Schloss der Engel: Roman (German Edition)
versprochen, die Pfingstferien in Italien zu verbringen. Christopher war nicht erschienen. Weder an diesem Tag noch am vorherigen und auch nicht, während ich schlief. Besorgt stieg ich in den Bus, der mich zum Flughafen bringen sollte. Wo war er bloß? Würde er mich finden, wenn ich das Internat verließ?
Ich verfluchte meine Unsicherheit. Natürlich würde er das – wenn er wollte. Aber wollte er?
Noch einmal warf ich einen Blick zurück. Er war nicht gekommen, aber er würde kommen. Er hatte es versprochen! Ich entdeckte Juliane, die niedergeschlagen auf ihr Taxi wartete, und folgte ihrem Blick. Raffael stand an die Tür eines dicken schwarzen Mercedes gelehnt, auf seinen Lippen ein verführerisches Lächeln. Rosarot lackierte Fingernägel wühlten sich durch seine dunklen Haare und zogen sein Gesicht herab zu dem platinblonden Schopf, um ihn mit einem langen Abschiedskuss zu beglücken. Entspannt lehnte ich mich zurück. Hannah – sie hatte ihn sich wahrlich verdient.
Doch während das Schloss hinter den alten Baumriesen verschwand, verflog meine Gelassenheit. Es fühlte sich an, als würde ich auch Christopher verlassen.
Ich nahm den Nachtflug nach Rom, die Mittagsmaschine war ausgebucht. Meine Eltern erwarteten mich am Flughafen – ich hatte auf Philippe gehofft. Er ließ sich entschuldigen, was mich erleichterte: Er lebte!
Weit nach Mitternacht erreichten wir unser Haus. Ich verwickelte meine Eltern in ein ausführliches Gespräch und erzählte ihnen von meinen neuen Freunden und Lehrern aus dem Internat. Obwohl ich wirklich müde war, scheute ich mich vor dem Zubettgehen. Ich hatte Angst einzuschlafen. Trotz meiner Sehnsucht, Christopher endlich wiederzusehen, wollte ich nicht von ihm träumen.
Er war nicht zurückgekommen, und ein Teil von mir fürchtete, dass er in meinen Träumen erschien – und nur dort. Also zögerte ich das Zubettgehen hinaus, setzte mich auf meinen Teppich und blätterte in dem Magazin, das ich am Flughafen gekauft hatte, bis die Müdigkeit siegte und ich einschlief.
Keuchend schreckte ich aus einem Traum auf. Schwarz verhüllte Wesen im Kampf gegen Lichtgestalten. Gut gegen Böse – und ich mittendrin. Endlich wusste ich, was mein Albtraum bedeutete. Zu dumm, dass er kein Ende hatte. War mein Schicksal noch nicht entschieden? War der Kampf noch im Gange?
Ich spürte, dass ich innerlich bebte. Ich hatte Angst um Christopher. War er dabei, den Ausgang des Kampfes zu meinen Gunsten zu beeinflussen? Würde es ihm gelingen? Musste er noch einmal gegen Sanctifer antreten?
Ich blendete den Gedanken aus. Doch nach allem, was ich erlebt hatte, wusste ich, dass Christopher in höchster Gefahr schwebte. Und das alles meinetwegen! Ich kämpfte gegen meine Verzweiflung an – ich wollte nicht weinen. Mein Schutzengel sollte ihm nicht berichten, wie jämmerlich ich vor mich hin lamentierte, während er sein Leben aufs Spiel setzte.Emilia leistete mir Gesellschaft bei meinem späten Frühstück. Ihre gute Laune steckte mich an und es gelang ihr, mich zu einem Ausflug mit Antonio, Stefano und seinem Vater zu überreden. Christopher würde mich finden, egal wo ich war.
»Und Philippe? Kommt er nicht mit?«
»Nein, am Dienstag kann er nicht. Ach übrigens, heute Abend treffen wir uns bei Stefano, um alles zu besprechen. Danach bringt uns sein Vater nach Sulmona.«
Mir war Emilias schneller Themenwechsel nicht entgangen, weshalb ich vorhatte – sobald sie Luft holen würde –, nach Philippe zu fragen. Emilia war in bester Erzähllaune. Schließlich vergaß ich meine Frage, da meine Gedanken immer wieder zu Christopher wanderten.
Bei Stefano nur Antonio ohne Philippe vorzufinden, überraschte mich dann trotzdem.
»Wo ist Philippe? Kommt er nach, oder hat er etwa keine Lust, mit uns wegzugehen?«
»Er wollte heute mal zu Hause bleiben. Ihm war nicht so nach Ausgehen«, wich Antonio meiner Frage aus.
Mein Blutdruck sackte ab. Irgendetwas stimmte nicht. Litt er etwa unter den Nachwirkungen einer Begegnung mit der Totenwächterin?
»Ist er krank?«
»Nein, keine Sorge! Philippe ist bei bester Gesundheit.«
Antonio grinste vielsagend, und ich ließ es erst mal auf sich beruhen, da Stefanos Vater begann, uns die Route zu erklären. Nachdem wir die Details unserer Tour besprochen hatten, drängte Emilia zum Aufbruch.
»Vielleicht ist es besser, wenn ihr ohne mich tanzen geht«, sagte ich.
»Wie bitte? Du willst zu Hause bleiben, anstatt dich zu amüsieren? Hat dich das
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