Zeit, zum Punkt zu kommen.
Paul war offenbar der gleichen Meinung.
«Wir brauchen mehr Beweise», sagte er. «Der Bürger, der muss das zugeben, dass er es war.»
Kuli biss in sein aufgeplustertes Croissant und nahm auf der Stelle ein halbes Kilo zu. «Wieso das denn?», antwortete er mit vollem Mund. «Ich find das irgendwie falsch. Wir machen uns doch strafbar. Wir halten Beweise zurück. Und wir sind doch keine Detektive oder so was. Wir arbeiten im Call-Center. Sonst nichts. Und was geht uns das Ganze überhaupt an?»
Paul verdrehte die Augen. «Was uns das angeht? Die hat dir das Foto in den Briefkasten geschmissen. Das heißt, die will, dass du was unternimmst! Und nicht gleich wieder die Verantwortung abgibst.»
«Das ist doch Quatsch», sagte Kuli ungewohnt offensiv. Er hatte ein Date! «Sag mal, was glaubst du denn, wer wir sind? Chuck Norris und Spider-Man?»
Paul wischte den Einwand mit einer Handbewegung beiseite. Der finnische Moderator schien sich über und vor ihnen vor Begeisterung zu überschlagen. «Wir müssen Bürger so weit drankriegen, dass er den Mord gar nicht mehr zugeben muss», argumentierte Paul und steigerte sich und seine Stimme wieder so richtig hinein. «Dass er verurteilt wird aufgrund der Indizien!», rief er. «Das darf keiner vertuschen, das Ganze!», brüllte er. Leider in einer Pause der finnischen Konkurrenz, der offenbar kurzzeitig die Puste ausgegangen war. Alle Köpfe drehten sich zu Paul um. Einschließlich dem von Henk. Glücklicherweise setzte in diesem Moment die nächste Gitarrensalve aus Skandinavien ein. Ein weiteres Gästepaar zog seine Jacken an.
«Wer will denn das vertuschen?», fragte Kuli, so leise es eben ging.
Paul wusste es offenbar selbst nicht so genau. «Die alle!», stellte er daher fest. «Die stecken doch alle unter einer
Weitere Kostenlose Bücher