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Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Schloss der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Schloss der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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Drohung. Ich fürchtete mich nicht vor dem Racheengel, aber ich hatte Angst, Christopher endgültig zu verlieren. Er hatte mich zum zweiten Mal weggeschickt. Beim ersten Mal, weil er mich vor der Wächterin schützen wollte, doch dieses Mal, weil er mich nicht für stark genug hielt, den Irrlichtern zu widerstehen. Und wahrscheinlich hatte er recht. Ich war schwach. Menschlich. Nicht für ihn und seine Welt geschaffen. Weder jetzt noch irgendwann.
    Meine Tränen malten kleine Kreise in den stillen Teich hinter dem Friedhof. Ich würde der Totenwächterin entkommen und dennoch hatte ich verloren: meine Träume. Meine Hoffnung. Meine Liebe. Ich hatte versagt, in blindem Eifer nach einem Engel gegriffen.
    Vielleicht war das mein Problem. Ich handelte planlos, begehrte, ohne nachzudenken. Ohne die Konsequenzen zu beachten für die, die ich liebte.
    Christopher hatte mich aus dem Reich der Totenwächterin gerettet – doch der Preis dafür war viel zu hoch. Selbst wenn es ihm gelang, sie zurückzuschlagen. Er würde mich hassen. Ein Engel ohne Flügel war alles, nur kein Engel.
    Sollte ich umdrehen? Ihm helfen? Könnte ich das, oder würde mein Eingreifen seine Chancen mindern, der Wächterin zu entkommen? Ich war ein Mensch und verstand nichts von Engelskämpfen, doch es gab jemanden, der das tat.
    Ich stürzte mich kopfüber in den Teich. Zähfließendes Wasser umschloss meinen Körper, lähmte meine Gedanken und sog mich hinab in die Tiefe. Ich ließ es geschehen und ergab mich dem Strudel. An seinem Ende wartete Rettung oder der Tod.
    Zwei starke Hände packten mich, zerrten an meinen Kleidern und rissen mich aus dem kreiselnden Nass. Dunkelgraue Augen ließen keine Zweifel aufkommen, dass die Hände mich lieber erwürgen als retten wollten.
    »Aron. Bitte. Christopher ...« Weiter kam ich nicht. Arons Finger hatten sich auf meinen Mund gelegt.
    »Schweig und hör mir zu, oder ich werde dafür sorgen, dass nie wieder ein Wort über deine Lippen kommt! Du gehst jetzt zurück in dein Internat – ohne Umwege –, legst dich in dein Bett und schläfst. Und ab morgen wirst du eine brave Schülerin sein, deine Aufgaben erledigen und nie wieder an Engel denken, geschweige denn nach einem suchen. Hast du das verstanden?« Er lockerte seine Finger, damit ich antworten konnte.
    »Sie wird ihm ...« Erneut verschloss seine Hand meinen Mund.
    »Ein Ja. Mehr will ich nicht. Ist das klar?!«
    Ich nickte.
    »Gut. Und falls dir Bedenken kommen, werde ich persönlich dafür sorgen, dass du dich an dein Versprechen erinnerst.«
    Aron ließ mich los. Ich brachte so schnell wie möglich ein paar Meter zwischen uns. »Aron. Er ist dein Freund. Du musst zu ihm. Die Totenwächterin ...«
    »Daran hättest du denken müssen, bevor du dich auf sie eingelassen hast«, fiel Aron mir ins Wort.
    »Aber ich ... mir blieb keine andere Wahl!«
    »Es gibt immer eine Wahl.«
    »Dann hilf ihm«, flehte ich.
    »Das werde ich, doch erst nachdem du von hier verschwunden bist.« Hier war ein kleiner Tümpel mitten in einem diffus beleuchteten Tunnel, an dessen Gewölbe sich Wassertropfen sammelten.
    »Schwöre, dass du ihn nicht im Stich lässt«, forderte ich. »Dann werde ich gehen.«
    »Im Gegensatz zu dir habe ich Christopher niemals enttäuscht. Wenn hier jemand einen Schwur leisten muss, dann bist du es!« Aron war mir bedrohlich nahe gekommen. Ich wich an die feuchte Tunnelwand zurück. »Je länger ich hier mit dir diskutiere, umso schwieriger wird es für Christopher. Entscheide dich schnell, wie du ihm am besten helfen kannst: indem du mich aufhältst oder indem du mir vertraust.«
    Ich vertraute Aron nicht mehr, seitdem ich wusste, dass er mit der Totenwächterin in Verbindung stand. Doch er war Christophers Freund. Ich war mir sicher, dass er ihm helfen würde. Aron wollte mich loswerden, nicht ihn.
    »Also gut. Du hast gewonnen. Welche Richtung?«
    »Nach oben.«
    Aron verfolgte mit seinem Blick, wie ich mich durch den dunklen Tunnel kämpfte. Jeder Schritt, der mich von Christopher entfernte, schmerzte. Doch ich musste weitergehen. Weg von ihm und seiner Welt, sonst würde Aron ihm nicht helfen.
    Der Glockenturm ragte finster in den blassblauen Streifen am Horizont des schwarzen Himmels, als ich schmutzig, aber trocken aus dem Mühlenteich am Fuß des Kirchbergs kletterte. Ich beeilte mich, das abweisende Gebäude hinter mir zu lassen. Für heute hatte ich genug Düsteres gesehen und wollte weder Arons noch sonst eine Aufmerksamkeit aus der

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