Schloss aus Glas
wirbelten um unsere Köpfe herum. Die Tachonadel kroch über die Hundert, die letzte Zahl auf der Anzeige, hinweg und stieß in den leeren Raum dahinter vor. Der Wagen fing an zu rütteln, aber Dad nahm den Fuß noch immer nicht vom Gas. Mom schlug die Arme über den Kopf und befahl Dad, langsamer zu fahren, aber er trat nur noch fester aufs Gas.
Plötzlich war ein klapperndes Geräusch unter dem Auto zu hören. Ich schaute nach hinten, um mich zu vergewissern, dass kein wichtiges Teil abgefallen war, und sah eine graue Rauchwolke hinter uns herwehen. Im selben Moment trat weißer Dampf, der nach Eisen roch, seitlich unter der Motorhaube aus und trieb an den Fenstern vorbei. Das Rütteln wurde immer stärker, und mit einem furchtbaren röchelnden, scheppernden Geräusch verlor der Wagen an Fahrt. Schon bald kroch er nur noch dahin. Dann setzte der Motor ganz aus. Wir rollten noch ein paar Meter lautlos weiter, ehe das Auto zum Stehen kam.
»Jetzt hast du's geschafft«, sagte Mom.
Wir Kinder und Dad stiegen aus und schoben den Wagen an den Straßenrand, während Mom lenkte. Dad öffnete die Motorhaube. Ich sah zu, wie er und Brian den qualmenden, ölverkrusteten Motor studierten und die einzelnen Teile benannten. Dann setzte ich mich ins Auto zu Mom, Lori und Maureen.
Lori warf mir einen angewiderten Blick zu, als wäre es meine Schuld, dass der Wagen kaputtgegangen war.
»Wieso ermunterst du ihn auch noch?«, fragte sie.
»Keine Sorge«, sagte ich. »Dad repariert das schon.«
Wir saßen lange dort. In der Ferne konnte ich hoch oben Bussarde kreisen sehen, was mich an unseren undankbaren Buster erinnerte. Vielleicht hätte ich etwas nachsichtiger mit ihm sein sollen. Mit seinem gebrochenen Flügel und seiner lebenslangen Aasfresserei hatte er wahrscheinlich Grund genug, undankbar zu sein. Zu viel Pech kann bei jedem Geschöpf eine dauerhafte Niedertracht auslösen.
Endlich klappte Dad die Motorhaube zu.
»Du kannst das doch reparieren, oder?«, fragte ich.
»Na klar«, sagte er. »Ich brauche bloß das passende Werkzeug.«
Wir müssten unseren Ausflug zum Grand Canyon vorübergehend verschieben, erklärte er uns. Jetzt hieße es, erst mal zurück nach Phoenix zu fahren, damit er sich das richtige Werkzeug besorgen konnte.
»Wie denn?«, fragte Lori.
Eine Möglichkeit wäre, es per Anhalter zu versuchen, meinte Dad. Aber es könnte schwierig werden, ein Auto zu finden, das Platz für vier Kinder und zwei Erwachsene hätte. Da wir alle so sportlich und keine Jammerlappen seien, sagte er, würden wir es auch problemlos zu Fuß nach Hause schaffen.
»Das sind fast achtzig Meilen«, sagte Lori.
»Sehr richtig«, sagte Dad. Wenn wir täglich acht Stunden mit einer Geschwindigkeit von drei Meilen die Stunde marschierten, so erklärte er, wären wir in drei Tagen da. Bis auf Maureens lavendelblaue Decke und die Feldflaschen müssten wir alles zurücklassen. Das galt auch für Moms Schießbogen aus Obstholz. Da Moms Herz an dem Bogen hing, den sie von ihrem Vater geschenkt bekommen hatte, versteckten Brian und ich ihn auf Dads Anordnung im Straßengraben. Wir würden dann später wiederkommen und ihn holen.
Dad trug Maureen. Um uns bei Laune zu halten, rief er hopp-zwo-drei-vier , aber Mom und Lori weigerten sich, im Gleichschritt zu gehen. Schließlich gab Dad auf, und es wurde still, bis auf das Geräusch unserer Schuhe, die auf Sand und Steinen knirschten, und den Wind, der über die Wüste peitschte. Nachdem wir gut zwei Stunden, wie es mir schien, unterwegs gewesen waren, erreichten wir ein Motel-Reklameschild, an dem wir, etwa eine Minute bevor der Motor den Geist aufgegeben hatte, vorbeigekommen waren. Ab und zu zischte ein Auto an uns vorüber, und Dad streckte den Daumen raus, aber keiner hielt an. Schließlich, kurz vor Mittag, bremste ein großer blauer Buick mit schimmernden Chromstoßstangen, hielt am Straßenrand vor uns, und eine Lady mit einer Frisur aus dem Schönheitssalon kurbelte das Fenster runter.
»Ihr Armen!«, rief sie. »Ist alles in Ordnung?«
Sie fragte, wo wir hinwollten, und als wir Phoenix sagten, bot sie an, uns zu fahren. Die Klimaanlage im Buick war so kalt, dass ich schlagartig Gänsehaut an Armen und Beinen bekam. Die Lady ließ Lori und mich Coca-Cola und Sandwiches aus einer Kühltasche im Fußraum verteilen. Dad sagte, er habe keinen Hunger.
Die Lady erzählte aufgeregt, dass ihre Tochter an uns vorbeigefahren war und ihr anschließend von der armen Familie erzählt
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