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Schleier des Herzens (German Edition)

Schleier des Herzens (German Edition)

Titel: Schleier des Herzens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wings
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noch konnte das als Zufall durchgehen. Schließlich waren auch die sanften Gesichtszüge, die vollen Lippen und langen Wimpern des Knaben etwas mädchenhaft.
    Der Händler unterließ es nicht, seine Kunden augenzwinkernd darauf hinzuweisen.
    »Eine seltene Gelegenheit! Eine außergewöhnliche ›Blume des Harems‹, fast zu schön, um nur den Odalisken zu Diensten zu sein. So mancher, der ungewöhnliche Genüsse liebt, mag sich vielleicht direkt an ihm erfreuen. Und man sagt ...«, der Händler machte eine Gebärde, als verriete er ein Geheimnis, »... er sei durchaus erfahren in diesen Dingen ...«
    Der Junge auf dem Podium schien vor Scham im Bodenversinken zu wollen. Bei den letzten Worten des Händlers erblasste er, seine Angst und Hoffnungslosigkeit war fast körperlich spürbar. Er fuhr wie mit Nadeln gestochen zurück, als ein feister Kaufinteressent mit lüsternem Blick seine Schenkel betastete.
    »Ja, durchaus noch festes Fleisch!«, lachte der Händler. »Wenn Ihr probieren wollt ... und er vermag die Laute zu schlagen, er kann Gedichte rezitieren ... Los, Mustafa! Sprich ein paar Verse!«
    Der junge Eunuch brachte sichtlich kein Wort heraus. Der Händler knallte mit der Peitsche.
»Das Feuer, die lachende Tänzerin,
Mit lodernden Ärmeln, verzückt.
Sie lacht ob dem Holze, dem schwarzen,
das sie tanzend verwandelt in Gold.«
    Die Stimme des Jungen verriet, dass er nicht als Kind zum Eunuchen gemacht worden war. Sie war tief und melodisch.
    Die Männer im Publikum pfiffen und lachten.
    Soraya sah Tränen auf den Wangen des Jünglings.
    » Erweist einem Armen die Gunst, die Allah Euch erwiesen ha ...« Soraya hörte den Nachklang von Charis’ Worten. Sollte das Schicksal sie nicht willkürlich hierher geführt haben? Vielleicht war es ihr bestimmt, dieses halbe Kind aus den Fängen von Lüstlingen und Sklaventreibern zu retten? Und vielleicht half ihr das sogar bei ihrem Vorhaben.
    In Soraya keimte ein Plan. Sie klopfte an die Wand der Sänfte und rief den Ersten Träger zu sich. Die Träger stellten die Sänfte ab, und der Eunuch trat zu ihr und verbeugte sich. Soraya drückte ihm eine Börse in die Hand.
    »Geh dorthin und ersteigere diesen jungen Eunuchen.Der Preis ist egal. Und sag den anderen Trägern, sie möchten mich an einen etwas abgeschiedenen Platz bringen – dort drüben, der Garten am Rande des Marktes wäre ein guter Ort. Kauf dem Knaben ein paar einfache Kleider, damit er sich bedecken kann, und dann bring ihn zu mir.«
    Der Nubier nickte.
    Soraya sah noch, wie er sich der Gruppe der Interessenten zugesellte. Inzwischen gab es auch die ersten Gebote. Soraya hoffte, dass das Geld reichte. Aber der junge Eunuch war letztlich nur ein gewöhnlicher Sklave, keine Haremsschönheit, bei der man immer mit preislichen Überraschungen rechnen musste.
    Tatsächlich kam der Nubier keine halbe Stunde später mit ihm in den kleinen Park, der um einen Springbrunnen herum angelegt war, um den Marktbesuchern Erfrischung zu bieten.
    Der Junge trug nun weite, weiße Hosen und ein schlichtes, weißes Übergewand. Er wirkte benommen. Kein Wunder, hatte er sich doch schon fast damit abgefunden, in den feuchten Händen des widerlichen Lüstlings von eben zu landen. Nur zwei Männer hatten um ihn gesteigert, einer davon halbherzig, sicher hätte der feiste Kerl mit den wulstigen Lippen den Zuschlag bekommen. Und dann war dieser Nubier wie aus dem Nichts aufgetaucht, ein Leidensgenosse mit gefüllter Börse. Mustafa konnte sein Glück kaum fassen, war aber dennoch auf der Hut. Auch Eunuchen hatten mitunter seltsame Neigungen. Wenn der Nubier ihn für sich selbst ersteigert hatte, mochte es ihm kaum besser ergehen als im Bett des Lüstlings. Andererseits kauften Eunuchen selten Sklaven für einen eigenen Haushalt. Die weitaus meisten waren im Auftrag ihrer Herren unterwegs. Und auch das konnte wieder zweierlei bedeuten: Ein ruhiger Arbeitsplatz alsHaremssklave – oder ein verstecktes Leben als Lustknabe. Mustafa war auf alles gefasst und mehr als verwundert, als sich der Herr als Herrin entpuppte.
    »Wie heißt du, mein Junge?«, fragte die Frau freundlich. Mustafa erkannte kluge, sorgfältig geschminkte braune Augen hinter dem Tschador.
    »Léon ... äh, nein ... Mustafa, Herrin.« Der junge Eunuch machte Anstalten, sich vor ihr auf den Boden zu werfen.
    Soraya schüttelte den Kopf.
    »Höre, Mustafa, du wirst mir jetzt einen Dienst erweisen. Und das wird dich hoffentlich in eine Stellung führen, von deren

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