Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
Cha-Cha-Cha unweigerlich auf die Füße tritt. Er kann froh sein, dass ich meine Killer-Stilettos nicht trage.
»Nein, das ist Löschwasser. Man kann ja nie wissen. Falls etwas außer Kontrolle gerät.« Süß, wie umsichtig er ist! Wir wollen zündeln, und der Mann denkt schon ans Löschen.
Wir heben die schützende Plexiglashaube vom Massivhausparkmodell, und ich darf, von Olaf argwöhnisch beobachtet, drei Tropfen Spiritus darauf träufeln. Dann reißen wir gemeinsam ein Streichholz an, gehen ein paar Schritte zurück – und werfen es aus sicherer Entfernung gen Modell.
Es erlischt noch im Flug und fällt ungefähr einen Meter vom Ziel entfernt auf den Hallenboden.
»Hmm«, sagt Olaf. »Vielleicht sollten wir uns einen elektrischen Fernzünder besorgen?«
»Ach was«, sage ich, denn mir reicht das jetzt langsam. »Ich probiere jetzt mal was aus.«
»Okay.«
Ich nehme die Spiritusflasche und tränke all die kleinen Sperrholzhäuschen großzügig. Die stinkende Flüssigkeit verteilt sich gut über das ganze Modellgelände.
»Das liegt an den Zierteichen. Die sind hier im Modell, genau wie da draußen, mit einem Kanalsystem untereinander verbunden«, erklärt Olaf.
»Geh schon mal in Deckung«, weise ich Olaf an, der sich daraufhin hinter der vollen Badewanne verkriecht. Ich zünde ein neues Streichholz an, nähere mich vorsichtig mit ausgestrecktem Arm einer Ecke des Modells. Denke einen Moment nach. Denke an alles, was passiert ist. Und mit einem undeutlichen Gefühl der Vorfreude an alles, was in meiner Zukunft noch passieren wird. Und dann lasse das Streichholz fallen –
– wuuusch! Das ganze Ding steht in Flammen. Es lodert so hell und fröhlich wie der Adventskranz von Heiners Mutter vor ein paar Jahren, den sie mit schon völlig heruntergebrannten Kerzen bestückt hatte (»Die sind doch noch gut! Man muss nicht jedes Jahr neue kaufen!«). Völlig fasziniert betrachten wir das leuchtende, knisternde, in sich zusammenfallende Modell. Das Designerhäuschen brennt am längsten.
Der Exorzismus wirkt. Plötzlich kann ich mir meine Zukunft vorstellen. Ich sehe mich mit meiner Tochter ins Museum gehen – es könnte das MoMa sein – und durch den Wald rennen. Ich sehe Olaf, seinen neuen Freund (der aussieht wie Brad Pitt in besser), meine Tochter, einen weiteren Mann (der aussieht wie der Bruder von »Brad Pitt in besser«) und mich an einem runden Tisch sitzen und Hirschgulasch essen, dass Olaf gekocht hat. Ich sehe mich eine Treppe zu einem runden Häuschen hinaufsteigen, das aussieht wie ein soeben gelandetes UFO und dessen knallrote Farbe einen schönen Kontrast zum dunklen Grün des Wäldchens bildet, vor dem es steht. Ich kann alles ganz genau sehen – und es sieht toll aus!
»Schön!«, sage ich.
»Ja«, sagt Olaf.
»Und wie schön sich die Flammen in den Fenstern spiegeln! So sieht das alles viel größer aus.«
»Das ... das ist keine Spiegelung!« Olaf guckt plötzlich ganz erschrocken. »Ich glaube, da draußen brennt es auch.«
Wir packen meine Tasche und die Tüten und rennen raus.
Die ganze Siedlung lodert!
Es brennt überall um uns herum, meterhohe Flammenwände umzingeln uns. »Die Zierteichkanäle«, ruft Olaf entsetzt, »jemand muss irgendetwas Brennbares hineingegossen und angezündet haben!« In echt sieht das doch etwas imposanter aus als beim Modell. Wer auch immer das getan hat, auf jeden Fall hat er eindeutig mehr technisches Knowhow als Olaf und ich.
Einige der Häuser sind schon schwer angeschlagen, andere sehen noch unversehrt aus. Es ist brüllend heiß, Funken schweben wie Glühwürmchen auf Ecstasy durch die Luft. Hier kommen wir nicht weiter, die Flammen umschließen den Eingang. Olaf zieht mich in die Halle zurück, in der es auch nicht mehr so gemütlich ist. Das brennende Massivhausparkmodell hat angefangen zu qualmen und zu stinken. Olaf bekommt einen Hustenanfall. Ich renne mit ihm zur vollen Badewanne und werfe den Inhalt der Aldi-Tüten hinein. Meine ganzen Klamotten. Die mit Wasser vollgesogenen Teile fische ich wieder heraus und lege sie uns über die Schultern. Olaf behänge ich mit dem Ibiza-Kleid. Steht ihm. Besser als mir. Dann gebe ich ihm eine meiner pitschnassen Unterhosen. »Nimm die als Mundschutz.«
Wir stecken unsere Köpfe ins Wasser, damit die Haare nass werden. Ich rette meinen Teddy, stopfe ihn in meine Glückssocken und stecke mir das ganze Paket tief in den Ausschnitt, bade noch schnell die Tasche mit den Scheinen und frage: »Wo ist der
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