Schloss der Engel: Roman (German Edition)
eine imaginäre Partnerin in den Armen hielt.
»Wärst du nicht aufgetaucht, läge sie jetzt in seinen Armen!«
Mir wurde schlecht.
Christopher verzog keine Miene, als er sein Schweigen durchbrach. »Was hast du ihm versprochen?«
»Schönheit«, antwortete Sanctifer. »Nach seinem kleinen Unfall war er so darauf versessen, umschwärmt zu werden, dass er alles dafür getan hätte. Du weißt ja, wie leicht wir Menschen beeinflussen können«, rechtfertigte sich Sanctifer und sah mich an.
Ich erschauderte unter seinem spöttischen Blick.
»Zudem hast auch du nicht mit fairen Mitteln gekämpft! Es war an der Grenze des Erlaubten, ihre Freundin dazu zu bringen, sie in ihrem Zimmer einzuschließen«, fuhr Sanctifer fort, während sein Schwert Christophers Kehle gefährlich nahe kam. »Von dir jedoch war es unklug, dich ausgerechnet im Engelseelensee auf einen Kampf mit mir einzulassen. Einen zweiten in dieser Nacht.«
»Lass sie gehen«, wiederholte Christopher. »Sie hat nichts getan.«
»Ach ja?« Sanctifers Stimme war schneidend. »Sie hat sowohl das Schloss der Engel als auch das Reich der Totenwächterin betreten!«
»Es war ihr nicht bewusst.«
»Aber du hättest es bemerken müssen.«
Christophers gequälter Gesichtsausdruck entsetzte mich. Sanctifer verstand es, ihn zu schwächen.
»Dann werde ich die Konsequenzen tragen«, antwortete Christopher.
»NEIN!«, entfuhr es mir.
»Wie rührend. Ein Mensch stellt sich vor einen Racheengel! Aber ich habe nicht vor, ihn heute zu töten«, beschwichtigte Sanctifer mich, bevor er sich wieder an Christopher wandte. »Wie du weißt, ist sie durch ihre besonderen Erfahrungen ungemein nützlich. Wenn ich dich besiegt habe, werde ich sie zu mir holen. Und jedes Mal, wenn ich in ihre Augen sehe, werde ich deinen Schmerz fühlen.«
Ich rang nach Atem. Sanctifers Worte erstickten mich. Es war ein Fehler gewesen, mich auf ihn einzulassen. Seine Verlockungen waren tödlicher als jedes Gift. Lieber lebte ich mit meiner unerfüllten Liebe, als zuzulassen, dass Christopher an meiner Stelle litt. Ich musste eingreifen! Irgendwo in meiner Nähe lag der Dolch.
Verzweifelt suchte ich nach der Waffe. Meter für Meter tastete ich den nebelverschleierten Boden ab, bis ein unwirklich heller Blitz den Engelseelensee erhellte. Der Feuerball schien geradewegs aus Sanctifers Händen gekommen zu sein.
Christopher wehrte ihn mit einem gezielten Schwerthieb ab. Der nächste Feuerschwall erreichte sein Ziel. Die Flammen loderten Christophers Arme entlang und versengten seine Haut. Ich schrie an seiner Stelle. Christopher hingegen schien dasFeuer kaum zu bemerken. Nur seine verzögerten Bewegungen ließen erkennen, dass er verletzt war.
Wie viele Treffer würde er noch verkraften?
Mit zitternden Fingern suchte ich weiter. Wo war bloß dieser verdammte Dolch?! Die Wucht, mit der die Klingen aufeinandertrafen, wurde stärker. Die Zeit des Taktierens war vorbei. Mir blieb nicht mehr viel Zeit, die Waffe zu finden.
Rubinrot funkelte mir der Edelstein entgegen. Mutig legten sich meine Finger um das verzierte Heft. Niemals zuvor war ich entschlossener. Ich würde Christopher zu Hilfe eilen – egal um welchen Preis.
Christopher entdeckte den Dolch in meiner Hand. Sein flehender Blick bat mich zu fliehen, doch ich konnte nicht. Mein Ablenkungsmanöver sollte ihm genügend Zeit verschaffen, Sanctifer zu überwältigen – das jedenfalls sah mein Plan vor.
Mit erhobener Waffe stürmte ich los. Sanctifer bemerkte mich nicht. Meine Hände wurden feucht. Ich umklammerte das Heft fester. Nur noch wenige Schritte fehlten, dann war ich bei ihm. Ein Feuerball hüllte mich ein. Die Hitze verbrannte meine Haut. Ich schrie – dieses Mal war es mein Schmerz – und lief weiter.
Christopher nutzte Sanctifers Verblüffung, attackierte seinen Gegner und landete einen gewichtigen Treffer. Sanctifer geriet ins Straucheln und änderte seine Richtung. Schwankend kam er auf mich zu. Als mein Dolch aufblitzte, verzog er seinen Mund zu einem widerwärtigen Grinsen.
»Du hast es nicht anders gewollt!« Glühender Zorn verdunkelte seine Augen.
Eine Salve lodernden Feuers blitzte auf. Christophers Blick traf mich, bevor Sanctifers Attacke ihn niederstreckte. Das Strahlen seines Wesens erlosch, während er lautlos zu Boden glitt.
Unbändige Wut stieg in mir auf. Hatte er nicht versprochen,ihn nicht zu töten?! Heißer als Sanctifers Feuer brannte mein Zorn und verlieh mir die nötige Kraft zum Angriff.
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