Schleichendes Gift
Einsatzleiter.«
»Den suche ich. Superintendent Black.«
Der junge Mann zeigte dorthin, wo zwei Feuerlöschfahrzeuge in L-Form nebeneinanderstanden. »Da drüben ist er. Beim Branddirektor.«
Carol bahnte sich einen Weg dorthin. Die Leute saßen auf dem Boden, manche bluteten. Sanitäter gingen zwischen ihnen hin und her und führten eine erste Klassifizierung der Verwundeten je nach Schwere ihrer Verletzungen durch. Mit manchen befassten sie sich an Ort und Stelle, andere schickten sie zu den Krankenwagen und für wieder andere besorgten sie Tragen. Scharen von Feuerwehrleuten, deren Anwesenheit diffus beruhigend wirkte, kamen vorbei. Es war der 9/11-Effekt, dachte Carol. Damals hatten die Feuerwehrleute mit ihren scharfgeschnittenen, rauchgeschwärzten Gesichtern und ihrem durch die sperrige Schutzkleidung schwerfälligen Gang einen Kultstatus erhalten.
Zwischen den Verletzten wanderten völlig benommen Fans umher. Die Polizei nahm sie in Augenschein, vergewisserte sich, dass sie offensichtlich nicht verletzt waren, und forderte sie dann auf, die Umgebung des Stadions zu verlassen. Überall sah sie Gesichter unter Schock, leere Augen, zerbissene Lippen. Sie suchte sich einen Weg durch das Chaos und fragte sich, wie zum Teufel sie dies als einen Tatort behandeln sollte.
Zu ihrem Erstaunen erkannte sie einen der Verletzten. Die vertraute, massige Gestalt von Tom Cross, der vorwärtstaumelte. Sie hatte ihn nicht mehr gesehen, seit er vor sieben Jahren die Polizei verlassen hatte, aber er war unverwechselbar. Sein Gesicht war grau und verschmutzt, er stützte sich auf einen Sanitäter, der offensichtlich Mühe hatte, sich unter seinem Gewicht aufrecht zu halten.
Cross erkannte sie und schüttelte den Kopf. »Seht einfach zu, dass ihr die Mistkerle erwischt«, sagte er mit rauher, heiserer Stimme.
»Ist er in Ordnung?«, fragte sie den Sanitäter.
»Wenn wir ihn rechtzeitig ins Krankenhaus kriegen. Er war ein richtiger Held, hat sich aber ’n bisschen überanstrengt«, erwiderte der Mann.
»Lassen Sie mich helfen«, sagte Carol und bot Cross an, sich auf sie zu stützen.
»Schon gut«, knurrte er. »Gehen Sie, und tun Sie Ihre Arbeit. Sie können mir einen Drink spendieren, wenn das hier alles vorbei ist.«
»Alles Gute«, rief sie ihm nach.
Als sie endlich die improvisierte Kommandozentrale erreichte, drohte die vor ihr liegende Aufgabe sie bereits zu überwältigen. Sie fand Black und einen leitenden Brandmeister über einen Plan der Tribüne gebeugt. »Wir haben das Feuer unter Kontrolle«, hörte sie den Feuerwehrmann sagen. »Außer bei der Ausstattung der Logen gibt es nicht viel Feuergefährliches.«
»Dafür können wir dankbar sein.« Black sah sich um, als Carol sich räusperte. »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er irritiert.
»DCI Jordan, vom Sondereinsatzkommando.«
»Sie sind an den richtigen Ort gekommen«, meinte der Feuerwehrmann. »Viel mehr Sondereinsatz als hier wird’s wohl nirgends geben.«
»Es ist meine Aufgabe, den Tatort zu sichern«, erklärte Carol.
»Ich dachte, die Terrorbekämpfung sei unterwegs«, erwiderte Black stirnrunzelnd. »Bestimmt ist das doch etwas für sie?«
»Bis sie hier sind, bin ich zuständig«, antwortete sie rasch. Dies war nicht die Zeit, sich über Zuständigkeiten zu streiten. »Wissen wir, was wir hier vor uns haben?«
Der Feuerwehrchef zeigte auf einen kleinen Raum auf dem Plan. »Wir glauben, dass es von hier kam. Meine Leute sagen mir, dass sich dort drin offenbar menschliche Überreste befinden. Wir nehmen also an: ein Selbstmordattentäter. Außerdem glauben wir, dass es wahrscheinlich TATP wie bei den U-Bahn-Bombenanschlägen in London war. Es hinterlässt eine besonders deutliche Handschrift.«
»Das ist aber alles Spekulation, bis die Spurensicherung und die Bombenspezialisten drin waren«, fügte Black hinzu.
»Wo ist die Spurensicherung?«
»Wartet auf die Entwarnung, dass sie reingehen kann.«
»Ist das Bombenentschärfungskommando hier?«, fragte Carol.
»Unterwegs. Wir haben derzeit zwei Spürhunde, die die Tribünen absuchen«, berichtete Black.
»Gut. Lassen Sie bitte einen der Hunde die Stelle überprüfen, an der die Bombe explodiert ist.« Sie lächelte dem Feuerwehrmann zu. »Ich benötige Schutzkleidung für mich und meine Gruppe. Und wir werden jemanden brauchen, der uns hinbringt. Können Sie uns helfen?«
»Ich würde es nicht empfehlen. Es ist nicht gerade sicher«, warnte er.
»Umso mehr Grund für uns, zu
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