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Schloss aus Glas

Schloss aus Glas

Titel: Schloss aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Walls
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Orangenbäumen, und dann lief ich vors Haus und stieg in das Oldsmobile. Ich musste über Brian klettern und in der Mitte sitzen, weil er und Lori sich schon die Fensterplätze gesichert hatten. Maureen saß vorn neben Mom, die den Motor angelassen hatte und zur Übung die Gänge durchschaltete. Dad war noch im Haus, und ich lehnte mich über Brian und rief ihn, so laut ich konnte. Dad erschien an der Tür, die Arme vor der Brust verschränkt.
    »Dad, bitte komm mit, wir brauchen dich!«, schrie ich.
    Lori und Brian und Mom und Maureen fielen alle mit ein. Wir brauchen dich!, riefen wir. Du bist der Fahrer! Du bist das Familienoberhaupt! Du bist der Dad! Komm mit!
    Dad stand da und sah uns eine Weile an. Dann schnippte er die Zigarette, die er rauchte, in den Garten, zog die Haustür zu, kam zum Wagen getrabt und sagte Mom, sie solle rüberrutschen - er würde fahren.

III
Welch
    Irgendwann in Battle Mountain hatten wir aufgehört, den Autos der Familie Walls Namen zu geben, weil es immer nur Rostlauben waren, die, wie Dad meinte, keinen Namen verdient hatten. Mom sagte, als sie auf der Ranch aufgewachsen war, hätten sie den Rindern niemals Namen gegeben, weil sie wussten, dass sie sie irgendwann töten mussten, und wenn wir den Autos keine Namen gaben, würde es uns auch nicht so traurig machen, wenn wir uns von ihnen trennen mussten.
    So kam es, dass das Sparschweinangebot für uns bloß »das Oldsmobile« war, und diese Bezeichnung sprachen wir nie mit Wärme oder gar Mitleid aus. Das Oldsmobile war eine Schrottmühle, gleich von Anfang an, als wir es kauften. Als es zum ersten Mal den Geist aufgab, waren wir noch immer eine Autostunde von der Grenze nach New Mexico entfernt. Dad steckte den Kopf unter die Motorhaube, werkelte ein bisschen herum und brachte den Wagen wieder in Gang, aber schon zwei Stunden später streikte er erneut. Dad brachte ihn zum Laufen - »Eher zum Humpeln«, sagte er -, denn er schaffte nur noch fünfzehn oder zwanzig Meilen die Stunde. Außerdem sprang die Motorhaube dauernd auf, und wir mussten sie mit einem Strick festbinden.
    Wir mieden die mautpflichtigen Highways und zockelten über schmale Landstraßen, auf denen wir meistens eine lange Schlange von Autos hinter uns hatten, die ein Hupkonzert veranstalteten. Irgendwo in Oklahoma ließ sich ein Fenster nicht mehr hochkurbeln, und wir klebten es mit Müllbeuteln zu. Wir schliefen jede Nacht im Oldsmobile, und einmal, in Muskogee, wo wir spät abends angekommen waren und auf einer leeren Straße mitten im Ort geparkt hatten, drängte sich eine kleine Menschenansammlung um unseren Wagen, als wir morgens wach wurden: Kinder, die sich die Nase an den Scheiben platt drückten, und Erwachsene, die kopfschüttelnd grinsten.
    Mom winkte den Leuten einfach zu. »Wenn Okies« - damit meinte sie die Leute aus Oklahoma - »einen auslachen, weiß man, dass man tiefer nicht mehr sinken kann«, sagte sie. Mit unserem mülltütenverklebten Fenster, der zugebundenen Motorhaube und den Malsachen auf dem Dach wären wir ja regelrechte Bilderbuch-Okies. Bei dem Gedanken kriegte sie sich vor Lachen kaum noch ein.
    Ich zog mir eine Decke über den Kopf und kam erst wieder darunter hervor, als wir Muskogee hinter uns gelassen hatten. »Das Leben ist ein Drama voller Tragik und Komik«, sagte Mom zu mir. »Du solltest lernen, die komischen Episoden etwas mehr zu genießen.«
    Wir brauchten einen Monat, um das Land zu durchqueren. Wir hätten genauso gut mit dem Planwagen unterwegs sein können. Außerdem bestand Mom darauf, dass wir Umwege fuhren, um uns Sehenswürdigkeiten anzusehen, die unseren Horizont erweitern sollten. Wir sahen uns The Alamo an -»Davy Grockett und James Bowie haben gekriegt, was sie verdient haben«, sagte Mom, »schließlich haben sie den Mexikanern das Land gestohlen.« Dann fuhren wir weiter nach Beaumont, wo die Ölpumpen auf und nieder wippten wie Riesenvögel. In Louisiana sagte Mom, wir sollten aufs Autodach klettern und lange Bartflechtenquasten abpflücken, die von den Ästen der Bäume herabhingen. Es war mitten in der Nacht, als wir New Orleans erreichten, aber Mom weckte uns, um uns das Französische Viertel zu zeigen.
    Nachdem wir den Mississippi überquert hatten, fuhren wir zuerst nach Norden Richtung Kentucky und dann wieder nach Osten. Statt der flachen Wüste mit zerklüfteten Bergen am Horizont sahen wir jetzt eine Landschaft, die sich bauschte und wellte wie ein Laken, das man ausschüttelt. Schließlich kamen

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