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Schlimmes Ende

Titel: Schlimmes Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Ardagh
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haben.«
    »Aber warum muss ich hier draußen schlafen, während das Pferd im Hotel schlafen darf?«, fragte Eddie und versuchte, nicht zu jammervoll und hilflos zu klingen.
    »Vielleicht kann sich dein Herr Onkel nur zwei Zimmer leisten«, brachte der Wirt vor. »Und darüber hinaus ist er schließlich komplett verrückt.«
    »Da ist was dran«, nickte Eddie und bebte leicht.

    »Weißt du was, junger Herr Edmund, dein Großonkel bezahlt nie seine Rechnung«, fuhr Mr Loaf fort.
    »Warum lassen Sie ihn dann hier übernachten?«, fragte Eddie.
    »Na ja, irgendwie zahlt er ja doch, aber nicht mit Geld«, sagte der Mann. Er trug Eddies Koffer, den er jetzt auf einigen Heuballen ablegte.
    »Er zahlt ohne Geld?«, fragte Eddie Dickens, öffnete rasend schnell seinen Koffer und zog das erste Kleidungsstück über, das er finden konnte. Es war einer von Dr. Keks’ Vom-Kinnbis-zur-Zehe-Leib-und-Seelen-Anzügen, aus kratziger Wolle gestrickt, der ihn einschließlich Hals bedeckte. Er kam sich gleich viel weniger nackt vor. »Womit zahlt er denn dann?«
    »Nun, für gewöhnlich mit Trockenfisch«, erklärte der Wirt des Ausspanns »Zum Ausspann«. »Zwei Trockenseehechte pro Doppelzimmer - und pro Nacht - und einen halben Heilbutt pro Einzelzimmer. Ich habe ihn nie darum gebeten, in Fisch zu bezahlen, und ich habe nie gesagt, er könne in Fisch bezahlen, aber er bezahlt nun mal immer in Fisch.«
    »Und was machen Sie mit all dem Trockenfisch?«, fragte Eddie, der auf seinem Koffer saß.
    »Ich schicke ihn deinem Vater, und da er meine Übernachtungspreise und den Ichthyo- oder Fischologiekurs kennt, nach welchem sein Onkel zahlt, tauscht er den Fisch in Geld um und weist mir den genauen Betrag an.«
    »Sie kennen meinen Vater?«, fragte Eddie aufgeregt. Er war erst einen halben Tag lang von seinen Eltern getrennt und vermisste sie bereits. Dies war erst das dritte Mal in seinem Leben, dass er von zu Hause weg war, und es war ein seltsames Gefühl.
    Beim ersten Mal war er ans Meer geschickt worden. Das
war von der Zeit, als er ein Jahr alt war, bis er alt genug war, in die Schule zu gehen. Beim zweiten Mal war es von der Zeit, zu der er alt genug war, in die Schule zu gehen, bis zu seinem zehnten Geburtstag. Kein Wunder, dass es in einem fremden Stall so seltsam war.
    »Nein, ich hatte nie die Ehre noch das Privileg, deinen Herrn Vater persönlich kennen zu lernen, junger Herr Edmund«, sagte Mr Loaf, »aber wir stehen postalisch in Verbindung.«
    »Aha!«, sagte Eddie. »Das würde die merkwürdigen Pakete erklären, die mein Vater so oft mit in sein Arbeitszimmer nimmt. Ich fand immer schon, dass sie nach Trockenfisch rochen.« Sein Blick erhellte sich.
    »Dein Blick hat sich gerade erhellt«, sagte der Wirt vollständig und äußerst erstaunt.
    »Nein«, sagte Eddie. »Das war nur eine Redewendung.«
    »Ich dachte, es hätte eher mit der körpereigenen Elektrizität zu tun«, sagte Mr Loaf.
    Damals wurde ganz allgemein ungeheuer viel Aufhebens um die »Elektrizität« gemacht, dabei gab es noch gar kein elektrisches Licht, keine elektrischen Kühlschränke und keine Zitteraale. Letzteres war gelogen. Zitteraale gab es bereits damals eindeutig. Warum wir das so sicher wissen? Weil der Wahnsinnige Onkel Jack Mrs Loaf nach jedem Aufenthalt im Ausspann »Zum Ausspann« einen getrockneten Zitteraal Trinkgeld zusteckte. Wenn er etwas war, dann war er großzügig sowie, wie Mr Loaf so zutreffend bemerkt hatte, komplett verrückt.

FOLGE 3
    Mr Pumblesnook
    In welcher Eddie von einem Taschentuch
völlig verzaubert wird

    E ddie fand heraus, dass der wärmste Ort zum Liegen in seinem Koffer war, aber er konnte einfach nicht einschlafen. Das lag nicht daran, dass er länger war als der Koffer, sodass er sich zu einer Kugel zusammenrollen musste. Es lag auch nicht daran, dass etwa alle zehn Minuten die Wahnsinnige Tante Maud in den Stall geplatzt kam, den Kofferdeckel hochklappte und mit ihrer bekannt raspelnden Stimme »Immer noch nicht eingeschlafen?« schrie, wobei ihm von ihrer Kerze heißes Wachs aufs Gesicht tropfte. Es hatte mehr damit zu tun, dass eine Bande streunender Theaterleute auf der anderen Seite des Stalles ein Stück probte.
    Streunende Theaterleute waren ein seltsamer Menschenschlag, der übers Land streifte und nichts ahnende Bauerntölpel - Tölpel sind Einheimische, die »äh, genau« statt »ja« sagen - dazu zwingt, sich etwas anzusehen, was er - der Menschenschlag - »Aufführungen« nennt.
    Eine Bande

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