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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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sexuellen Bedürfnisse reicher Männer zu befriedigen. Natürlich schildert er ihnen die Sache auf eine Weise, die ihren eigenen Fantasien entspricht. Erst, wenn es zu spät ist, wird ihnen klar, dass sie zu sexuellen Sadisten gebracht werden, die sie ermorden wollen – Männern wie Jordan Ballston.«
    Blatt machte große Augen. »Das ist ja wirklich extrem pervers.«
    »Profit und Pathologie, Hand in Hand«, resümierte Gurney. »Ich habe einige Killer kennengelernt, die sich schlicht für Geschäftsleute in einer Branche hielten, für die die meisten nicht genug Mumm haben. Zum Beispiel Leichen einbalsamieren. Sie haben immer so geredet, als wäre es in erster Linie eine Einnahmequelle, bei der es nur zufällig um das Töten von Menschen geht. Aber in Wahrheit ist es genau anders herum. Beim Töten geht es ums Töten. Um furchtbaren Hass – aus dem der Killer ein Geschäft macht. Vielleicht ist das in unserem Fall auch so.«
    Anderson knüllte seine Serviette zu einem Kügelchen zusammen. »Das wird jetzt aber ziemlich theoretisch, finden Sie nicht?«
    »Ich glaube, dass Dave völlig richtigliegt«, entgegnete Holdenfield. »Das Pathologische und das Praktische. Vielleicht verdient Leonardo Skard, in der Maske von Hector Flores, seinen Lebensunterhalt damit, dass er die Folter und Enthauptung von Frauen arrangiert, die ihn an seine Mutter erinnern.«
    Langsam schob sich Rodriguez aus seinem Stuhl. »Ich glaube, wir sollten mal eine Pause machen. Okay? Toilette, Kaffee und so weiter.«
    »Nur noch eine letzte Sache«, sagte Holdenfield. »Ist bei all dem Gerede darüber, dass Jillian Perry an ihrem Hochzeitstag ermordet wurde, überhaupt schon jemandem aufgefallen, dass das gleichzeitig Muttertag war?«

68
Buena Vista
    Kline, Rodriguez, Anderson, Blatt, Hardwick und Wigg verließen das Zimmer. Gurney wollte ihnen folgen, doch dann bemerkte er, dass Holdenfield, die noch auf ihrem Stuhl saß, Fotokopien aus ihrer Aktentasche nahm – Fotokopien von mehreren Karnala-Anzeigen. Sie breitete sie vor sich aus. Er trat zu ihr hinüber und betrachtete die Bilder. Nachdem Ballston ihren Zweck enthüllt hatte, sprang ihm das Trügerische und Kranke daran noch stärker entgegen.
    »Das verstehe ich nicht«, meinte er schließlich. »Mapleshade soll doch eine Besserung bei ungesunden sexuellen Obsessionen bewirken. Wenn der Gesichtausdruck dieser jungen Frauen den Nutzen der Therapie widerspiegelt, dann möchte ich nicht wissen, wie sie vorher drauf waren.«
    »Schlimmer.«
    »Gott.«
    »Ich habe mehrere Fachartikel von Ashton gelesen. Seine Ziele sind bescheiden. Minimal sogar. Seine Kritiker behaupten, dass sein Ansatz schon an Unmoral grenzt. Die religiösen Therapeuten können ihn nicht ausstehen. Er glaubt, dass man nicht auf umfassende Umorientierung hinarbeiten sollte, sondern auf kleine Veränderungen im Rahmen des Möglichen. Eine seiner Äußerungen bei einem Fachseminar ist inzwischen berühmt – oder berüchtigt. Ashton liebt es, seine Kollegen zu schockieren. Er hat gesagt, wenn er eine Zehnjährige dazu bringen kann, Oralsex mit ihrem zwölfjährigen Freund statt mit ihrem achtjährigen Cousin zu haben, dann betrachtet er die Therapie als echten Erfolg. Natürlich ist das in manchen Kreisen nicht ganz unumstritten.«
    »Fortschritt, aber keine Perfektion?«
    »Genau.«
    »Trotzdem, wenn ich mir diese Gesichter anschaue …«
    »Sie dürfen eins nicht vergessen: Die Erfolgsquote in diesem Bereich ist nicht hoch. Bestimmt erreicht auch Ashton sein Ziel meistens nicht. Das ist einfach eine Tatsache. Bei Sexualtätern …«
    Gurney hörte ihr gar nicht mehr zu.
    Herr im Himmel, warum war ihm das nicht schon früher eingefallen?
    Holdenfield musterte ihn. »Was ist?«
    Er blieb stumm. Er musste sich ganz genau überlegen, was er sagen konnte. Von dieser Entscheidung hing viel ab. Doch im Augenblick überstieg jede Entscheidung seine Möglichkeiten. Er fühlte sich fast gelähmt von der Einsicht, dass das Schlafzimmer auf dem Foto der Raum in dem Sandsteinhaus war, in dem er sich vor den Reinigungskräften versteckt hatte. Er hatte ihn nur den Bruchteil einer Sekunde lang gesehen, als er das Licht an- und ausgeschaltet hatte, um sich zu orientieren. Dabei hatte ihn ein merkwürdiges Déjà-vu-Gefühl beschlichen – nämlich weil er die Einrichtung bereits von Jillians Foto in Ashtons Haus kannte. Doch an dem Abend hatte er die beiden Bilder nicht zusammengebracht.
    »Was ist?«
    »Schwer zu erklären.« Das war

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