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Schloß Gripsholm

Schloß Gripsholm

Titel: Schloß Gripsholm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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Räder, und
    dann winkte er, und dann verschwand das Bähnlein um
    die Ecke, und dann sahen wir gar nichts mehr.
    Und am nächsten Mittag trafen vier Postkarten ein:
    von jeder größern Station eine — bis nach Stockholm. Auf
    der letzten stand folgendes:
    „Liebe Toni!
    Laß Dich auf keinen Fall auf die Polizei bestellen wegen
    der falschen Eintragung im Hotel — vom 15.! Bleibe even-
    tuell fest und steif dabei, daß Du meine Tochter wärst!
    Lieber Freund, ehe ich heute abend fortfuhr, habe ich
    Dich noch einmal von der Seite angesehn und muß sagen,
    daß ich aufrichtig erschrocken war. Ich glaube, Dir fallen
    die Haare aus. Lieber Freund! Das ist mehr als ein Anzei-
    chen — das ist ein Symptom!
    Sucht nicht vergeblich nach dem zweiten Kanarienvo-
    gel — ich habe ihn für meine lieben Kinderchen mitge-
    nommen. Wo ist der Esel?
    Liebe Marie, sieh doch bitte sofort nach, wo mein Siegel-
    ring geblieben ist — er muß unter Deinem Kopfkissen lie-
    gen. Ich weiß es bestimmt.
    Schade um meinen vertanenen Urlaub!
    Ich bin immerdar
    Euer liebes
    Karlchen.“
    VIERTES KAPITEL
    Wennt unse Paster man nich süht,
    mit unsen Herrgott will ick woll
    färdig werden, sä de Bur — dor
    makt he sin Heu an Sünndag.
    1
    „Wie ist denn das alles so plötzlich gekommen?“ fragte die
    Prinzessin, als ich aus der Kerze seitlich umfiel.
    Wir turnten. Lydia turnte, ich turnte — und hinten un-
    ter den Bäumen kugelte sich Billie umher. Billie war kein
    Mann, sondern hieß Sibylle und war eine Mädchenfrau.
    „Junge, ja …“ sagte die Prinzessin und ließ sich hochatmend
    zu Boden fallen, „wenn wir davon nicht klug und schön
    werden …“ — „Und dünn“, sagte ich und setzte mich ne-
    ben sie. „Wie findest du sie?“ fragte die Prinzessin und
    deutete mit dem Kopf nach den Bäumen hinüber.
    „Gut“, sagte ich. „Das ist mal ein nettes Mädchen: lustig;
    verspielt; ernst, wenn sie will — komm an mein Herz!“ —
    „Wer?“ — „Sie.“ — „Daddy, mit dem Herzen … diese Dame
    hat sich eben ierst von ihren Freund gietrennt, abers ganz
    akrat un edel und in alle Freundlichkeit.“ — „Wer war
    das doch gleich?“ — „Der Maler. Ein anständiger Junge —
    aber es ging nicht mehr. Frag sie nicht danach, sie mag
    nicht davon sprechen. Solche Suppen soll man allein aus-
    löffeln.“ — „Wie lange kennt ihr euch eigentlich?“ — „Na,
    gut und gern zehn Jahre. Billie … das ist eben mein Karl-
    chen, weißt du? Ich mag sie. Und zwischen uns hat noch
    nie ein Mann gestanden — das kann ich mir überhaupt
    nicht vorstellen. Sieh mal, wie sie läuft! Se löpt, as wenn er
    de Büx brennt!“
    Sibylle kam herüber.
    Es war schön, sie laufen zu sehn; sie hatte lange
    Beine, einen gestrafften Oberkörper, und ihr dunkelblaues
    Schwimmkostüm leuchtete auf dem rasigen Grün.
    „Na, ihr Affen“, sagte Billie und ließ sich neben uns
    nieder. „Wie wars?“ — „Gedeihlich“, sagte die Prinzessin.
    „Der Dicke hat geturnt, gleich kommen ihm die Knie zum
    Halse heraus … er ist sehr brav. Wie lange springst du jetzt
    Seilchen?“ — „Drei Minuten“, sagte ich und war furchtbar
    stolz. „Wie haben Sie geschlafen, Billie?“
    „Ganz gut. Wir dachten doch erst, als uns die Frau das
    kleine Zimmer ausgeräumt hatte, es wäre zu heiß wegen
    der Sonne, die da den ganzen Tag drin ist … Aber so heiß
    ist das hier gar nicht. Nein, ich habe ganz gut geschlafen.“
    Wir sahen alle aufmerksam vor uns hin und wippten hin
    und her.
    „Hübsch, daß du hergekommen bist“, sagte die Prinzes-
    sin und kitzelte Billie mit einem langen Halm am Nacken,
    ganz leise. „Wir hatten vor, hier wie die Einsiedler zu le-
    ben — aber dann war erst sein Freund Karlchen da, und
    jetzt du — aber es ist doch so schön still und friedlich …
    nein … wirklich …“ — „Sie sind sehr gütig, mein Frollein“,
    sagte Billie und lachte. Ich liebte sie wegen dieses Lachens;
    manchmal war es silbern, aber manchmal kam es aus ei-
    ner Taubenkehle — dann gurrte sie, wenn sie lachte. „Was
    haben Sie da für einen hübschen Ring, Billie“, sagte ich.
    „Nichts … das ist ein kleiner Vormittagsring …“ — „Zeigen
    Sie mal … ein Opal? Der bringt … das wissen Sie doch …
    Opale bringen Unglück!“ — „Mir nicht, Herr Peter, mir
    nicht. Soll ich vielleicht einen Diamanten tragen?“ — „Na-
    türlich. Und mit dem müssen Sie dann im Schambah Ze-
    pareh Ihren Namen in den Spiegel

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