Schlechtes Chili - Lansdale, J: Schlechtes Chili - Bad Chili
verriet, und langsam ausatmete.
»Scheiße«, sagte er. »Gottverdammte Scheiße.«
Ich ging an ihm vorbei und näher heran. In dem Helm steckte ein Kopf, und an dem Kopf hing ein Körper, und der Körper war teilweise unter den Ranken verborgen. Man konnte den Körper von der Kuppe des Hangs nicht sehen, nur einen Teil des Helms. Aus diesem Winkel konnte ich alles ganz deutlich erkennen. Arme und Beine sahen aus, als seien sie von einer Vogelscheuche, mit Stroh ausgestopft und von den Ranken umwickelt.
Ich ging in die Hocke und betrachtete das Gesicht in dem Helm. Der Kopf darin war viel zu verdreht und mit etwas wie Melasse bedeckt. Auf dem Teil des Gesichts, den ich erkennen konnte, krochen Ameisen und Maden herum. Der Wind hatte gedreht, und in ihm lag der Gestank nach Tod, der mir in die Nase wehte und die Pollenpfropfen durchdrang. Ich musste mich zusammenreißen, damit mir nicht schlecht wurde.
Ich erhob mich, ging zu Leonard, nahm ihn am Ellbogen und zog ihn den Hang empor.
»Es ist Raul, nicht?«, sagte Leonard. »Ja.«
11
Wir riefen anonym beim Polizeirevier an, und sie kamen und holten die Leiche, und am nächsten Tag machten die Zeitungen viel Aufhebens deswegen, dass die Cops diese großartige Detektivarbeit geleistet hatten.
Es wurde über den Mord an Pferdepimmel berichtet, obwohl er nicht so genannt wurde. Die Tatsache, dass Raul nur ein paar Meter von der Stelle gefunden worden war, wo es Pferd erwischt hatte, wurde mit keinem Wort erwähnt. Aber wenn man zwischen den Zeilen las, war es ziemlich klar, dass Raul auf dem Sozius des Motorrads gesessen hatte.
Es war keineswegs klar, wie Pferd, nachdem Leonard ihm die Rübe massiert hatte, dazu gekommen war, mit Raul auf dem Sozius in der Gegend herumzufahren. Aber nachdem irgendjemand Pferd den Kopf weggeschossen hatte und das Motorrad gegen den Baum geprallt war, hatte Raul es dem Motorrad nachgemacht, und der Aufprall war so hart gewesen, dass er den Hang hinunter und in die Ranken geschleudert worden war.
Das war im Wesentlichen die Summe all dessen, was bekannt war.
Zwei Tage später kamen Rauls Eltern aus Houston und ließen ihn auf dem kleinen Landfriedhof begraben. Es war ein ruhiges, schattiges Plätzchen mit Bürgerkriegsveteranen, Schwarzen und Armen, und aus irgendeinem Grund beschlossen sie, ihn nicht nach Hause überführen zu lassen, sondern dort unter die Erde zu bringen.
Leonard war weder zur Abschiednahme noch zum Begräbnis eingeladen, aber zum Begräbnis ging er trotzdem. Der Friedhof lag auf der einen Seite einer asphaltierten Straße, und auf der anderen Seite stand eine Gruppe von Eichen. Wir parkten unter ihnen, setzten uns auf die Haube des gemieteten Chevy und sahen uns die Zeremonie an.
Wir trugen kein Schwarz. Wir trugen keine Krawatte. Der Sarg war aus Bronze. Die Familie weinte.
Die ganze Geschichte war nach kurzer Zeit vorbei, dann fuhren die Autos ab. Einer der Begräbnisteilnehmer blieb eine Zeit lang am Zaun stehen und starrte uns über die Straße hinweg an. Er war ordentlich in Schwarz gekleidet. Zuerst war er ohne sein Hawaiihemd, den billigen Anzug und den Filzhut schwer zu erkennen.
»Ich dachte mir schon, dass du kommen würdest«, sagte er zu Leonard.
»Ja«, erwiderte der.
»Es tut mir leid«, sagte Charlie. »Du hättest eingeladen werden müssen.«
»Die Familie kann Schwule nicht ausstehen«, sagte Leonard. »Wie sie das sehen, war Raul nicht schwul. Er war nur ein wenig verwirrt. Er hätte jeden Augenblick damit aufgehört, Schwänze zu blasen, und angefangen, Muschis aufs Korn zu nehmen.«
»Nur die Ruhe, Leonard«, sagte ich.
»Ja«, sagte Leonard. »Nur die Ruhe.«
Charlie kletterte auf die Haube des Chevy und setzte sich neben Leonard. »Ich war auch nicht eingeladen. Bin trotzdem gekommen. Ich dachte, der Mörder würde sich vielleicht zeigen. Ihr wisst schon, wie im Kino. Dass er zum Tatort zurückkehrt.«
»Du meinst doch nicht mich, oder?«, sagte Leonard.
»Nein.«
»Mich kannst du auch nicht meinen«, sagte ich.
»Nein«, sagte Charlie. »Eigentlich bin ich gekommen, weil ich mir gedacht habe, dass ich euch zwei hier treffe. Rauls Leiche lag neben der Old Pine Road, nicht weit von der Stelle entfernt, wo es Pferdepimmel erwischt hat. Er hat die ganze Zeit dort gelegen.«
»Davon haben wir gehört«, sagte Leonard.
»Die Scheißer, die dort den Tatort untersuchten, haben keine sonderlich gute Arbeit geleistet«, sagte Charlie.
»Junge, das überrascht mich«, sagte Leonard.
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