Schleichendes Gift
wäre er, glaube ich, DJ geworden. Er kannte sich aus und fand Musik toll. Das war es, was uns zusammenhielt.« Sie atmete einen Mundvoll Rauch ein. »Das und der Sex, nehme ich an. Auch darin war er gut.« Jetzt war ihr Lächeln wehmütig. »Am Anfang war ich so in ihn verknallt. Aber die ganze Sache, das Verliebtsein, dauert ja nicht lange an.« Sie sah weg und studierte die glimmende Spitze ihrer Zigarette.
»Wenn man Glück hat, geht es doch etwas tiefer«, meinte Carol.
»Aber das funktioniert nur, wenn beide erwachsen sind. Das Problem mit Robbie war, dass er die emotionale Reife des Films Ich glaub, mich tritt ein Pferd hatte. Immer fasste er gute Vorsätze, aber sie waren nur allzu leicht vergessen, besonders wenn blonde Frauen und Champagner in seiner Nähe aufeinandertrafen.« Sie drückte die Zigarette aus und lehnte sich zurück. »Ich hatte die Fotos in Heat und die abfälligen Bemerkungen in den Klatschspalten einfach satt. Gab ihm seinen Ring zurück und sagte, wir könnten es vielleicht noch mal probieren, wenn er aufgehört hätte, wie ein Kind im Süßwarengeschäft herumzurennen.«
»Sie waren es also, die Schluss gemacht hat?«
Ein Klicken von Kugeln, gefolgt von dem leisen Aufprall einer, die eingelocht worden war, drang durch die angelehnte Tür. Bindie lächelte und wies mit dem Daumen auf die Diele. »Mr. Takt und Diplomatie, was? Ja, ich war es, die Schluss machte.«
»Wie hat Robbie das aufgenommen?«
Bindie nahm sich noch eine Zigarette. »Zuerst regte er sich auf. Verletzter Stolz vor allem. Das und die Sorge, dass er nicht mehr zu den coolsten Auftritten eingeladen würde. Dann beruhigte er sich, da ihm klarwurde, dass ich es ernst meinte, als ich sagte, wir sollten Freunde bleiben. Während der letzten Wochen waren wir sehr lieb zueinander. Haben fast jeden Tag telefoniert, Musik getauscht, sind zusammen essen gegangen, als die Jungs wegen des Spiels gegen Arsenal hier unten in London waren.«
»Sie würden also sagen, es ging friedlich zwischen Ihnen zu?«
Bindie runzelte die Stirn. »Moment mal, Sie glauben doch nicht etwa, dass das etwas mit mir zu tun hat?« Sie starrte Carol wütend und durchdringend an, und plötzlich glänzten Tränen an ihren Wimpern.
»Ich versuche nur, mir ein Bild von Robbies Leben zu machen, das ist alles«, erklärte Carol sanft.
»Ja, dann überprüfen Sie mal seine Telefonrechnung. Und meine. Sie werden sehen, wie oft und wie lang wir gesprochen haben.«
»Wann haben Sie zum letzten Mal miteinander telefoniert?«
»Ich hab ihn am Samstagvormittag angerufen«, berichtete sie, und ihre Stimme war jetzt etwas zittrig. »Wir haben immer vor einem Spiel miteinander geredet. Er sagte, er könne nicht sprechen, er meinte, er bekäme die Grippe und warte auf den Mannschaftsarzt.« Sie blinzelte heftig. »Da war er schon vergiftet, nicht wahr?«
Carol nickte. »Wir glauben ja. Vor Samstagvormittag, wann haben Sie da zuletzt miteinander gesprochen?
Bindie dachte einen Moment nach. »Am Donnerstag. Am frühen Abend. Er wollte mit Phil ausgehen.«
Mist! »Als Sie mit ihm am Samstag sprachen, erzählte er da etwas davon, dass er am Donnerstag im Amatis einen alten Schulfreund getroffen hätte?«
»Nein. Wie ich schon sagte, hatte er kaum Zeit für ein Gespräch. Ich habe ihm nur Glück gewünscht und ihm gesagt, er solle mich anrufen, wenn es ihm besserginge.« Als sie begriff, leuchteten ihre Augen auf. »Sie meinen, dass dieser alte Schulfreund derjenige war, der ihn vergiftet hat?«
»Wir sind unvoreingenommen. Aber er erwähnte Phil gegenüber, dass er jemanden getroffen hätte, mit dem er zur Schule gegangen war. Vielleicht kann diese Person uns zu einer klareren Vorstellung von Robbies Abend verhelfen. Das ist alles. Sagen Sie, Bindie, hat Robbie je Drogen genommen?«
»Sie machen wohl Witze? Er wollte nicht einmal im selben Raum mit jemandem sitzen, der einen Joint rauchte. Er trank gern einen, aber Drogen rührte er niemals an. Er sagte immer, dass man genau wüsste, welche Wirkung Alkohol auf einen hat. Aber bei Drogen ahnte man nie, was sie mit einem machten. Wenn Sie meinen, dass es jemand geschafft hat, ihm diesen Stoff dadurch zu verabreichen, dass er ihn als Koks oder was auch immer ausgab, dann sind Sie auf dem Holzweg.«
Vielleicht war es eine Ehrenrettung, vielleicht auch die Wahrheit. So oder so würde die Obduktion zeigen, ob Robbies Clique ihn zu Unrecht als schneeweißen Gipsheiligen darstellte. »Und bei Ihrem letzten Gespräch
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