Schließe deine Augen
jetzigen Teilzeitjob überredet hatte. Als Gurney parkte, nahmen die Meekers eine Servierplatte und eine Schüssel vom Rücksitz, beides mit Alufolie abgedeckt.
»Salat und Nachtisch!«, rief Peggy. »Entschuldigt die Verspätung. George hatte den Autoschlüssel verlegt!« Anscheinend fand sie das zugleich ärgerlich und unterhaltsam.
George hob grüßend die Hand und warf seiner Frau einen genervten Blick zu. Gurney brachte nur ein angedeutetes Lächeln zustande. Die Dynamik zwischen George und Peggy hatte beklemmende Ähnlichkeit mit dem, was sich zwischen seinen Eltern abgespielt hatte.
Madeleine kam zur Tür und strahlte die Meekers an.
»Salat und Nachtisch.« Peggy reichte die Gerichte an Madeleine weiter, die mit einem erfreuten »Hmm!« voran in die große Farmhausküche schritt.
»Fantastisch!« Mit begeistert aufgerissenen Augen schaute sich Peggy um und fügte genau wie bei ihren ersten zwei Besuchen hinzu: »Das perfekte Haus für euch zwei. Findest du nicht, dass es ihnen genau entspricht, George?«
Mit einem freundlichen Nicken beäugte George die Fallakten auf dem Tisch und legte den Kopf schräg, um die abgekürzten Inhaltsangaben auf den Deckeln zu entziffern. »Ich dachte, du bist im Ruhestand«, meinte er zu Gurney.
»Bin ich auch. Das ist nur eine kurze Beratungstätigkeit.«
»Eine Einladung zur Enthauptung«, ergänzte Madeleine.
»Was für eine Beratungstätigkeit?« Peggy schien ehrlich interessiert.
»Man hat mich gebeten, das Beweismaterial in einem Mordfall zu sichten und gegebenenfalls alternative Ermittlungsansätze vorzuschlagen.«
»Klingt ja faszinierend. Ist es ein Fall, der in den Nachrichten war?«
Er zögerte kurz, ehe er antwortete. »Ja, vor ein paar Monaten. In der Boulevardpresse war von der ›kopflosen Braut‹ die Rede.«
»Nein! Das ist ja unglaublich! Diesen grausigen Mord untersuchst du? Die junge Frau, die in ihrem Hochzeitskleid getötet wurde? Was …«
Madeleine unterbrach sie mit etwas zu lauter Stimme. »Was darf ich euch zu trinken anbieten?«
Peggys Blick löste sich nicht von Gurney.
Laut und fröhlich fuhr Madeleine fort. »Wir haben einen kalifornischen Pinot Grigio, einen italienischen Barolo und was von den Finger Lakes mit einem putzigen Namen.«
»Für mich Barolo«, sagte George.
»Ich möchte alles über diesen Mord wissen«, erklärte Peggy und fügte hinzu: »Mir ist jeder Wein recht. Außer dem putzigen.«
»Ich nehme Barolo wie George«, meinte Gurney.
»Könntest du jetzt den Tisch abräumen?«, bat Madeleine.
»Natürlich.« Gurney fing an, die vielen Stapel zu wenigen zusammenzutragen. »Hätte ich schon heute Morgen vor meinen Terminen in Tambury machen sollen. Ein Gedächtnis wie ein Sieb.«
Mit einem gefährlichen Lächeln holte Madeleine zwei Flaschen aus der Vorratskammer und machte sich daran, Korken herauszuziehen.
»Und?« Peggy starrte Gurney erwartungsvoll an.
»Woran kannst du dich noch von den Zeitungsberichten erinnern?«
»Hinreißende junge Frau, abgeschlachtet von einem verrückten mexikanischen Gärtner, ungefähr zehn Minuten, nachdem sie keinen anderen als Scott Ashton geheiratet hatte.«
»Anscheinend weißt du, wer das ist.«
»Anscheinend? Meine Güte, den kennt doch jeder … Nein, das nehme ich zurück. Jeder in der Welt der Sozialwissenschaften kennt Scott Ashton – zumindest seinen Ruf, seine Bücher, seine Fachartikel. Der heißeste Missbrauchstherapeut, den es gibt.«
»Der heißeste?« Madeleine näherte sich mit zwei Gläsern Rotwein.
George lachte schallend. Ein merkwürdig handfester Laut für seine spindeldürre Gestalt.
Peggy zuckte zusammen. »Hab mich schlecht ausgedrückt. Der berühmteste, hätte ich sagen sollen. Innovative Therapieansätze. Aber Dave kann uns bestimmt viel mehr darüber erzählen.« Sie nahm das Glas, das ihr Madeleine reichte, und nippte daran. »Köstlich, danke.«
»Morgen ist also der große Tag?«, fragte Madeleine.
Peggy blinzelte verwirrt.
»Der große Tag«, wiederholte George.
»Euer Sohn geht schließlich nicht jeden Tag nach Harvard«, bemerkte Madeleine. »Und habt ihr uns nicht erzählt, dass er im Hauptfach Biologie studiert?«
»Das hat er vor.« George, ganz der vorsichtige Wissenschaftler.
Die Meekers zeigten nicht viel Lust an dem Thema, vielleicht weil es bereits der dritte Sohn war, der diesen Weg einschlug, und eigentlich schon alles dazu gesagt war.
»Unterrichtest du noch?« Peggys Frage richtete sich an Gurney.
»Du meinst an der
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