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Schlecht aufgelegt (German Edition)

Schlecht aufgelegt (German Edition)

Titel: Schlecht aufgelegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Stricker
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irgendetwas zu seinem Vater sagen zu wollen.
    «Komm her, Jakob, hol dir einen Kuss bei Papa», sagte Henning Bürger und breitete die Arme aus. Jakob schüttelte den Kopf und nahm Hillas Hand, als wäre die sein einziger Schutz. Hilla schob die beiden Kinder aus dem Raum und schloss so sachte wie möglich die Tür hinter ihnen.
    Henning Bürger nahm die Arme herunter und atmete tief durch, Susanne suchte nach einem Taschentuch. Er gab ihr eins, das sie nach kurzem Zögern dankbar entgegennahm.
    «Was habt ihr denn nun herausgefunden?», fragte sie und strich sich über ihre Hochsteckfrisur.
    «Die Typen wollen fünfhunderttausend», sagte Henning Bürger, ohne direkt auf die Frage einzugehen.
    Sie hielt inne. Diese Zahl schien ungeheuerlich.
    «Haben wir denn so viel?», wollte sie wissen.
    «Das ist nicht der Punkt.»
    Susanne schien kurz zu überlegen, dann verstand sie und nickte.
    «Welche Spur hast du?»

    A ls sie um kurz vor zwölf das Call-Center erreicht hatten und er die dritte Taxirechnung des noch jungen Tages beglichen hatte, war Paul quasi pleite. Der Monat neigte sich dem Ende entgegen und da es sowieso jedes Mal ein heißer Ritt auf der EC-Karte war, war es nun umso schlimmer, denn nachdem ihm in der Bahn seine Brieftasche abhandengekommen war, besaß er nicht einmal mehr eine. Es machte ihn wahnsinnig, dass er sein Leben lang nicht aus finanziellen Sorgen hinausgekommen war, dass er nach Miete, Unterhalt für Luna und den üblichen Lebenshaltungskosten jeden Monat aufs Neue überlegen musste, ob er sich jetzt Kleinigkeiten wie einen Kinobesuch überhaupt leisten konnte. Gut, er schickte Luna permanent Geschenke, das ging natürlich auch ins Geld. Er tat das gegen seine eigenen pädagogischen Grundsätze, aber im Auftrag seines schlechten Gewissens. Permanent pleite, für einen beschissenen Job legendär unterbezahlt und dadurch grundfrustriert war er trotzdem. Aber, und das war das Neue: Es gab einen Lichtblick. Denn heute Abend hatte er ein Date. Heute Abend würde er von seinem zusammengekratzten Hosentaschengeld die S-Bahn zur Kandinskystraße nehmen. Und das nötige finanzielle Polster für den Restaurantbesuch würde er sich von Martin Schulte holen, auch das stand für ihn außer Frage.
    «Ich weiß gar nicht, wie ich jetzt hier einfach so arbeiten soll, als wäre nichts gewesen», jammerte Kuli, der unschlüssig auf dem T2-Parkplatz zwischen den beiden mickrigen Bäumen herumstand und rein optisch noch kümmerlicher erschien als die seit einigen Tagen blattlosen Firmenikonen. «Wir können doch nicht einfach so weitermachen.»
    Paul blickte gen Himmel, der überraschenderweise blau und strahlend und optimistisch war. «Jetzt bleib doch mal locker», sagte er. «Ist doch noch gar nichts passiert.»
    «Nichts passiert?», rief Kuli und tippte sich an die Schirmmütze, die er nicht aufhatte. «Mann, die wenden Gewalt an, die sind voll gewalttätig! Die haben die Frau verprügelt, die ich … na ja. Und die wird nie wieder ein Wort mit mir reden. Und zwar zu Recht!»
    «Die war eh nichts für dich», sagte Paul gelassen.
    «Und die wissen jetzt, wo ich wohne. Damit haben die meinen Namen und bald auch deinen, und wir sind so richtig am Arsch.»
    «Mahlzeit», sagte Paul und meinte die lächelnde Sandy Schorndorf, die gerade hochkonzentriert ihren überdimensionalen Brüsten zum Haupteingang folgte. Paul war immer wieder überrascht, dass sie sich in der großen, bösen Stadt nicht verlief und wirklich jeden Tag pünktlich zu Schichtbeginn erschien. Er blickte ihr hinterher und fand das Call-Center für einen Moment erträglich.
    «Meinst du, ich hätte Chancen bei der?», fragte er mit einem Interesse, das im Gesamtzusammenhang ein wenig irrational wirkte.
    «Das ist doch jetzt so was von egal!» Kuli verdrehte die Augen.
    «Na gut», erwiderte Paul und beschloss, die Wogen erst mal zu glätten. Das Tamtam hier nervte. «Die haben zwar vielleicht bald deinen Namen, oder meinetwegen auch jetzt schon, aber meinen ja noch nicht. Und solange das so ist, kann dir nichts passieren. Denn das ist doch klar, wenn dir was passiert, gehe ich sofort mit dem Foto zur Polizei oder zu irgendeiner Zeitung. Das weiß der Bürger ja auch. Da können die vielleicht ein bisschen Gegendruck erzeugen oder so, aber wir sitzen immer noch am längeren Hebel!»
    «Sehr tröstlich», meckerte Kuli. «Wer sagt denn überhaupt, dass das Leute von Bürger waren? Das könnten ja auch ganz andere gewesen sein, zum Beispiel von

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