Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
Vom Netzwerk:
werden die Helden der Stunde sehr schnell zu den Trotteln des Jahres. Sie müssen die Sache als den potenziell riesigen Fall behandeln, der er wahrscheinlich ist, sonst ist Ihre Karriere im Eimer.«
    Vielleicht war es Gurneys Gesichtausdruck, der Kline erreichte, vielleicht war es das mögliche Grauen des Falles, das wie eine scharfe Scherbe den Panzer seiner Selbstverliebtheit durchschlug. Er rieb sich die Augen, lehnte sich zurück und bedachte Gurney mit einem langen, niedergeschlagenen Blick. »Sie glauben also wirklich, dass wir es hier mit einem gefährlichen Irren zu tun haben?«
    »Ja.«
    Rodriguez löste sich aus seiner Erstarrung. »Warum sind Sie sich so sicher? Wegen einem kranken Theaterstück, das vierhundert Jahre alt ist?«
    Warum bin ich mir so sicher? Gurney überlegte. Ein Bauchgefühl? Das war zwar eines der ältesten Klischees in diesem Geschäft, aber es war etwas dran. Doch das war nicht alles.
    »Der Kopf.«
    Rodriguez starrte ihn an.
    Gurney holte tief Luft. »Etwas an dem Kopf. Die Art, wie er auf den Tisch gestellt wurde – mit dem Gesicht zum Körper.«
    Kline machte den Mund auf, als wollte er sprechen, doch er blieb stumm. Rodriguez glotzte ihn weiter an.
    Gurney fuhr fort. »Ich glaube, dass uns der Täter damit verkündet hat, dass er eine Mission erfüllt.«
    Kline runzelte die Stirn. »Das heißt, er will es wieder tun?«
    »Oder er hat es schon getan. Ich glaube, er hat große Lust darauf.«

42
Der magische Mr Jykynstyl
    Das Wetter blieb ideal für Gurneys Fahrt nach New York. Auf dem Highway beflügelten die frische Luft und der klare Himmel seine Gedanken. Er war guter Dinge, dass er Kline und in geringerem Maß auch Rodriguez beeindruckt hatte.
    Er nahm sich vor, Kline zu bearbeiten, damit er auf dem Laufenden gehalten wurde. Und er wollte Val anrufen, um sie auf den neuesten Stand zu bringen. Aber im Moment musste er sich auch Gedanken über das Treffen machen, zu dem er unterwegs war. Das Treffen mit dem Mann aus der Kunstwelt. Ein Mann, der ihm hunderttausend Dollar für das grafisch aufbereitete Porträt eines Wahnsinnigen geben wollte. Ein Mann, der vielleicht selbst verrückt war.
    Die Adresse, die ihm Sonya gegeben hatte, erwies sich als ein Wohnhaus aus Sandstein in einem stillen, baumbeschatteten Block in den East Sixties. Die Gegend strahlte eine Atmosphäre von Geld und Vornehmheit aus, die nichts mit der Hektik der umgebenden Hauptverkehrsadern zu tun hatte.
    Er stellte den Wagen in einer Parkverbotzone direkt vor dem Gebäude ab, wie sie es ihm gesagt hatte. Jykynstyl hatte ihr versichert, dass das kein Problem war, dass man sich um das Auto kümmern würde.
    Eine riesige, schwarz emaillierte Tür führte in ein Vestibül mit schmuckvollen Fliesen und Spiegeln. Am Ende war eine weitere Tür. Als Gurney gerade die Klingel drücken wollte, öffnete ihm eine hinreißende junge Frau. Auf den zweiten Blick bemerkte er, dass sie eine ziemlich durchschnittlich aussehende junge Frau war, deren Gesamtbild allerdings von außergewöhnlichen Augen erhöht oder zumindest dominiert wurde: Augen, die ihn jetzt begutachteten wie den Schnitt eines Sportjacketts oder die Frische eines Kuchens beim Bäcker.
    »Sind Sie der Künstler?« In ihrem Ton lag etwas Diffuses, das er nicht zuordnen konnte.
    »Ich bin Dave Gurney.«
    »Folgen Sie mir.«
    Sie betraten ein großes Foyer. Es gab eine Garderobe, einen Schirmständer, mehrere geschlossene Türen und eine breite Mahagonitreppe hinauf ins nächste Stockwerk. Ihr schimmerndes braunes Haar passte zu dem dunklen Holz. Sie führte ihn vorbei an der Treppe zu einer Tür, hinter der ein kleiner Aufzug mit eigener Schiebetür zum Vorschein kam.
    »Kommen Sie.« Sie setzte ein leises Lächeln auf, das er merkwürdig beunruhigend fand.
    Sie stiegen ein, lautlos schloss sich die Tür, und der Aufzug schnurrte fast unmerklich nach oben.
    Gurney durchbrach das Schweigen. »Wer sind Sie?«
    Mit einem amüsierten Funkeln in den auffallenden Augen wandte sie sich ihm zu. »Ich bin seine Tochter.« Der Aufzug hatte so sanft angehalten, dass Gurney es gar nicht gespürt hatte. Die Tür glitt auf, sie trat hinaus. »Folgen Sie mir bitte.«
    Der Raum war im Stil eines vornehmen viktorianischen Salons eingerichtet. Zu beiden Seiten eines riesigen Kamins standen großblättrige tropische Pflanzen in Bodentöpfen. Mehrere andere waren neben Lehnsesseln drapiert. Hinter einem breiten Bogendurchgang an einem Ende lag ein vornehmer Speisesaal mit Tisch,

Weitere Kostenlose Bücher