Schleichendes Gift
habe für den Inlandsgeheimdienst gearbeitet. An wen, denken Sie, werde ich etwas weitergeben?«
Er schüttelte den Kopf. »Nehmen Sie es nicht persönlich, Carol. Ich kenne Ihre Erfahrung und habe größten Respekt vor Ihnen. Aber wir operieren nach sehr strengen Richtlinien, die zu unserem Schutz da sind. Und bei der Arbeit, die wir tun, bedeutet unsere Sicherheit, dass auf diese Weise auch alle anderen besser geschützt sind.«
Wenn er auch von Manchester aus operierte, klang sein Akzent doch eher nach London und der Met. Er hatte genau den Zug Großtuerei an sich, den sie bei der Arbeit dort zu verachten gelernt hatte. Sie hätte wetten können, dass nicht viele Frauen bei der Terrorbekämpfung tätig waren. Es war keine frauenfreundliche Umgebung. All dieses Machogehabe sollte doch nur die Tatsache verdecken, dass sie nicht wirklich unabhängig waren. Sie mochten wohl so tun, als hätten sie das Sagen, aber in Wahrheit konnten sie nicht mal ’ne Pinkelpause einlegen ohne die Erlaubnis der Antiterrorbehörde, die dem Crown Prosecution Service, der obersten Regierungsorganisation, zugeordnet war. Die Männer in Schwarz zeigten ihre bedrohliche Fassade zwar nach außen, waren aber nur die Laufjungen für ihre Meister in Ludgate Hill. Und es war klar, dass Brandon keinen Drang verspürte, sich weder den Laufburschen noch ihren Chefs entgegenzustellen.
»Gut. Keine Namen. Und wenn es Ihnen nichts ausmacht, sparen Sie sich doch die aufmunternden Worte, dass wir alle am selben Strang ziehen und zusammenarbeiten werden, um die Mistkerle zu ergreifen, die das hier getan haben. Ich kenne die Regeln. Mein Team und ich stehen Ihnen zur Verfügung.«
Er schnaufte schwer durch die Nase. »Freut mich, das zu hören, Carol. Ich bin sicher, Ihre Kenntnisse vor Ort werden uns sehr helfen. Wir haben natürlich Informationen über hitzköpfige Fundamentalisten in Ihrer Gegend, über die Sie nicht verfügen. Wir werden uns alle genau vornehmen und sehen, wer auffällt. Wir werden …«
»Die üblichen Verdächtigen verhaften?«, fragte sie verbindlich. »Tatsächlich haben wir Ihnen da schon etwas Zeit gespart. Auf dem Parkplatz für das Personal und die Spieler an der Grayson Street steht ein Lieferwagen von A1 Electricals. Kurz vor drei fuhr ein junger, pakistanisch aussehender Mann hinein. Er hatte Unterlagen, die echt schienen und nach denen er befugt war, eine Notreparatur in der Vestey-Tribüne durchzuführen. Einer der Sicherheitsleute hatte ihn zum Raum mit den Verteilerkästen geführt und eingelassen. Weniger als zehn Minuten später ging die Bombe hoch. Ich glaube, es ist folgerichtig anzunehmen, dass unser Fahrer des Lieferwagens auch der Selbstmordattentäter war.« Sie nahm ihr Notizbuch heraus. »Im nationalen Polizeicomputer ist der Lieferwagen auf Imran Begg, Wilberforce Street siebenunddreißig, Bradfield, zugelassen.« Sie schloss das Notizbuch. »Und das ist etwa fünf Häuser von der Moschee in Kenton entfernt. Sie sollten vielleicht vorsichtig sein, wenn Sie dort anklopfen.«
»Danke, Carol. Jetzt übernehmen wir die Sache. Wenn es etwas gibt, wofür wir Ihre Leute brauchen, werden wir es Sie wissen lassen. Inzwischen haben Sie ja einen wichtigen Mordfall, mit dem Sie vorankommen möchten, davon wollen wir Sie nicht abhalten. Wir haben auch unser eigenes, uns zugeordnetes Spurensicherungsteam und werden also Ihre Leute an Sie zurückgeben, sobald wir ihr Beweismaterial übernommen haben.«
Carol versuchte zu verbergen, wie sehr sie innerlich vor Wut kochte. »Wo werden Sie sich einrichten?«, erkundigte sie sich. Sie wusste, dass diese Männer gewöhnlich eine Polizeidienststelle übernahmen und die sonst dort Arbeitenden vertrieben.
»Darüber sprachen wir gerade«, erwiderte David. »Normalerweise würden wir Verdächtige in die uns zugewiesenen Räume in Manchester mitnehmen.«
»Aber ich habe vorgeschlagen, dass David und sein Team das Revier Scargill Street für Verhöre und Haft nutzen könnten«, ergänzte Brandon.
»Gute Idee«, meinte Carol. Scargill Street hatte man vor sieben Jahren für die Verfolgung des Schwulenkillers aus seinem Dornröschenschlaf geholt, und seit damals war es auf dem Abstellgleis geblieben und hatte in Erwartung einer Generalüberholung ein dauerhaftes Mauerblümchendasein geführt. Wenn man der Terrorbekämpfung dort freie Hand ließe, wären sie aus dem Weg, ohne dass eine Gruppe heimatloser Polizisten sich in den sowieso schon überfüllten Revieren anderer
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