Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
Vom Netzwerk:
und Nathaniel kletterte über die Oberkante der Hecke. Sie schwankte, hielt sein Gewicht aber, und Valender, der etwas kräftiger und schwerer war, wagte sich, ihm zu folgen. Rasch hatte er die Hecke überklettert und zupfte sich Blattwerk von der Kleidung.
    Sie eilten zum Gebäude und pressten sich an die Mauer, um nicht entdeckt zu werden, sollte zufällig jemand aus dem Fenster blicken. Im Erdgeschoss waren alle Fenster vergittert, es blieb also nur die Option, ins erste Stockwerk zu klettern. Die Rosen, die sich wie vermutet an einem Eisengitter emporarbeiteten, hatten leider sehr viel mehr Dornen, als Valender angenommen hatte. Er hätte an Handschuhe denken sollen.
    Er sah nach oben und wägte seine Möglichkeiten ab. Einige Fen s ter waren buttrig gelb erleuchtet, andere waren schwarz und in ein i gen war zu erkennen, dass im Zimmer selbst zwar keine Lampe en t zündet war, allerdings die Tür zu einem weitere n Raum oder einem Flur geöffnet stehen musste, sodass indirekt ein wenig Licht einfiel. Einen solchen Raum wählte er aus. Er deutete mit der Hand zu dem zur Hälfte geöffneten Fenster und lehnte sich näher zu Nathaniel, um flüstern zu können.
    „ Dort können wir es versuchen. Wenn wir erst mal drin sind, s e hen wir weiter.“
    Nathaniel rüttelte leicht an der Kletterhilfe für die Rosen. Sie brach nicht aus der Wand heraus, machte allerdings auch nicht den A n schein, als würde es größeres Gewicht tragen. „Nacheinander“, formten Nathaniels Lippen. „Du zuerst.“
    Valender zog seinen Mantel aus, faltete ihn zusammen und legte ihn auf die Erde. Dann erinnerte er sich daran, kein Buchhändler zu sein , sondern Soldat – er vergaß das manchmal – und begann den Aufstieg. Er musste sich bewegen, als würde er auf rohen Eiern ta n zen; die kleinste ruckartige Bewegung könnte dazu führen, dass das Gitter aus dem morschen Gemäuer brach. Halt zu finden war schwierig, und immer wieder musste er in Dornen greifen, die ihm die Handflächen aufrissen.
    Endlich hatte er das Fenster erreicht und lugte von der Seite vo r sichtig hinein. Um sich im Blick einer Puppe wiederzufinden, deren Augen sich erschrocken weiteten. Sie trat zwei Schritte zurück und ließ einen kleinen, spitzen Schrei frei. Dann warf sie sich herum und floh in den Korridor. Valender wäre sofort verschwunden, aber am Gitter herab zu klettern, stellte sich als noch schwieriger heraus, weil er nicht sah, wohin er treten konnte, und sich jede Strebe vorsichtig mit den Fußspitzen suchen musste. Zum Springen war es noch zu hoch. Er war gerade erst einen knappen Meter unter dem Fenster und ein Sprung inzwischen denkbar, wenn auch nicht anzuraten, als er hörte, wie das Fenster geöffnet wurde. Und im nächsten Moment tauchte Ceras Gesicht über dem Sims auf.
    „ Valender“, rief sie leise. Sein Name klang von ihren Lippen wie eine Antwort auf eine weltbewegende Frage.
    Er kletterte sofort wieder hoch. Die Bienen, die in den Rosen ihre Ruhe haben wollten, umschwirrten ihn inzwischen verärgert, und an irgendeiner Ecke oder einem größeren Dorn schlitzte er sich das Hemd auf. Er ignorierte beides und gleichzeitig seine so zukunftsor i entierte Vernunft. Für den Augenblick zählte nur eines.
    Cera. In ihre Augen zu sehen. Ihre Haut zu berühren. Ihre Stimme zu hören.
    „ Du bist gekommen“, flüsterte sie, und ihre Fingerspitzen fuhren ihm über die Wange wie eine Träne, die noch nicht geweint war.
    Er griff nach ihrer Hand, drückte sie und genoss den Schmerz der kleinen Wunden, die die Dornen verursacht hatten. „Verzeih. Ich bin so spät. Ich wusste ja nicht … ich dachte, du würdest mich nicht sehen wollen.“
    Cera sah sich nervös über ihre Schulter um. Die Puppe, die er e r schreckt hatte, schien für Cera an der Tür zu wachen, aber es könnte jederzeit jemand anders kommen.
    „ Aber warum denn das nicht?“, fragte sie.
    Mit eisiger Erkenntnis begriff Valender, dass sie von seiner Affäre mit Mrs Keyman nichts wusste. Er würde es ihr sagen müssen …
    „ Ich habe nicht viel Zeit, gleich muss ich wieder auf der Bühne sein“, meinte Cera. „Ich darf ihn jetzt nicht misstrauisch machen, sonst ist es aus mit mir.“ Wie nüchtern sie das sagte! Es entsetzte ihn.
    „ Ich habe gehört, was er dir antut, Cera. Ich will dich hier raush o len. Wenn du ...“ bereit bist, einen Betrug zu verzeihen, „wenn du das willst.“
    „ Valender!“, drängte Nathaniel unten. „Heute noch!“
    Er konnte sich irren, aber

Weitere Kostenlose Bücher