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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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Ich reiße mir hier den Arsch auf, um die Lebensbedingungen für die Berliner zu verbessern, und dir sind nur deine eigenen wichtig! Ein miserabler Vater bin ich, ja? Die Kinder dürfen hier drin ja nicht mal richtig spielen, weil du Angst hast, sie machen was schmutzig! Das werden noch genau solche Freaks wie du!»
    Mit diesen Worten fegte er auch noch die letzten Akten vom Schreibtisch und wandte sich zur Tür. Je lauter er geschrien hatte, desto eisiger war Susanne Bürgers Miene geworden. «Das Wort Freak aus deinem Mund zu hören, finde ich hochinteressant», sagte sie mit einem unnatürlich heiteren Unterton. Sie wusste, ihr nächster Satz würde die Situation endgültig eskalieren lassen – umso mehr genoss sie es, ihn auszusprechen. «Wo hast du denn deine aktuelle Gummimasken-Kollektion versteckt?»
    Henning Bürger war mit zwei schnellen Schritten bei seiner Frau und gab ihr eine Ohrfeige, so kraftvoll, dass man die Spuren davon noch Tage würde sehen können. Susanne Bürger aber zuckte nur ganz kurz mit den Lidern, stand ansonsten unbewegt, als wäre nichts gewesen, und musterte ihn mit unverhohlener Verachtung. Seine Wut war im Moment des Schlages abrupt verraucht. Er blickte betreten zu Boden, er wusste sofort, was er getan hatte, würde sich nicht mehr, nie wieder kitten lassen. Wenn es überhaupt noch irgendetwas zu kitten gab.
    Susanne Bürger holte tief Luft. «Wenn du die Wahl verlierst», sagte sie mit ruhiger Stimme, «dann sorge ich persönlich dafür, dass du ins Gefängnis kommst. Wegen Mordes an dieser Frau. Und du wirst die Kinder nie wieder sehen. Falls dir daran überhaupt etwas liegt.»
    «Natürlich liegt mir etwas daran. Du weißt genau, wie sehr ich Ella und Jakob liebe», sagte er ebenso leise und fixierte den Teppich, auf dem sein halbes Leben zertreten dalag wie der Restmüll nach einer langen Silvesternacht.
    Dann straffte er sich. Er schaute ihr in die Augen, die fast erloschen schienen, so weit hatte sich seine Frau in sich selbst zurückgezogen. Es erschreckte ihn nicht. «Auf jeden Fall werde ich nicht zulassen, dass mir diese beiden Idioten etwas anhängen, was ich nicht getan habe», sagte er und atmete schwer. «Ich werde mich zu wehren wissen. Ich wehre mich gegen alle, die mich bedrohen, Susanne. Es geht hier nicht um dich oder um mich. Es geht um die Zukunft der Stadt. Und um die Zukunft der Landes.»
    «Oh Gott, wenn du dich hören könntest», erwiderte Susanne Bürger. «Phrasen, Hülsen, du bist nur die schlechte Parodie eines Politikers. In Wirklichkeit geht es dir nur um dich.»
    Henning Bürger merkte, wie es in ihm erneut hochkochte. Er wollte gerade zum Gegenschlag ausholen, als es an der Tür klopfte. «Jetzt nicht», rief er, und er rief es mit einer Stimme, die seine Parteigenossen hinter verschlossenen Türen nur zu gut kannten. Es klopfte ein zweites Mal. Gleich darauf öffnete sich die Tür. In ihrem Rahmen stand Hilla, leicht gebückt und in ihrer blauen Haushaltsschürze, die sie bei den Bürgers tragen musste, obwohl sie überhaupt nichts mit dem Haushalt zu tun hatte. Susanne Bürger hatte ihr diese Schürze befohlen, um zu verhindern, dass ihre Kinder irgendwann Hilla als Mutter und nicht als Bedienstete ansahen. Alle Angestellten des Hauses hatten diese blaue Schürze zu tragen. An Hillas linker Hand hing die zweijährige Ella und aß ein Stück Birne, an der rechten zappelte der fünfjährige Jakob, der ein rotes Rennauto umklammerte. Alle drei sahen verwirrt und geradezu verängstigt aus.
    «Die Kinder wollten mal nachsehen, ob alles in Ordnung ist», sagte Hilla schüchtern.
    «Ihr habt gezankt», ergänzte Ella, deren Wortschatz für ihr Alter ausgesprochen eindrucksvoll war.
    «Das stimmt», sagte Henning Bürger und tupfte sich den Schweiß von der Stirn.
    «Auch die Großen zanken manchmal, Schatz», lächelte seine Frau Ella an. «Es ist alles in Ordnung, kein Grund, sich Sorgen zu machen.»
    «Papa hat geschrien, und es hat geknallt», sagte Jakob traurig und schaute dabei sein Rennauto an.
    «Mamas Backe ist ganz rot», bemerkte Ella und zeigte auf Susanne Bürger, der nach diesen Worten urplötzlich die lange zurückgehaltenen Tränen kamen. «Geht bitte raus», sagte sie mit brüchiger Stimme. «Es ist alles nicht so schlimm. Nur ein kleiner Streit. Ich habe Papas Akten verlegt.»
    «Gut, habt ihr gehört, es ist alles in Ordnung», sagte Hilla eilig und schob Ella und Jakob aus dem Zimmer. Jakob drehte sich noch einmal um und schien noch

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