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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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erste CD herausgebracht hatten; ein Motivationsguru mit seinen zwei jugendlichen Söhnen zusammen mit dem Geschäftsführer des Mountainbike-Herstellers, der sie eingeladen hatte; drei Männer, Freunde seit ihrer Kindheit und einer Gruppe erfolgreicher Geschäftsleute zugehörig, die eine Jahreskarte für diese Loge hatte. Die traurige Liste ging noch weiter – das jüngste Opfer war der siebenjährige Sohn eines Parlamentsabgeordneten, das älteste ein vierundsiebzigjähriger Autohändler im Ruhestand.
    Auf den ersten Blick gab es keinen offensichtlichen Kandidaten für eine Ermordung. Aber andererseits hatte niemand eine gründliche Hintergrundrecherche über die Opfer durchgeführt, weil niemand im Ernst eine andere Erklärung als Terrorismus in Betracht gezogen hatte. Tony konnte nicht begreifen, wieso Carol nicht mehr Begeisterung zeigte. Sie hatten so lange so eng zusammengearbeitet, dass ihr erster Impuls sein müsste, ihm zu vertrauen. Aber es war, als nehme sie seinen Unfall als Vorwand, um seine professionelle Beurteilung der Lage abzulehnen. Wenn sie es nicht mit dem CTC aufnehmen wollte, na schön, das konnte er verstehen. Aber er begriff nicht, warum sie das ihm gegenüber nicht offen thematisierte, um die zögerliche Reaktion auf seine Ideen zu erklären. Sie hatten all diese Jahre zusammengearbeitet, hatten eine große Vertrautheit entwickelt, indem sie ihre Ideen gemeinsam besprachen, und hatten sich immer beigestanden. Sicher, Carol hatte seine Mutter weggescheucht. Aber was war mit ihrer beruflichen Beziehung passiert?
    Sein Laptop zeigte mit einem diskreten Klicken an, dass eine neue E-Mail angekommen war. Erwartungsvoll öffnete er sie. Da hatte er in allen Details die geschäftlichen Informationen über B&R vor sich. Der Schriftführer war der Steuerberater, dessen Adresse Stacey schon hatte. Die beiden Geschäftsführer waren Rachel und Benjamin Diamond. Mit einer Adresse in Bradfield. Tony zog scharf die Luft ein und nahm sich die Angaben zu den Opfern vor.
    Hastig ging er die Blätter durch. Schließlich zog er eine Seite heraus. Sein Puls raste, und er spürte, wie das Adrenalin ihn anspornte. Er hatte es richtig in Erinnerung gehabt. Egal was Carol dachte, sein Gehirn funktionierte einwandfrei. Er wusste genau, wo er diesen Namen heute früh schon einmal gesehen hatte. Er legte das Blatt auf seinen Laptop und verschlang den Text. Das konnte kein Zufall sein. Jetzt würde Carol auf ihn hören müssen.

    Carol erkannte die HOLMES-Abteilung kaum wieder, so gründlich hatte das CTC den Raum in Beschlag genommen. Sie hatten den ganzen Bereich mit ihren Tafeln für gesammelte Informationen aufgeteilt, ihre Computer und Peripheriegeräte bedeckten jeden Schreibtisch. Die Luft roch stechend nach Männerschweiß und Zigarettenrauch. Offensichtlich galt das Rauchverbot nicht für diese auserwählten, gottgleichen Wesen.
    Als Carol eintrat, spürte sie, dass sich die Atmosphäre veränderte. Es passierte jedes Mal, wenn sie diesen Teil des Gebäudes betrat, der zuvor zu ihrem eigenen Territorium gehört hatte. Ein Moment der Reglosigkeit – wie bei Hunden, die einen Fremden riechen, die Stille, bevor sich die Nackenhaare aufrichten. Die Männer mochten es nicht, wenn sie hier war, sie wollten, dass sie sich vor ihnen und ihrer Männlichkeit fürchtete. Carol überlegte – und das nicht zum ersten Mal –, wie viele von ihnen wohl ihre Geschichte kannten, von der Vergewaltigung wussten und davon, dass John Brandon sie vom Rande des Abgrunds wieder zurückgeholt hatte. Sie würde jede Wette eingehen, dass diese Männer, selbst wenn sie von dem gewaltsamen Übergriff gehört hatten, doch nichts von dem Verrat wussten, der damit im Zusammenhang stand. Denn der Verrat warf auf Männer wie sie kein gutes Licht.
    »Ich bin hier zur Besprechung«, sagte sie zu dem Kerl, der in der Nähe der Tür saß.
    Mit versteinertem Gesicht loggte er sich aus dem Computer aus und ging mit ihr ans andere Ende des Raums, wo David und Johnny hinter Trennwänden ihr Lager aufgeschlagen hatten. Bevor sie sich gesetzt hatte, beugte sich David schon vor, die Ellbogen auf die Knie gestützt, und erklärte: »Es läuft nicht sehr gut für uns hier, Carol. Alle, über die wir Informationen hatten, hier in Ihrer schönen Stadt, haben wir verhaftet. Aber es scheint, dass niemand unseren Freund Yousef kannte. Mit seinem Bruder verschwenden wir nur unsere Zeit. Er hat ungefähr so viel politisches Bewusstsein wie ein

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