Schlucht der Daemonen
würden sie der Aussage Donovans vorbehaltlos Glauben schenken. Aber nach all dem, was bisher passiert war, hielten sie es zumindest für angebracht, den Cowboy erst einmal ausreden zu lassen.
»Es gibt«, fuhr Donovan nun gedämpft und den Blick in eine weite Ferne gerichtet fort, »eine Legende, die sich um den Schatz der Kitanemuk rankt. Bevor die letzten Kitanemuk vor fast hundert Jahren von ihrem Land vertrieben und in ein Reservat gebracht wurden, soll der Häuptling des Stammes Grauer Wolf ein Versteck für den Stammesschatz gesucht haben, denn er wollte nicht, dass der in die Hände der Weißen fällt. Und die Legende will, dass er den Schatz so versteckt hat, dass die Fellmusterung seines gescheckten Pferdes Steppendonner als Schatzkarte dienen konnte. Er hatte sich also eine Gegend in der Wüste gesucht, für die das Fell des Pferdes gleichsam als Abbildung angesehen werden konnte.«
»Die Fellmusterung bildete die Wüstenlandschaft ab?«, fragte Justus verblüfft.
»Bis ins Detail«, nickte Donovan. »Felsformationen, Bachläufe, Senken und Höhen und – das Versteck. Alles muss sich auf dem Fell von Steppendonner wiedergefunden haben.«
»Unglaublich!«, stieß Bob hervor.
»Aber – wenn man der Legende glauben will – wahr!« Donovans Blick glitt wieder auf das Foto seines Pferdes. Dann erzählte er weiter.
»Nach dem Verstecken des Schatzes jagte Grauer Wolf sein Pferd davon und führte dann sein Volk fort aus seinem angestammten Land in das vorgesehene Reservat. Die Sage berichtet aber nun, dass Steppendonner zu seinen wilden Artgenossen zurückgefunden hat und dereinst einen Nachkommen haben wird, der wieder das Fellmuster seines Urahnen hat und somit verrät, wo der Schatz ist.«
Den drei ??? dämmerte, worauf Donovan hinauswollte. »Und Sie glauben nun, dass Ihr Pferd, dass Lady gestohlen wurde, weil …?«, überlegte Peter und ließ den Rest des Satzes unausgesprochen.
Donovans Augen hoben sich langsam und richteten sich auf Peter. Dann sagte er – und seine Stimme ließ keinen Zweifel, dass das, was er von sich gab, mehr als eine bloße Information war: »Mein Vater hat Lady vor mehr als 25 Jahren aus einer Herde wilder Mustangs gefangen – in der Mojave-Wüste.«
Peter und Bob sahen sich entgeistert an, aber Justus machte ein eher skeptisches Gesicht.
»Sie denken also, ihr Pferd wurde gestohlen, weil es eine Art lebende Schatzkarte für den Schatz der Kitanemuk ist?«
»Das ist für mich die einzig plausible Erklärung für alles«, erwiderte Donovan leise.
»Gut. Nehmen wir mal an«, meinte Justus darauf nachdenklich, »diese Legende spielt bei dem Diebstahl wirklich eine Rolle. Halten Sie es denn überhaupt für möglich, dass es jemals zwei Pferde gegeben hat oder geben wird, deren Fellzeichnung absolut identisch ist?«
»Möglich ist alles.« Donovan hob unbestimmt die Schultern.
»Aber warum haben die Ganoven dann nicht einfach ein paar Fotos von Lady gemacht? Sie mussten doch Ihr Pferd gar nicht stehlen, wenn es nur um die Fellmusterung ging!«
»Doch!«, antwortete der Cowboy energisch. »Dieser Diebstahl und die Tatsache, dass Jones dabei von einem Indianer niedergeschlagen wurde, beweisen mir, dass Kitanemuk hinter allem stecken. Und die Kitanemuk mussten das Pferd stehlen, weil es ihnen eigentlich gar nicht um den Schatz geht. Das heißt, es geht ihnen schon um den Schatz, aber nur indirekt.«
»Hä?«, krächzte Peter. »Das versteh ich jetzt nicht. Es geht um den Schatz, aber eigentlich doch nicht, doch eigentlich schon – indirekt?«
Auch Justus und Bob schauten einigermaßen verwirrt drein.
»Die Kitanemuk wollen den Schatz nicht heben«, erklärte Donovan den drei verdutzten Jungen, »sondern genau das verhindern. Sie wollen nicht, dass jemand anderes Lady entdeckt und sich dann womöglich mit ihrer Hilfe den Schatz holt. Das ist die eine Sache.«
»Und die andere?«, fragte Justus, da Donovan nicht fortfuhr.
Der Cowboy zögerte. »Es gibt da noch etwas. Die Legende verspricht, dass jener Nachfahre von Steppendonner, sollte er dereinst existieren, die Kitanemuk in einen Kampf führen wird, an dessen Ende sie wieder in alter Macht und Größe erstrahlen und wieder Herr über ihr angestammtes Land sein werden.«
»Uff!«, machte Bob. »Wer glaubt denn so was? Kein vernünftiger Mensch von heute kann doch ernsthaft der Meinung sein, dass das Schicksal eines Volkes von einem Pferd abhängig ist!«
»Das ist ein Problem«, sagte Justus gedankenverloren, so
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