Schloss der Engel: Roman (German Edition)
wissen nur wenig von unserer Welt.«
»Werde ich ...« Ich stockte. Ich fürchtete, dass er nein sagen könnte, und verschob die Frage, ob ich ihn wiedersehen würde, auf später. »Wirst du mich begleiten?«
Christopher kämpfte mit sich, deutlich konnte ich seinen Zwiespalt erkennen. Er klang gehetzt, als wäre der Kampf für ihn noch nicht vorbei.
»Du wirst nicht allein sein. Ein Engel wird auf dich aufpassen.« Seine Miene erhellte sich bei dem Gedanken ein wenig.
»Ein Schutzengel?! Wer?« Mein Magen rollte sich auf bei dem Gedanken, es könnte Aron sein.
»Das darf ich dir nicht verraten.«
»Bitte sag, dass es nicht Aron ist! Er hasst mich. Und er hat mir gedroht, mich lahmzulegen, wenn ich auch nur an dich denken würde.«
»Kein Engel auf dieser Welt kann dir das verbieten.«
Verbieten nicht, aber mich dafür bestrafen. Aron würde alles in seiner Macht Stehende tun, um mich von Christopher fernzuhalten.
»Warum kannst du nicht mein Schutzengel sein?«
»Ist das nicht offensichtlich?« Ein bekümmerter Ausdruck verdüsterte Christophers Züge. »Es liegt in meiner Natur, dunkle Wesen anzuziehen. Ich habe sie zu dir geführt. Nur meinetwegen warst du in Gefahr.«
»Das wird sich wohl nicht ändern.«
»Wie meinst du das?«, fragte Christopher alarmiert.
»Hast du geschlafen? Ich verstehe es auch ohne dich, mich in gefährliche Situationen zu begeben.«
»Allerdings! Heute hast du dich selbst übertroffen! Zuerst die Abseilaktion und dann Sanctifer.« Christopher schwieg. Ein Schatten legte sich auf sein Gesicht.
»Du vergisst meine Begegnung mit der Totenwächterin.«
»Nein, die habe ich nicht vergessen.« Eine Mischung aus Zorn und Verzweiflung schwang in seiner Stimme. »Sanctifer hat sie unterschätzt, als er ihr deine Seele versprach.«
Ich unterdrückte ein Zittern, als ein Schauder meinen Körper durchzog. Sanctifer hatte meine Seele verschachert. Einfach so. Ohne dass er mich kannte. Ich war nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Dass ich mich in Christopher verlieben, mich an die Welt der Engel erinnern und das Reich der Totenwächterin unbeschadet verlassen würde, damit hatte er sicher nicht gerechnet, als er mich auswählte. Und auch nicht, dass es Christopher gelingen würde, mich zu retten.
»Mein Schutzengel. Ist er denn seiner Aufgabe überhaupt gewachsen? Du kamst ziemlich spät.«
»Er hat mein volles Vertrauen, und wenn du nicht Sanctifers Geschenk getragen hättest, dann hätte er eher erkannt, was du vorhattest.«
Ich tastete nach dem Silberkreuz. Es fehlte. Christopher musste es mir abgenommen haben. Ich seufzte im Stillen. Ob Aron oder nicht, Christopher vertraute meinem Schutzengel. Für ihn bestand nicht die Notwendigkeit, bei mir zu bleiben, um diese Aufgabe zu übernehmen. Was bedeutete, dass er mich wieder verlassen würde.
»Wirst ... werde ...« Meine Stimme versagte. Ich kannte die Antwort – und fürchtete sie.
Christophers Hände strichen über meine Haare, erreichten mein Gesicht und hielten es fest, so dass ich ihm in die Augen schauen musste.
»Ja, du wirst mich wiedersehen. Doch zuvor habe ich noch etwas zu klären.«
Seine Augen verhärteten sich für den Bruchteil einer Sekunde, bevor er sich wieder unter Kontrolle hatte und mich mit einem warmen Lächeln betrachtete, als hätte er meine nächste Frage vorausgeahnt.
»Wann, kann ich dir nicht sagen. Aber ich weiß, dass du stark genug bist, auf mich zu warten.«
Meine gerade eben erst zurückgekehrte Zuversicht verblasste. Das hörte sich nach sehr langem Warten an. Ich versuchte, mich seinem Griff zu entwinden. Es genügte, wenn einer von uns leiden musste. Christopher ließ es nicht zu und hielt mich umso fester.
»Ich werde mich beeilen, ich verspreche es!« Dann fühlte ich seine Lippen und vergaß all meine Ängste.
Kapitel 28
Engelsmedaillon
M it einem äußerst unguten Gefühl war ich allein zum Schloss zurückgelaufen. Schutzengel hin oder her.
Nachdem ich die Spuren meiner Klettertour beseitigt hatte, lief ich aufgewühlt in meinem Zimmer auf und ab. Welche Aufgabe musste Christopher noch erledigen? Seine grimmige Entschlossenheit war mir nicht entgangen, aber ich weigerte mich zu vermuten, dass es etwas mit Sanctifer zu tun hatte.
Doch ich wusste, dass ich mir etwas vormachte. So vervielfachte sich meine Sorge um Christopher durch die Angst, ihn niemals wiederzusehen. Ich zählte jede Sekunde, wartete auf sein Erscheinen und zuckte bei dem kleinsten Geräusch zusammen, in der
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