Schlechte Medizin: Ein Wutbuch (German Edition)
den unkontrollierten Missbrauch vonTierarznei- und Pflanzenschutzmitteln sowie den rücksichtslosen Umgang mit Nutztieren, der damals sowohl von den Universitäten als auch von den Medien vehement bestritten wurde. Dieses Buch wurde ein Riesenerfolg und bildete die fachliche Grundlage der Bio-Bewegung und ihrer Kritik am konventionellen Landbau und der Massentierhaltung. Als Pollmer jedoch denWandel vom berechtigten Protest zu einer wirklichkeitsverneinenden Ideologie, die nun selbst zum Problem geworden war, kritisierte, gab es keinen Applaus. Es geht inzwischen längst um andere Interessen, und die brauchen im Sinne der Gruppenmoral weiterhin Feindbilder und Abgrenzung. Fachwissen wird zum Störfaktor.
Ich möchte an nur 2 Beispielen zeigen, wie die Anhänger der Lebensstilmoral die öffentliche Meinung manipulieren, wenn es um Gesundheitsgefahren geht.
Gesunde Gefahren: Die EHEC-Seuche 2011
Die gesundheitliche Hauptgefahr, die von Nahrung ausgeht, ist die Aufnahme von Krankheitserregern wie Bakterien,Würmer oderViren durch das Essen. Deshalb besteht die beste Gesundheitsvorsorge in einer hygienischen Produktion und im Schälen und Abkochen von Speisen. Es liegt in der Natur der Sache, dass dies ein besonderes Problem der Bioproduktion und von Rohkost darstellt. Unsere Großeltern würden sich wundern, dass man das überhaupt erwähnen muss. Muss man leider, denn heute werden Pfleger und Erzieher in Ernährungsschulungen zum Beispiel der DGE oder AOK nicht sachgerecht über die Gefahren vonVollwert und Rohkost informiert und gefährden dann ihre Schützlinge in Pflegeheimen oder Kindergärten. Schon seit Jahren ist bekannt, dass jährlich Menschen am EHEC -Erreger sterben, oft vermeidbar, hätte man das entsprechende Gemüse und Obst fachgerecht verarbeitet, also geschält, gewaschen und erhitzt.
Dieses Problem wurde uns durch dieTodesopfer der EHEC -Infektion Mitte 2011 vor Augen geführt. Doch wie Medizin, Medien und Politik sich um die Benennung der Ursachen dieser Infektion herumgedrückt haben, war bemerkenswert. Als sich herausstellte, dass » gesunde « Nahrungsmittel aus Bioproduktion das Problem waren, hörte man nichts von der Empfehlung, besonders Bioprodukte vor demVerzehr abzukochen.Wäre der EHEC -Erreger durch Fleisch aus der Massenproduktion übertragen worden, wäre sofort die Hölle los gewesen. Stattdessen kritisierte man die Behörden, dass sie vorschnell vor Gemüse gewarnt hätten. Dabei hat das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) nichts anderes gemacht als seine Arbeit. Es fand EHEC -Erreger auf Biosprossen und hat die Bevölkerung umgehend gewarnt. Aber wäre es verantwortbar gewesen, mit derWarnung zu warten? Nein, denn damit hätte man riskiert, dass noch mehr Menschen sterben. Dennoch ließen dieTalkshows vor allem jene zuWort kommen, die die Möglichkeiten des BfR einschränken wollen, um in ZukunftWarnungen erst durch weitere Filter laufen zu lassen. So will man die Kontrolle über Fachexpertise erlangen.
In der Sendung »Maybrit Illner« über » Tödliche Keime, ratlose Ärzte, hilflose Politiker– EHEC -Angst ohne Ende? « vom 9.Juni 2011 wies Udo Pollmer auf die Gefahren, die von Rohkost ausgehen, und auf weitere Versäumnisse im Rahmen der EHEC -Seuche noch einmal fachgerecht hin. Keiner der anwesenden Hochschullehrer sprang ihm bei, ganz im Gegenteil wurde abgewiegelt und sogar irreführend versucht, aus EHEC einen Skandal der Massentierhaltung zu machen. Gesundheitsminister Daniel Bahr bezeichnete Pollmers Aussagen als unseriös. Hier wird schlechter Medizin derWeg bereitet, dabei wäre es gerade die Aufgabe der Minister, uns vor Ideologie zu schützen und Mietmäuler in die Schranken zu weisen.
Der Dioxinskandal– ministerialer Gedächtnisschwund
Am Beispiel der Gesundheitsgefährdung durch Dioxin und des letzten diesbezüglichen Skandals Anfang 2011 möchte ich Ihnen zeigen, wie sich Politiker, Journalisten,Theologen und Aktivisten als Lebensstilmoralisten betätigen und sich ohne einen Funken Selbstzweifel zu komplexen Fachthemen äußern. Dabei bleiben regelmäßig die wahren Zusammenhänge verborgen, die oft ein ganz anderes Bild zeichnen als das, das uns in der öffentlichen Debatte präsentiert wird.
Ausgelöst wurde der Dioxinskandal durch eine Selbstanzeige eines Legehennenbetriebs, der bei der Eigenkontrolle seiner Futtermittel deutlich erhöhte Dioxinwerte festgestellt hatte. Das verseuchteTierfutter ließ sich zurückführen auf einen Betrieb in
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