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Schließe deine Augen

Schließe deine Augen

Titel: Schließe deine Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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und beobachtete ihn. Dann mussten sie gleichzeitig lachen und stellten die Tassen auf die Sessellehnen.
    »Na ja«, begann Gurney. »Wenn alle Stricke reißen, bleibt selbst den Bösen manchmal kein anderer Ausweg als Aufrichtigkeit.« Die möglichen Konsequenzen entschlossen beiseiteschiebend, erzählte er Hardwick die ganze Sonya-Jykynstyl-Rohypnol-Geschichte bis hin zu den anschließenden SMS und dem Wiedererkennen des Schlafzimmers aus dem Sandsteinhaus in den Karnala-Anzeigen. Als er zum Ende kam, war sein Kaffee lauwarm. Trotzdem trank er ihn leer.
    »Gottverdammte Kacke«, fauchte Hardwick plötzlich. »Ist dir eigentlich klar, in was für eine Lage du mich bringst?«
    »Dich?«
    »Du erzählst mir das alles, und jetzt sitze ich in der gleichen Scheiße wie du.«
    Gurney fühlte unendliche Erleichterung, hielt es aber für keine gute Idee, das zu zeigen. »Und was sollen wir deiner Meinung nach jetzt machen?«
    »Meine Meinung willst du wissen? Du bist doch das verdammte Genie, das wichtige neue Beweise in einer Morduntersuchung zurückhält und damit eine Straftat begeht. Und wie schaut es bei mir aus, nachdem du mir das alles auf die Nase gebunden hast? Erraten, ich halte wichtige neue Beweise in einer Morduntersuchung zurück und begehe damit eine Straftat! Außer ich geh sofort zu Rodriguez und häng dich hin. Mann, Gurney! Und jetzt fragst du mich, was wir machen sollen? Und glaub bloß nicht, dass ich nicht gemerkt habe, wie du auf einmal dieses ›wir‹ ins Gespräch eingeschmuggelt hast. Du bist das verdammte Genie und hast dich selbst in diesen Schlamassel reingeritten. Also, dann streng mal deine Birne an, damit du wieder rauskommst.«
    Je mehr sich Hardwick aufregte, desto erleichterter war Gurney, denn das bedeutete, dass Hardwick zumindest fürs Erste zum Schweigen bereit war.
    »Ich glaube, wenn wir den Fall lösen, dann erledigt sich auch der Schlamassel.«
    »Ach so, klar. Warum bin ich da nicht allein draufgekommen? Wir müssen bloß den Fall lösen. Was für eine tolle Idee!«
    »Sprechen wir es wenigstens mal durch, Jack. Wir legen alle Möglichkeiten auf den Tisch und sehen, worauf wir uns einigen können. Vielleicht sind wir der Lösung näher, als wir ahnen.« Kaum hatte er die Worte gesagt, wurde ihm klar, dass er nicht daran glaubte. Aber ein Rückzieher würde klingen, als hätte er die Kontrolle verloren. Vielleicht war es auch so.
    Hardwick beäugte ihn zweifelnd. »Dann los, Sherlock, ich bin ganz Ohr. Ich kann bloß hoffen, dass dir von dieser Gedächtnisschwund-Droge nicht das Hirn durchgeschmort ist.«
    Um seine Bestürzung zu überspielen, schenkte sich Gurney noch eine Tasse Kaffee ein und setzte sich wieder. »Okay, ich stelle es mir als eine Art H vor.«
    »Was stellst du dir als H vor?«
    »Die Struktur der Ereignisse. Ich sehe die Sachen meistens geometrisch. Die eine Vertikale von dem H ist das eingeführte Familienunternehmen der Skards – hauptsächlich das weltweite Angebot illegaler, teurer Formen sexueller Befriedigung. Laut den Informationen von Interpol sind die Skards eine besonders bösartige und skrupellose Verbrecherfamilie. Von Jordan Ballston wissen wir, dass sie über Karnala im extremsten und tödlichsten SM-Bereich des Sexgewerbes operieren und sorgfältig ausgewählte junge Frauen an reiche Psychopathen verkaufen.«
    Hardwick nickte zustimmend.
    Gurney fuhr fort. »Die andere Vertikale ist die Mapleshade Academy. Das weißt du schon fast alles, aber ich möchte es noch mal durchgehen. In Mapleshade werden Mädchen mit starken sexuellen Obsessionen behandelt, Obsessionen, die zu einem rücksichtslosen Missbrauchsverhalten führen. In den letzten Jahren hat sich das Internat ausschließlich auf diese Klientel konzentriert und sich einen guten fachlichen Ruf erworben, dank Scott Ashtons hohen akademischen Ansehens. In dieser Sparte der Psychopathologie ist er ein echter Star. Angenommen, die Skards sind auf das Potenzial von Mapleshade aufmerksam geworden.«
    »Das Potenzial für sie?«
    »Genau. Mapleshade bietet ein Reservoir von Opfern sexueller Gewalt, die zugleich Täterinnen sind. Für die Skards müsste das doch aussehen wie ein erlesener Markt für Fleischwaren, wenn ich das mal so ausdrücken darf.«
    Hardwicks blassblaue Augen schienen nach Rissen in Gurneys Logik zu suchen. »Leuchtet mir ein. Was ist die Querstrebe von deinem H?«
    »Die Querstrebe, die die Skards mit Mapleshade verbindet, ist der Mann, der sich Hector Flores nennt. Allem

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