Schlucht der Daemonen
als hätte er Bobs Einwand gar nicht gehört.
»Was ist ein Problem, Erster?«, wunderte sich Peter. »Sag jetzt nicht, dass dahinter irgendeine wissenschaftlich erwiesene Tatsache steht. Womöglich dass der Mensch jetzt doch vom Pferd abstammt und nur seinen ureigensten Instinkten gehorcht, wenn er ihm in die Schlacht folgt!«
»Blödsinn!«, blaffte Justus. »Ich stelle mir nur gerade vor, wie es auf heutige Indianer, die ja sehr oft in ärmlichen Verhältnissen leben und sozial immer noch benachteiligt sind, wirkt, wenn sie von solch einer Legende hören. Ich frage mich, ob es nicht einige unter ihnen gibt, die nur allzu bereit sind, nach so einem Strohhalm zu greifen, um einen Ausweg aus ihrer Misere zu finden.«
»Genau das befürchte ich auch«, stimmte Donovan zu. »Leute, denen es schlecht geht, sind sehr empfänglich für allen möglichen Kram, Hauptsache, er verspricht ihnen das Blaue vom Himmel. Und in Anbetracht der von Justus angesprochenen sozialen Probleme unter den Indianern könnte so eine wiederbelebte Sage durchaus für Unruhe sorgen.«
»Sie meinen, da gehen jetzt Indianer auf die Straße und zetteln irgendwelche Aufstände an, weil sie glauben, dass ihre alten glorreichen Zeiten wieder anbrechen, jetzt, wo sie das sagenumwobene Pferd gefunden haben?« Bob begriff allmählich, worauf Donovan und Justus hinauswollten.
»So ungefähr«, nickte der Cowboy ernst. »Und ich könnte mir sogar vorstellen, dass irgendein skrupelloser Geschäftsmann dahintersteckt, der die Leichtgläubigkeit und das Elend der übrig gebliebenen Kitanemuk nur für seine Zwecke ausnutzen will. Wer weiß, vielleicht gibt es jemanden, der aus solchen Unruhen irgendeinen abartigen Nutzen zieht.«
»Was sollte das sein?«, fragte Peter unschuldig. »Reißender Absatz von Tomahawks und Skalpmessern?«
»Das ist nicht lustig, Zweiter!«, wies ihn Justus zurecht. »Die Sache ist durchaus ernst zu nehmen!«
»Is ja gut«, grummelte Peter.
»Noch etwas verstehe ich nicht«, fiel Bob in diesem Moment ein. »Woher hätten die Kitanemuk, oder wer auch immer dahinter steckt, wissen sollen, dass Ladys Fellzeichnung derjenigen von Steppendonner entspricht? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Foto von einem Indianerpferd aus dem 19. Jahrhundert existiert, und einen lückenlosen Stammbaum dürfte Steppendonner auch nicht haben, wenn er jahrelang frei in der Wildnis herumgaloppiert ist.«
Donovan zuckte ratlos mit den Schultern. »Es muss noch irgendeinen Hinweis geben, der den Kitanemuk sagt, dass Lady die gewissermaßen detailgenaue Wiedergeburt von Steppendonner ist, und der unter ihnen von Generation zu Generation weitergegeben wurde, ohne dass Außenstehende davon etwas mitbekommen haben. Anders kann ich mir das nicht erklären.«
»Hm«, machte Justus, dem das alles irgendwie nicht gefiel.
Donovan zog die Landkarten auf dem Schreibtisch zu sich heran und entfaltete die erste. »Ich denke, wir sollten zunächst einmal überprüfen, ob Ladys Fellmusterung wirklich irgend-wo eine Entsprechung in der Mojave-Wüste findet. Erst wenn das geklärt ist, wissen wir, ob wir mit all unseren Vermutungen richtigliegen.«
Die drei ??? waren einverstanden mit diesem Vorschlag und griffen sich jeder einen der Pläne. Das Foto von Lady blieb dabei auf dem Schreibtisch liegen, sodass jeder seine Karte oder Teile daraus mit dem Fell vergleichen konnte.
Doch die Enge in dem kleinen Campinganhänger machte das ganze Unternehmen zu einer äußerst mühseligen Angelegenheit. Die zum Teil riesigen Landkarten wurden irgendwo auf den Boden gelegt, dann lief mal der eine, mal der andere und oft genug auch alle auf einmal zum Schreibtisch, knüllte die Karte irgendwie über das Foto, versuchte durch das Papier hindurchzuspähen, hielt beides hoch gegen das Licht, zwängte sich danach wieder an den anderen vorbei auf den Boden, suchte weiter, stolperte wieder zurück. Und dabei kam erschwerend hinzu, dass die Maßstäbe der Karten unterschiedlich waren und die Größenverhältnisse insgesamt mit den Linien auf Ladys Fell wenn, dann nur zufälligerweise übereinstimmen konnten. Vielleicht waren hier und da sogar identische Formen vorhanden, aber die Chance, sie zu übersehen, war einfach sehr groß, weil ein Fleck auf der Flanke des Pferdes in Wirklichkeit möglicherweise eine zweihundert Meter breite Senke war, die je nach Karte einmal zwei, ein anderes Mal zwanzig Zentimeter maß.
»So wird das nichts!«, moserte Justus daher nach einiger Zeit.
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