Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
... ach, für alle. Am liebsten würde ich die ganze Welt retten. Aber erst mal Heiner und, ja, das muss wohl sein, Monique.
»Eine Leiter!«, rufe ich.
»Was willst du jetzt mit einer Leiter?«, fragt Olaf verblüfft. Ich zeige in Richtung des brennenden Hause. »Auch das noch!«, stößt er hervor. »Los, kommt mir!« Wir befreien eine zum Glück recht lange Leiter von tütenweise Designerhauszierrat und hasten los. Es ist ziemlich anstrengend mit einem Feuerlöscher in der einen Hand und der Leiter unter dem anderen Arm, aber schließlich schaffen wir es und stehen vor dem W2XL Maximum B3.2 ÖSP Primus Luxus.
»Ihr müsst jetzt aus dem Fenster raus und an den Steighilfen für den Schornsteinfeger das Dach runterklettern!«, befehle ich und lehne die Leiter am Haus an.
»Ich kann nicht!«, kreischt Monique, deren eines Bein immerhin schon ungelenk aus dem Fenster hängt. Okay, in der Aufmachung könnte ich das wohl auch nicht: Monique trägt ein rosa Satin-Negligé mit Spitzeneinsatz und dazu farblich passende Pantoletten, mindestens neun Zentimeter hoch, die vorne so einen kleinen Federpuschel haben. Das perfekte Outfit, um einer Feuersbrunst zu entkommen.
»Doch, du kannst«, brülle ich zurück. Und tatsächlich: Sie tut, was ich sage, Heiner klettert hinterher, und wir rennen alle zurück ins Lager, zurück zu den anderen Feuerlöschern.
»Was jetzt?« Olaf und die anderen schauen mich erwartungsvoll an.
Wie kommen wir hier bloß raus? Ich habe doch schon etliche Survival-Soaps im Fernsehen gesehen, da muss doch eine brauchbare Szene dabei gewesen sein! Wir bräuchten ... ein Fahrzeug.
»Die Limousine!«, rufe ich. »Steht die noch da drüben?« Ich deute in die Richtung, in der ich das fahrende Phallussymbol vermute. Der Massivhausboss nickt.
»Schlüssel?«
»Sind hier dran«, sagt Olaf, nachdem er den Schlüsselbund überprüft hat.
»Aber ... aber da brennt alles!«, kreischen Monique und die Moderatorin, die sich aneinandergeklammert haben wie neue beste Freundinnen, im Chor. Sie haben Recht: Der Rasen, die Holzböcke und der Bühnenaufbau des Fertighauswettkampfes zwischen der Limousine und uns brennen. Und zwar wie Zunder.
»Jeder nimmt sich einen Feuerlöscher«, donnere ich sie an. »Und dann bilden wir eine Schildkröte. Habt ihr alle mal einen Gladiatorenfilm gesehen? Okay, dann wisst ihr, was ich meine. Wir kämpfen uns zur Limousine vor, steigen ein und durchbrechen mit ihr die Feuerwand. Olaf, du wirst fahren.«
Monique und die Moderatorin haben leider nicht verstanden, was ich meine, daher muss ich sie in die von mit gewünschte Formation einweisen. »Wir bleiben alle zusammen!«, schärfe ich ihnen ein.
»Aber nur, bis wir hier raus sind«, stellt Olaf noch klar. Ich hänge mir die pitschnasse Aerobic-Tasche mit dem Geld um.
»Das ist ja meine Tasche!«, hüstelt Monique. Kaum geht es um ihr Hab und Gut, ist die Panik wie verfolgen.
»Es war deine Tasche. Jetzt gehört sie mir«, entgegne ich und drücke ihr einen der Feuerwehrlöscher in die Hand, der farblich überhaupt nicht zu ihrem Negligé passt.
Dann wagen wir uns in die Hölle. Eine Schildkröte, die weißen Löschschaum auskotzt. Muss toll aussehen. Aber es klappt!
Das Feuer hat die Limousine noch nicht erreicht. Wir springen hinein, Olaf startet, beschleunigt –
– und wir durchbrechen die Flammenwand!
15. Kapitel:
Auf und davon
Sonntag, 22. Mai – ein neuer Tag
»Was soll denn das jetzt?«, fragt der Massivhausboss, als Olaf auf dem Parkplatz vor der Massivhaussiedlung anhält.
»Silke und ich steigen hier aus«, antwortet Olaf.
»Moment«, sage ich, greife in die Aerobic-Tasche und ziehe einen feuchten Hundert-Euro-Schein heraus, den ich dem Herrn der Fertighäuser überreiche. »Spritgeld. Ich möchte Ihnen nichts schuldig sein.«
Er sieht mich verdattert an. Heiner, Monique und die Moderatorin folgen seinem Beispiel. Olaf lächelt und sagt: »Komm, wir fahren!«
Er geht zum roten Alfa Romeo Cabrio und hält mir die Beifahrertür auf. Ich lasse mich auf den Sitz gleiten.
Der Motor startet mit einem leisen Blubbern. Olaf lässt das Verdeck mit einem Knopfdruck aufklappen. Wir fahren vom Parkplatz herunter. Hinter uns lodern die Flammen, eine gigantische Kulisse brennender Häuser. Unsere Vergangenheit wird zu Licht, zu Rauch, zu Asche. Vor uns liegt die unendliche Landstraße. Es wird draußen schon heller, ein neuer Tag beginnt. Olaf dreht das Radio an. Die Talking Heads singen Burning down the
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