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Schleier und Schwert

Schleier und Schwert

Titel: Schleier und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: brisbin
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doch: „Sechsundzwanzig.“
    „Das ist nicht so alt“, erwiderte sie und merkte dann, dass es eigentlich unverschämt war, so etwas zu fragen.
    „Und Ihr, Schwester? Wie alt seid Ihr?“
    Erschrocken über seine direkte Gegenfrage antwortete sie: „Achtzehn.“
    „Auch nicht so alt.“
    „Aber Ihr habt erwartet, dass ich jünger bin, nicht wahr?“, fragte sie und erinnerte sich an seine Worte und an seine Forderung, man solle „das Mädchen“ herausbringen.
    Da lachte er. Dabei strahlte er übers ganze Gesicht. Und seine Züge wurden mit einem Mal auf höchst anziehende Art ganz weich. „Da habt Ihr recht, Schwester. Ich glaubte, Gunnars Tochter wäre noch ein Kind. Als ich die Aufgabe übernahm, Euch Geleit zu bieten, hatte man mir das nicht gesagt.“ Er rieb die Hände aneinander, wischte den Schmutz ab und drehte sich dann noch einmal zu ihr um. „Sein Brief sprach von seiner jungen Tochter. Und stattdessen fand ich eine erwachsene Frau vor.“
    Margriet spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg, und sie senkte den Kopf. Dann sagte er nichts mehr, aber sie spürte seinen heißen Blick. Einige Augenblicke vergingen. Dann räusperte er sich, um ihre Aufmerksamkeit zu wecken.
    „Ihr habt noch nicht meine Frage beantwortet, Schwester. Könnt Ihr Ihnen Norn beibringen?“
    „Ich
    weiß es nicht“, meinte sie. „Ich
    “ Sie zögerte, ihre mangelhaften Kenntnisse der Alltagssprache auf den Orkneys einzugestehen.
    Er zog die Brauen zusammen, sagte aber kein Wort. Stattdessen schenkte er ihr einen äußerst eigenartigen Blick und stand auf, um zu gehen. In wenigen Sekunden hatte er fast das ganze Lager durchquert. Es war dieser Blick und das, was sie darin gelesen hatte, das sie zwang, aufzustehen und ihm zu folgen.
    Tief in seinem Innern hatte sie Enttäuschung gesehen.
    Er war enttäuscht von ihr.
    Ihr Magen zog sich zusammen, und das Herz schlug ihr schneller und lauter in der Brust. Jetzt, wo ihr Vater sie zurückgerufen hatte, war ihre größte Angst, er könne enttäuscht sein von der Frau, zu der sie herangewachsen war. Sie wusste bereits, dass sie gefehlt hatte, doch jeder neue Beweis ihrer Unzulänglichkeit zeigte nur, wie wenig sie ihm zu bieten hatte. Und das vergrößerte ihre Sorgen umso mehr.
    „Rurik!“, rief sie. „Wartet, Sir!“
    Margriet beeilte sich, ihn zu erreichen und griff nach seinem Arm, damit er nicht weiterging. Er drehte sich zu ihr um. Doch sein Blick richtete sich auf die Stelle, wo ihre Hand auf seinem Arm lag.
    Auf der nackten Haut seines Arms, die unter ihrer Berührung heiß wurde.
    Auf den starken Muskeln unter der nackten Haut.
    Oh Gott! Margriet ließ ihn los, trat einen Schritt zurück und wartete, dass er sich zu ihr umdrehte, bevor sie sprach.
    „Das heißt nicht, dass ich nicht gern tue, worum Ihr mich bittet, Sir. Nur spreche ich die Sprache nicht so gut, wie jemand es tun müsste, der sie lehrt.“
    „Aber mit Sven habt Ihr sehr flüssig gesprochen“, sagte er auf Norn. „Ihr schient Euch in der Sprache genauso wohlzufühlen wie im Gälischen.“
    „Es ist Jahre her, dass ich die Alltagssprache oder die formale Hofsprache gesprochen habe. Als man mich vor zehn Jahren ins Kloster schickte, sprach ich noch beide“, antwortete sie und verfiel wieder ins Gälische, das ihr vertrauter war. „Dann lernte ich diese hier und benutzte im Kloster nur noch sie und keine andere.“
    Jetzt lachte Rurik und ließ den Blick über die anderen streifen, die immer noch aßen. „In dieser Gruppe haben wir einen solchen Mischmasch – einige sprechen Gälisch, einige Norn oder die Hofsprache, einige sprechen beides und nur zwei von uns sprechen alle drei Sprachen.“
    Margriet erkannte, dass er die Wahrheit sprach, denn nur sie beide sprachen alle drei Sprachen. Während sie zustimmend nickte, überlegte sie, was sie jetzt tun sollte. Mit Sven und Magnus und etlichen anderen hatte sie Norn gesprochen. Wie es schien, fiel sie mit jedem Tag, den sie zusammen mit ihnen verbrachten, mehr in diese Sprache zurück. Natürlich würde ihr Vater von ihr bei ihrer Ankunft erwarten, dass sie die korrekte Sprache benutzte. Zumindest wenn sie am Hofe des Earl ihre Aufwartung machte.
    Sie hatte sie als Kind gelernt. Wenn man einen Vater hatte, der einen der höchsten Ränge auf den Orkneys bekleidete und dessen Lehnsherr in Schweden wie auch in Norwegen ein mächtiger Mann war, musste man die Sprache sprechen, die in der gehobenen Gesellschaft üblich war. Als sie damals die Insel verließ, war Earl Erengisl der engste

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