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Schloss der Liebe

Titel: Schloss der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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was mich an Euch erinnert fortzuspülen.«
    Gelassen verfolgte er, wie sie mit der Schaufel ausholte. »Ihr wagt es, eine Waffe gegen mich zu richten?« Er unternahm nichts, um ihr Einhalt zu gebieten, sondern blieb vollkommen ruhig stehen. Diese unheimliche, stoische Ruhe war es, wegen der sie sich am liebsten bekreuzigt hätte, als sie ihn, eingerahmt vom Strahlenkranz des Sonnenlichts, das durch das offene Portal fiel, zum ersten Mal im Großen Saal gesehen hatte. Auch heute war er von Kopf bis Fuß in Grau gekleidet. Sie spürte die Wut, die sich hinter seiner Starre verbarg.
    Alles ging so blitzschnell, dass die Ereignisse sie völlig überrumpelten. Ein Schatten fiel auf sie, und im nächsten Moment nahmen sie eine schemenhafte Bewegung wahr. Dann sah Hastings, den Dolch in der Hand des Mannes, die nur einen Lidschlag von Severins Rücken entfernt war. Sie schrie auf und warf sich gegen Severin, der das Gleichgewicht verlor und mit der Seite auf ihr Thymianbeet fiel. Der Dolch blitzte auf und traf seine Schulter.
    Ohne nachzudenken sprang Hastings hoch und stürzte sich auf den Mann, der drohend seinen Dolch hob. Mit aller Kraft hieb sie ihm die Schaufel über den Schädel, die eigenartigerweise einfach an ihm abzuprallen schien. Ihre Finger flogen zu seinen Augen. Es gelang ihm zurückzuweichen, aber es war zu spät.
    Ein wilder, schmerzerfüllter Schrei gellte durch die Luft. Unter ihren Fingernägeln konnte sie Fetzen seines Fleischs fühlen.
    Er bedeckte sein Gesicht mit den Händen und stöhnte. Erneut schlug sie mit der Schaufel zu und versetzte ihm einen so heftigen Tritt in die Leiste, dass er zu Boden ging. Zwei Männer kamen herbeigerannt -doch sie gehörten weder zu Oxboroughs noch zu Severins Leuten. Sie riss dem ächzenden Mann den Dolch aus der schlaffen Hand und stellte sich ihnen entschlossen entgegen. So laut sie konnte schrie sie: »Graelam! A moi! A moi! Beamis!«
    Im nächsten Augenblick waren die Fremden bei ihr, aber der Dolch in ihrer Faust durchschnitt mit wütenden Bewegungen die Luft zwischen ihnen. »Ihr gemeinen Feiglinge, ihr habt doch nicht etwa Angst vor einer Frau? Kommt nur her, ihr feinen Krieger, kommt!«
    »Jawohl«, war eine Stimme hinter ihr zu hören. »Kommt her, damit ich Euch die Kehle durchschneiden kann.«
    Es war Severin. Um ein Haar hätte sie sich zu ihm umgedreht, aber sie wusste, dass das unklug gewesen wäre. Wenn er nicht so schlimm verwundet war, dass er stehen konnte, würde er sie beide retten können. Sie sah sein Schwert aufblitzen und hörte einen der Männer aufschreien, sah, wie das Blut aus seiner Brust schoss, wie er vornüber fiel und knapp vor ihren Füßen niedersank. Der andere der Angreifer war klüger. Die Männer von Oxborough näherten sich, und seine Lage wurde brenzlig. Er drehte sich auf dem Absatz um und gab Fersengeld.
    Hastings wandte sich zu Severin um, der mit erhobenem Schwert dastand, während Blut von der Schneid auf seine Hand tropfte. Seine andere Hand umklammerte seine Schulter, auch hier drang Blut durch seine Finger.
    »Und ich hatte für einen Moment gedacht, Ihr wäret hier sicher«, sagte er. »Ich frage mich, wie es ihnen gelungen ist, in die Burg einzudringen. Sind Eure Männer solche Schlafmützen?«
    Ehe sie noch Gelegenheit hatte zu antworten, ertönte der gellende Schrei eines Mannes. Dann eilten Graelam und Beamis herbei, gefolgt von einer großen Schar anderer Männer. Beamis war blass, sein Blick auf seinen neuen Herrn geheftet. »Ich verstehe nicht, wie sie hereingekommen sind. Ich weiß es nicht, aber es wird nicht wieder Vorkommen, Herr.«
    »Das will ich hoffen, sonst lasse ich Euch sämtliche Knochen im Leib brechen«, drohte Severin. »Ich will den anderen lebend.«
    »Wir haben ihn lebend.«
    »Gut«, sagte Severin zufrieden. »Dann lasst uns hören, was er zu sagen hat.« Er schaute Graelam an, sah dann auf das Blut zwischen seinen Fingern, öffnete mit erstauntem Blick den Mund, fiel wie ein gefällter Baum um und begrub Hastings' Rosmarin und Schwarznessel unter sich.
    Severin spürte den heftigen, stechenden Schmerz, noch bevor er die Augen öffnete. Aber es war nichts weiter als Schmerz, und er wusste aus langer Erfahrung, dass ihm die meisten Schmerzen nichts anhaben konnten. Er war ohnmächtig geworden. Aus den Schuhen gekippt wie ein schwächliches Weib. Verdammt. Er hatte hineingetragen und auf sein Bett gelegt werden müssen. Er spürte, wie das Gefühl, entehrt worden zu sein, in ihm aufstieg.

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