Schloss der Engel: Roman (German Edition)
nicht! Du hast dich in mich verliebt, weil du dachtest, ich wäre ein Engel!« Ich drängte den bitteren Geschmack in meinem Mund zurück. »Bist du gekommen, weil du dich schuldig fühlst? Hast du mich deshalb vor der Totenwächterin gerettet? Du hättest dir die Mühe sparen können!«
Ich war den Tränen nah. Christophers Schweigen verstärkte meinen Kummer. »Vielleicht ist es besser, wenn du in deine Welt zurückkehrst.« Ich wandte mich zum Gehen, doch Christopher versperrte mir den Weg.
»Ich wusste, dass du tapfer bist, aber dass du bereit bist, nach allem, was du durchgemacht hast, deine Liebe zu opfern, hätte selbst ich nicht für möglich gehalten.«
Ohne weitere Erklärung nahm Christopher mich an der Hand. Wir liefen aus dem Dorf Richtung Berge. Auf einer Felsnase, die den Blick auf das umliegende Tal freigab, setzte er sich und bat mich, neben ihm Platz zu nehmen.
»Es ist Zeit, dass du verstehst, warum ich nicht anders handeln konnte. Darum bitte ich dich, mir bis zum Ende zuzuhören und erst dann eine Entscheidung zu fällen.«
Ich wollte nachhaken, aber sein eindringlicher Blick brachte mich zum Schweigen. Behutsam strich er über meine Finger. Die zärtliche Berührung erinnerte mich daran, wie sehr ich ihn liebte – wie lebensnotwendig er für mich war.
»Es stimmt. Ich dachte, ich hätte das Unmögliche geschafft und mich in einen Engel verliebt. In ein Wesen, das nach seiner Ausbildung fähig ist, an meiner Seite zu bestehen. Als ich erkannte, dass du ein Mensch bist, habe ich meinen Fehler bitter bereut.«
Christopher hielt meine Hand fest, da ich sie ihm entziehen wollte. Seine Augen baten um Vergebung.
»Ich glaubte, du wärst nicht stark genug, und nahm dir deine Erinnerungen. Aber ich habe dich unterschätzt. Du hattest niemals Zweifel an deiner Liebe. Doch das begriff ich erst, als es beinahe zu spät war und du bereit warst, Sanctifers Pakt zu besiegeln.«
Über Christophers Augen huschte eisiges Jadegrün, bevor sie wieder ihren weichen Farbton annahmen.
»Coelestin hat mir einen Weg offenbart, wie ich dich in deiner Welt beschützen kann. Dafür benötige ich jedoch deine Hilfe.«
Ich öffnete den Mund, um sofort meine Zustimmung zu geben, doch Christopher legte mir einen Finger auf die Lippen und brachte mich zum Schweigen.
»Du hast versprochen, bis zum Ende zuzuhören. Die Entscheidung musst du noch vor deiner Abreise ins Internat treffen – allerdings nicht heute. Und ich möchte, dass du dir diesen Schritt gründlich überlegst. Ich kann dich auch von meiner Welt aus beschützen. Solange du mich brauchst, werde ich bei dir bleiben.«
Christophers Versprechen ließ mein Herz höher schlagen. Unsere Blicke trafen sich und verloren sich ineinander.Der Sonntagsbrunch dehnte sich bis zum frühen Nachmittag. Christopher verstand es blendend, meine Eltern für sich zu gewinnen.
Warum überraschte mich das? Selbst mein zurückhaltender Vater taute unter Christophers Charme auf. Am Ende war er überzeugt, mich in guten Händen zu wissen. Als wir uns verabschiedeten, um uns mit meinen Freunden zum Eisessen zu treffen, ermahnte er mich, freundlich zu Christopher zu sein.
Ich schwieg – ich war verunsichert. Würde es mit ihm an meiner Seite immer so sein? Ich, die graue Maus, und er, der strahlende Held? Müsste ich auch in meiner Welt um ihn kämpfen? Christopher beugte sich zu mir herab und flüsterte mir ins Ohr.
»Vergiss nicht: Ich bin nur deinetwegen hier.« Dann wanderte sein Mund weiter und ich verdrängte meine Befürchtungen.
Emilias Pupillen weiteten sich, als ich mit Christopher den Innenhof des Cafés betrat. Auch Lucias und Stefanos Blick blieb an Christopher hängen. Stefanos Haltung veränderte sich sofort. Besitzergreifend legte er einen Arm um Emilias Schulter. Der Einzige, der uns mit einem Lächeln begrüßte, war Philippe. Er war es auch, der Christopher sofort in ein Gespräch verwickelte, fast, als würden sie sich schon seit langem kennen. Vielleicht taten sie das auch – aus Philippes Träumen.
Ich zog mich zurück und beschränkte mich aufs Beobachten. Christopher punktete auch bei meinen Freunden – sein Engelslächeln wirkte wohl bei jedem. Ich wurde von Minute zu Minute schweigsamer und geriet ins Grübeln. War auch ich nur seinem Charme erlegen? Wollte er sich deshalb mit meinen Freunden treffen, damit ich mir seiner übernatürlichen Anziehungskraft bewusst wurde?
Christopher lehnte sich zu mir herüber. Ich fühlte, wie sein Wesen mich
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