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Schleichendes Gift

Schleichendes Gift

Titel: Schleichendes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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bemerkten, neben wem er saß. Wenn irgendjemand gesehen hätte, dass an dem Drink etwas komisch war, wäre es reiner Zufall gewesen, und er hätte inzwischen längst uns oder die Sensationspresse angerufen. Nee, wenn heute Abend jemand Glück haben wird, dann seid ihr es.«
    Doch irgendwie hatte Paula ihre Zweifel. Für die meisten Gäste des Amatis war ein amüsanter Abend mit dem Konsum von so viel Alkohol und Drogen verbunden, dass die Möglichkeit, dass sich jemand an Einzelheiten erinnerte, verschwindend gering war. Das traf für all diejenigen zu, die ganz verwirrt dreinblickten, wenn Paula fragte, ob sie am vorhergehenden Donnerstag da gewesen seien. Wenn es Paula mit Hilfe von Gesten, dem Vorzeigen ihres Dienstausweises und eines Fotos von Robbie gelungen war, klarzumachen, wer sie war und was sie wollte, machten die meisten ein Zeichen für ja oder nein, gefolgt von einem Schulterzucken, das hieß, sie wüssten es nicht oder es sei ihnen egal. Die einzige Variation dieses Ablaufs kam von denen, die eine andere Absicht hatten als sich zu besaufen und/oder Sex zu haben, nämlich jemanden zu entdecken, dessen Namen sie am nächsten Tag bei der Arbeit wie nebenbei fallenlassen konnten. »Ach ja, wie ich gestern Abend zu Shelley sagte … Du weißt schon: Shelley, Shelley Christie von den Northerners … Na klar kenn ich sie, schau, hier ist ihr Foto auf meinem Handy.« Paulas schwache Hoffnung ruhte nur auf diesen.
    Nach einer Stunde musste sie zugeben, dass das Glück ihr nicht wohlgesinnt war. Die Starjäger, mit denen sie gesprochen hatte, waren entweder ärgerlich, dass sie die letzte Chance für einen tollen Schnappschuss mit Robbie Bishop verpasst hatten, oder enttäuscht, dass sie ihn gesehen, aber nicht fotografiert hatten. Als ein Junge bestätigte, er habe Robbie an der Bar bemerkt, wo er mit jemandem etwas getrunken hatte, war das ihre größte Hoffnung, ein Gespräch mit einem Zeugen zu führen. »Die Person, mit der er etwas trank, war das ein Mann oder eine Frau?«, fragte sie gespannt.
    »Irgendein Typ. Ich kannte ihn nicht, deshalb habe ich ihn nicht beachtet. Ich hätte ihn gebeten, von mir und Robbie ein Foto zu machen, aber ich hatte vergessen, meinen Akku aufzuladen, und mein Handy war aus, deshalb hab ich mir diese Mühe nicht gemacht.«
    »Haben Sie diesen Typen vorher schon mal gesehen?« Paula war nicht bereit, so schnell aufzugeben.
    »Ich sagte ja schon: Ich habe nicht auf ihn geachtet. Ich weiß nicht, ob ich ihn schon mal gesehen hab. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich habe gar nichts an ihm bemerkt.«
    »Groß? Klein? Helle Haare? Dunkle?« Paula bemühte sich, ihren Frust nicht zu zeigen.
    Der Zeuge schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt, ich hatte schon ’n paar getrunken. Ich hab ihn nicht mal angesehen. So ist das eben, wenn man jemanden wie Robbie trifft. Man hat so viel damit zu tun, sich den anzugucken, dass man gar nicht wahrnimmt, wer bei ihm ist. Außer wenn der auch ein Promi ist. Oder ’ne tolle Frau. Man denkt nur: ›Mann, ich stehe neben Robbie Bishop.‹« Einen Moment sah er traurig aus. »Der arme Kerl.«
    Niedergeschlagen bahnte sich Paula einen Weg zur Ecke der Bar und versuchte, sich bei einem der Barkeeper bemerkbar zu machen. Sie schwitzte abscheulich und brauchte dringend etwas Wasser. Endlich konnte sie bei einem der schwarzgekleideten Barmixer ihre Bestellung aufgeben. Während sie auf das Rückgeld wartete, blickte sie geistesabwesend an der Bar entlang.
    Und hielt die Luft an, als sie die winzige Videokamera zwischen den Scheinwerfern entdeckte, die auf den klebrigen Granittresen herunterschaute. »Oh, du meine Güte«, sagte sie leise.
    Als der Barkeeper mit einer Handvoll Münzen zurückkam, war er überrascht, dass seine Kundin verschwunden war.

    Die schwere Tür, die das Studio vom Regieraum trennte, ging auf, und Bindie Blyth kam mit einer halbleeren Flasche Mineralwasser in der Hand heraus. Mit der anderen nahm sie ein Stirnband in den Farben des ANC ab und schüttelte dann ihre dunklen Korkenzieherlocken.
    Sie mussten ein eindrucksvolles Paar gewesen sein, dachte Carol. Der gutaussehende Robbie mit seiner konventionell makellosen englischen Erscheinung und Bindie mit dem olivefarbenen Teint, das kleine Gesicht von einer wilden Lockenmähne eingerahmt, wie ein Kobold aus dem Märchenbuch. Der dichte Haarschopf, die schwarzen Jeans und ihr enganliegendes schwarzes Top betonten ihre zierliche Figur. Carol schätzte, dass sie wahrscheinlich

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