Schloss aus Glas
hilft dir Gott.«
Und weil sie so ein gutes Gefühl habe, erklärte sie weiter, habe sie beschlossen, dieses Jahr Weihnachten tatsächlich an Weihnachten zu feiern und nicht erst eine Woche später.
Mom war eine gewiefte Secondhand-Einkäuferin. Sie las die Markenetiketten an den Kleidungsstücken, schaute auf der Unterseite von Tellern und Vasen nach, von welchem Hersteller sie waren. Sie hatte keinerlei Hemmungen, einer Verkäuferin zu erklären, dass ein Kleid, das fünfundzwanzig Cent kosten sollte, höchstens zehn Cent wert war, und meistens bekam sie es dann auch zu dem Preis. In diesem Jahr machte Mom schon Wochen vor Weihnachten mit uns einen Bummel durch die Secondhand-Läden, und sie gab jedem von uns einen Dollar für Geschenke. Ich kaufte eine Stielvase aus rotem Glas für Mom und einen Onyx-Aschenbecher für Dad, ein Modellauto für Brian, ein Buch über Elfen für Lori und einen Stofftiger mit einem losen Ohr, das ich mit Moms Hilfe wieder annähte, für Maureen.
Am Weihnachtsmorgen nahm Mom uns mit zu einer Tankstelle, die Christbäume verkaufte. Sie suchte eine große, dunkle, aber schon leicht trockene Douglastanne aus. »Den armen alten Baum wird Ihnen sicher keiner abkaufen, und er braucht jemanden, der ihn liebt«, erklärte sie dem Mann und bot ihm drei Dollar. Der Mann sah den Baum an, er sah Mom an und dann uns Kinder. Eine Sicherheitsnadel hielt mein Kleid zusammen. Maureens T-Shirt hatte Löcher an den
Nähten. »Lady, der ist schon auf einen Dollar runtergesetzt«, sagte er.
Wir trugen den Baum nach Hause und behängten ihn mit Grandmas altem Weihnachtsschmuck: kunstvoll gefärbten Kugeln, zarten Rebhühnern aus Glas und Lichtern mit langen Röhren, in denen Wasser sprudelte. Ich brannte darauf, meine Geschenke zu öffnen, aber Mom ließ sich nicht davon abbringen, Weihnachten auf katholische Art zu feiern, was hieß, dass die Bescherung erst nach dem Besuch der Mitternachtsmesse stattfand. Da an Weihnachten sämtliche Bars und Schnapsläden geschlossen waren, hatte Dad sich reichlich mit Spirituosen und Bier eingedeckt. Schon vor dem Frühstück machte er sein erstes Budweiser auf, und als es schließlich Zeit für die Mitternachtsmesse wurde, konnte er kaum noch gerade stehen.
Ich schlug vor, Mom sollte Dad dieses eine Mal vielleicht besser zu Hause lassen, aber sie meinte, in Zeiten wie diesen sei ein kurzer Besuch im Hause Gottes besonders wichtig, und so torkelte Dad mit uns in die Kirche. Das Thema der Predigt war das Wunder der Unbefleckten Empfängnis und der jungfräulichen Geburt.
»Von wegen Jungfrau!«, rief Dad. »Maria war eine jüdische Klassebraut, die sich hat schwängern lassen!«
Der Gottesdienst kam zum Erliegen. Alle starrten uns an. Der gesamte Chor hatte sich umgedreht, und alle Sänger stierten mit offenem Mund in unsere Richtung. Sogar dem Pfarrer hatte es die Sprache verschlagen.
Auf Dads Gesicht machte sich ein zufriedenes Grinsen breit. »Und Jesus Christus ist der Lieblingsbastard der ganzen Welt!«
Der Küster bugsierte uns mit finsterer Miene auf die Straße. Auf dem Nachhauseweg legte Dad mir einen Arm um die Schultern, um sich abzustützen. »Hör mal, meine Kleine, wenn du später einen Freund hast und er dir an die Wäsche geht, und du merkst anschließend, dass du schwanger bist, dann schwörst du einfach, es war eine Unbefleckte Empfängnis und erzählst was von Wundern«, sagte er. »Danach kannst du jeden Sonntag den Klingelbeutel rumgehen lassen.«
Ich mochte es nicht, wenn Dad so redete, und wollte, mich losmachen, aber er hielt mich nur noch fester umklammert.
Als wir wieder zu Hause waren, versuchten wir Dad zu beruhigen. Mom gab ihm eins von seinen Geschenken, ein Messingfeuerzeug aus den zwanziger Jahren in Form eines Scotchterriers. Dad machte es ein paar Mal an, wobei er vor und zurück schwankte, hielt es dann hoch ins Licht und nahm es genau in Augenschein.
»Heute ist Weihnachten, da sollen die Lichter brennen«, sagte Dad und hielt das Feuerzeug in die Douglastanne. Im Handumdrehen stand der Baum in Flammen. Weihnachtskugeln zerplatzten in der Hitze, brennende Nadeln fielen zu Boden.
Einen Moment lang waren wir viel zu verdattert, um irgendetwas zu unternehmen, dann rief Mom nach Decken und Wasser. Es gelang uns, das Feuer zu löschen, aber nur, indem wir den Baum umkippten, fast den gesamten Baumschmuck zertraten und all unsere Geschenke ruinierten. Die ganze Zeit über saß Dad lachend auf dem Sofa und erklärte Mom, er habe
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