Schloss der Engel: Roman (German Edition)
Hoffnung, dass er es verursacht hatte. Schließlich setzte ich mich auf mein Bett und grübelte weiter, bis mir vor Müdigkeit die Augen zufielen.
Entkräftet schreckte ich aus einem Traum. Ich hatte um Christopher gekämpft und ihn dennoch verloren.
Kurz vor Schulbeginn stürmte ich ins Gelbe Haus. Weder Raffael noch Juliane waren beim Frühstück aufgetaucht. Meine Anspannung wuchs. Auch auf ihren Zimmern waren sie nicht. In meiner Fantasie malte ich mir die schrecklichsten Dinge aus, wozu Raffael sie überredet haben könnte.
»Weißt du, wo Juliane ist?«, fragte ich Marisa nach der ersten Stunde.
»Ähm. Sie hat sich heute Morgen nicht wohl gefühlt und ist im Bett geblieben«, antwortete sie ausweichend.
»Da ist sie nicht mehr.«
Marisas wasserblaue Augen begannen zu leuchten. »Dann muss ihr Vorhaben wohl erfolgreich gewesen sein.«
»Und was wäre das genau?« Es nervte mich, dass sie in Rätseln sprach, vor allem heute, da ich schlecht geschlafen hatte und mies drauf war.
»Sie ist mit Raffael unterwegs.«
»Was?!« Meine Stimme schnellte um zwei Oktaven nach oben.
»Bist du etwa eifersüchtig?«
»Ich? Nein! Aber ich muss sie unbedingt finden.«
Marisa deutete mein Entsetzen völlig falsch. »Nicht mal im Traum würde ich dir verraten, wo sie sind. Und als Freundin solltest du ihr die paar Stunden mit Raffael gönnen!«
Ich seufzte. Wie konnte ich Marisa erklären, dass Raffael von Sanctifer ins Internat eingeschleust worden war, um mich zu manipulieren, und nur deshalb so gut aussah, weil er sich auf diesen hinterhältigen Engel eingelassen hatte? Besser, ich suchte allein nach ihnen.
Nachdem ich das ganze Schlossgelände durchforstet hatte, gab ich auf, setzte mich in Julianes Zimmer und wartete. Zur Essenszeit schlich sie herein.
»Was machst du denn hier?« Erschrocken fuhr sie zusammen, als sie mich entdeckte.
»Auf dich warten.«
»Und ... warum?« Juliane klang verunsichert.
»Um dich zu warnen.«
»Ach ja?!«
»Raffael ist nicht so ... so nett, wie du denkst. Er ...«, ich suchte nach einer treffenden Erklärung. »Ich hab inzwischen einiges über ihn erfahren. Er ist nicht so unschuldig, wie er aussieht.«
Juliane zog fragend ihre Augenbrauen nach oben.
Okay. Auch wenn ich es nicht wollte, jetzt musste ich lügen.»Er wurde schon von mehreren Schulen geschmissen, weil er aufdringlich war.«
Juliane zuckte die Schultern.
»Verstehst du nicht, was ich meine?«
»Doch, aber ich glaube dir kein Wort. Du bist bloß neidisch, weil er sich jetzt für mich und nicht mehr für dich interessiert!«
»Nein, das stimmt nicht. Ich ...«
»Lynn, es reicht! Ich hab genug von deinen Lügengeschichten. Er wäre hier niemals aufgenommen worden, wenn das, was du behauptest, stimmen würde.« Mit einem vernichtenden Blick öffnete Juliane die Tür. »Du verschwindest jetzt besser.«
Mir blieb nichts anderes übrig, als zu gehen. Hoffentlich konnte ich das wieder einrenken.
Ich traf Raffael auf dem Weg zum Schloss. Als er mich sah, wirkte er wenig begeistert.
»Hallo Flüsterer . Überrascht, mich zu sehen?«
Mein Vorstoß traf ins Schwarze. Raffaels Augen weiteten sich vor Schreck, aber er sammelte sich schnell wieder.
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
»Tatsächlich? Dann ist dir der Name Sanctifer wohl kein Begriff?«
Raffael wurde kreidebleich.
»Ich muss zugeben, dass er sein Versprechen dir gegenüber gehalten hat. Doch Schönheit ist vergänglich. Du hättest dir lieber etwas mehr Verstand gewünscht, dann wärst du nicht auf ihn hereingefallen.«
Raffaels Miene verfinsterte sich. »Was weißt du denn schon!«, herrschte er mich an.
»Mehr, als du ahnst«, log ich.
»Dann weißt du auch, wie mächtig er ist.«
»Offensichtlich habe ich die mächtigeren Freunde. Und weil das so ist, rate ich dir, deine Finger von Juliane zu lassen. Sonstwirst du meine Freunde besser kennenlernen, als dir lieb sein kann«, flunkerte ich.
Raffaels Gesicht verhärtete sich, allerdings zeigte er keine Anzeichen von Furcht, wie ich es erwartet hatte.
»Es wird ihr das Herz brechen«, seufzte er gekünstelt.
»Lieber das Herz als das Genick«, fauchte ich zurück.
»Wenn das dein Wunsch ist.« Mit einem übertriebenen Lächeln verbeugte sich Raffael und ließ mich stehen.
Juliane würde mich hassen, wenn sie das erfuhr. Genau wie ich hatte sie sich verliebt. Hoffentlich war es für sie noch nicht zu spät.
Es war das erste Mal, dass ich mich nicht auf zu Hause freute, doch ich hatte
Weitere Kostenlose Bücher