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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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möglich, dass sie solche Daten schon lange vorher recherchiert hatte. Er musste dem BCI vorschlagen, sich ihre Suchaufzeichnungen über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren zu beschaffen.
    Gurney starrte hinaus auf die nasse Landschaft. In seinem Kopf formte sich ein interessantes, wenn auch hochspekulatives Szenario, in dem Jillian vielleicht eine viel aktivere Rolle …
    Ein tiefes Dröhnen von der Straße unterhalb der Scheune riss ihn aus seinen Gedanken. Er trat ans Fenster, das die beste Sicht in diese Richtung bot, und bemerkte, dass der Streifenwagen verschwunden war. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass die versprochene Schutzfrist von achtundvierzig Stunden abgelaufen war. Jetzt kam an der Stelle, wo die Landstraße in die Einfahrt der Gurneys überging, ein anderes Auto in Sicht, von dem das inzwischen deutlich lautere sonore Motorengrollen herrührte.
    Es war ein roter Pontiac GTO , ein Klassiker aus den Siebzigern. Gurney kannte nur einen Menschen, der so einen Schlitten besaß: Jack Hardwick. Wenn er statt einem schwarzen Crown Victoria seinen GTO fuhr, hieß das, dass er nicht im Dienst war.
    Gurney ging zur Seitentür und wartete. Hardwick stieg aus. Er trug eine alte Bluejeans und ein weißes T-Shirt unter einer abgewetzten Motorradlederjacke – ein harter Kerl aus der Zeitmaschine.
    »Das ist eine echte Überraschung«, sagte Gurney.
    »Wollte nur mal nachschauen, ob dir nicht zufällig wieder jemand eine Puppe geschenkt hat.«
    »Sehr aufmerksam. Komm rein.«
    Drinnen ließ Hardwick stumm den Blick durch den großen Raum wandern.
    »Du bist weit gefahren im Regen.«
    »Hat schon vor einer Stunde aufgehört.«
    »Wirklich? Ist mir gar nicht aufgefallen.«
    »Siehst auch aus, als wär dein Gehirn auf einem anderen Planeten.«
    »Dann wird es wohl so sein.« Gurneys Ton war schärfer als beabsichtigt.
    Hardwick blieb ungerührt. »Sparst du mit dem Holzofen Geld?«
    »Was?«
    »Sparst du mit dem Holzofen im Vergleich zu Öl?«
    »Woher soll ich das wissen? Warum bist du hier, Jack?«
    »Kann man nicht einfach mal bei einem Kumpel vorbeischauen und ein bisschen quatschen?«
    »Wir sind beide nicht der Typ, der einfach mal bei jemandem vorbeischaut. Und wir halten auch beide nicht viel vom Quatschen. Also, was führt dich her?«
    »Der Mann will zur Sache kommen. Okay, das respektiere ich. Keine Zeit verschwenden. Wie wär’s, wenn du mir einen Kaffee und einen Stuhl anbietest?«
    »Okay«, knurrte Gurney. »Ich mach Kaffee. Den Platz zum Hinsetzen darfst du dir selbst aussuchen.«
    Hardwick schlenderte zum anderen Ende des Raums und begutachtete das Mauerwerk des alten Kamins. Gurney schaltete die Kaffeemaschine ein.
    Einige Minuten später saßen sie sich in den zwei Lehnstühlen am Kamin gegenüber.
    »Nicht schlecht«, bemerkte Hardwick, nachdem er den Kaffee probiert hatte.
    »Ziemlich gut sogar. Also, raus mit der Sprache, was willst du, Jack?«
    Er antwortete erst nach dem nächsten Schluck. »Ich dachte an einen kleinen Informationsaustausch.«
    »Ich hab keine Informationen zum Austauschen.«
    »Doch, hast du. Da bin ich mir ganz sicher. Also, wie wär’s? Ich sag dir meins, und du sagst mir deins.«
    Verblüfft merkte Gurney, wie es in ihm brodelte. »Na schön, Jack. Warum nicht? Du zuerst.«
    »Ich hab mich wieder mit meinem Freund bei Interpol unterhalten. Hab ein bisschen gebohrt wegen ›Sandys Höhle‹. Und weißt du was? Es hieß auch ›Alessandros Höhle‹. Manchmal so, manchmal so. Ist das jetzt ein großer Schock für dich?«
    »Wieso soll es ein Schock sein?«
    »Beim letzten Mal warst du doch so sicher, dass es nur ein Zufall ist. Hast du deine Meinung geändert?«
    »Ich denke schon. So viele Alessandros kann es im Sexfotogeschäft kaum geben.«
    »Genau. Also hast du das kleine Absinthglas von Saul Steck, der unter dem Namen Alessandro für Karnala Bilder von Mapleshade-Absolventinnen macht, die kurz darauf verschwinden. Dann verrat mir jetzt mal, Kumpel, was der Scheiß soll. Und wenn du schon dabei bist, kannst du mir gleich auch noch deinen Gesichtsausdruck heute Nachmittag erklären, als du neben Holdenfield gestanden und auf die Karnala-Anzeige geglotzt hast.«
    Mit geschlossenen Augen lehnte sich Gurney zurück und setzte die Kaffeetasse an die Lippen. Er schmeckte unglaublich gut. Erst nach mehreren bedächtigen Schlucken öffnete er die Augen. Die Tasse noch immer vor dem Mund musterte er sein Gegenüber. Hardwick saß genauso da wie er, die Tasse erhoben,

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