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Schloß Gripsholm

Schloß Gripsholm

Titel: Schloß Gripsholm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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einer nach dem andern, dann drei zu gleicher
    Zeit, und während ich auf meiner Maschine herumhackte,
    bis sie heiß wurde, schrieben die beiden andern emsig ihre
    Bogen voll. Es war wie eins dieser altmodischen Gesell-
    schaftsspiele („Was tut er? — Was tut sie? — Wo lernten sie
    sich kennen?“), und jeder wollte zuerst seins vorlesen, und
    jeder fand seinen Schrieb am allerschönsten und am aller-
    feinsten und die der andern von oben bis unten unmöglich.
    „Unmöglich!“ sagte die Prinzessin. „Dat is ja Kinnerkram is
    dat ja!“ — Ich wollte etwas erwidern. „Du bischa so klug“,
    sagte sie. „Du schast ock mit na Pudel sin Hochtid! Nu do
    mi dat to Leev …“ und dann fing alles wieder von vorn an.
    Schließlich blieben drei Entwürfe übrig — zur engern
    Wahl. Karlchen hatte einen juristischen Brief geschrieben,
    ich einen feinen und die Prinzessin einen klugen. Und den
    nahmen wir.
    Darin war knapp und klar erzählt, was wir gesehen
    hatten und daß wir uns nicht in die Collinschen Familien-
    angelegenheiten einmischen wollten und daß sie nur ja
    nicht an die Frau schreiben sollte, das gäbe bestimmt ein
    Unglück, und sie brauchte sich nicht zu beunruhigen, wir
    würden inzwischen sehen, was sich machen ließe — aber
    sie möchte uns erlauben, einmal mit ihr zu telefonieren.
    „So“, sagte die Prinzessin und klebte zu. „Das hätten wir.
    Gleich weg mit ihm. Auf die Post — !“ Als der Brief in den
    Kasten plumpste, fiel uns je ein Stein vom Herzen. „So ein
    Kind …“ sagte ich. „So ein kleiner Gegenstand — !“ Und
    da lachten mich die beiden heftig aus.
    „Gib mir mal ’n Zigarettchen!“ sagte Karlchen, der gern
    andrer Leute Zigaretten rauchte und ihre Zahnpasten be-
    nutzte. („Freundschaft muß man ausnutzen“, pflegte er zu
    sagen.) „Wißt ihr auch,“ sagte er in die abendliche Stille,
    während wir langsam durch die Straßen von Mariefred
    gingen und uns die Schaufenster ansahen, „daß ich mor-
    gen abend fahre?“ Bumm — das hatten wir vergessen. Die
    acht Tage waren um — ja —
    „Wollen Sie nich noch ’n büschen bei uns bleiben, Kar-
    ling?“ fragte die Prinzessin. „Gnädigste,“ sagte der lange
    Lümmel und streckte den Arm aus, „leider läuft mein Ur-
    laub ab — ich muß. Ich muß. Herrschaften, das war aber
    eine anstrengende Konferenz!“ Er blieb stehen. „Na, du
    bist doch Experte in Konferenzen … du Beamter!“ — „Ich
    schimpfe dich auch nicht Literat, du Buffke. Der alte Eu-
    gen Ernst sagte immer: Wenn einer nichts zu tun hat, dann
    holt er die andern, und dann machen sie eine Konferenz.
    Und zum Schluß, wenn alle geredet haben, dann konsta-
    tiert er. Und dann ist es aus. Und jetzt setz dich noch mal
    an deinen Schreibpflug und schreibe für Jakopp ein Karten-
    telegramm!“ Das tat ich.
    „Ich finde,“ sagte ich zu Karlchen, „es muß ein Einwort-
    Telegramm sein. Es wird sonst zu teuer. Da:
    Drahtetsofortobhiesigenmälarsee-
    zwecksbewässerungkäuflicherwerben-
    wolltwassergarantiertechtallerdingsnur-
    zuschwimmzweckengeeignetfasthoch-
    achtungsvollfritzchenundkarlchenwasser-
    oberkommissäre.“
    „Na, da wollen wir ihm den Abschiedstrunk rüsten, was?“
    sagte Lydia. Wir rüsteten. Wir krochen umher und plag-
    ten die gute Schloßdame, auf daß wir etwas zu trinken
    bekämen; wir kauften ein und fanden es alles nicht schön
    genug; wir stellten auf und packten aus, und … „Was gibt
    es zu essen?“ erkundigte sich Karlchen. „Was möchten
    Sie denn?“ fragte die Prinzessin. „Ich möchte am liebsten
    Murmeltierschwanzsuppe.“ — „Wie bitte?“ — „Kennt ihr
    das nicht? Die jungen Leute! Zu meiner Zeit … Also Mur-
    meltierschwanzsuppe wird im hohen Norden von den Es-
    kimos gewonnen. Sie jagen das Murmeltier so lange, bis es
    vor Schreck den Schwanz verliert, und auf diese Weise — “
    Worauf wir ihm zwei Kissen an den Kopf warfen, und dann
    gingen wir hinunter und aßen.
    „Ich möchte eigentlich noch über Ulm fahren“, sagte
    Karlchen. „Da habe ich eine Braut zu stehn — die hätte ich
    gern überhört.“ — „Sie sollten sich was schämen!“ sagte
    die Prinzessin. „Ist sie hübsch?“ fragte ich. „Na, wie wird
    sie schon sein … deine Weiber …“ Er grinste, und: Deine
    vielleicht … konnte er ja jetzt nicht sagen. „Wie willst du
    über Ulm fahren?“ fragte ich. „Da kommst du doch gar
    nicht hin!“ — „Ich fahre auch nicht“, sagte Karlchen. „Ich
    möchte bloß mal

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