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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
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trocknen ließ – so viel Zeit hatte er nicht – geriet die Fälschung ein wenig dilettantisch. Er wü r de das Bild niemals jemandem zeigen! Doch letztlich entstand auf der Leinwand ein Abbild des Gemäldes, das in Lyssandra Keymans Büro hing, einmal abgesehen vom Hintergrund, den er sich aus Zei t gründen schenkte. Doch das Pferd gelang ansehnlich und der Reiter … nun, er war wiederzuerkennen. Nathaniel fälschte zuletzt die Si g natur des ihm unbekannten Malers – das war leicht und müsste the o retisch ausreichen.
    Als er fertig war, berührte er den Reiter an der Jacke und verwisc h te die Farbe. Mit aller Konzentration kapselte er in seiner Fantasie einen kleinen Teil seiner Seele ab, stellte sich ein scharfes Messer vor, setzte einen beherzten Schnitt und spürte den Schmerz seinen Leib durchfahren. Er stöhnte unter zusammengepressten Lippen auf. Se i ne Seele sah inzwischen nicht besser aus als ein uralter Straßenkater nach zahlreichen Revierkämpfen: an allen Ecken vernarbt, hie und da fehlte ein Stück Haut und das Misstrauen war längst zu einer schützenden Schale aus Ablehnung gereift. Doch nun gab es kein Zurück mehr, und er musste sich beeilen, denn das abgetrennte Se e lenfragment begann schon zu verfallen. Er sandte es über seine Hand in das Gemälde und schickte den Zauber mit, der dafür sorgte, dass das Bild zum Leben erweckt wurde.
    Ein paar Sekunden geschah gar nichts. Dann bewegten sich die Augen des Reiters. Seine Blicke tasteten sich von der linken zur rec h ten Seite und wieder zurück. Er räusperte sich. „In was für einem Schweinestall bin ich nun wieder gelandet?“
    Nathaniel spielte Verlegenheit vor, denn er wusste, dass Gemälde leicht zu verärgern waren. „Das bitte ich zu entschuldigen. Ich hatte die letzten Tage keine Zeit zum Aufräumen. War sehr beschäftigt.“
    Der Reiter verschränkte, noch auf dem Pferd sitzend, die Arme und trommelte mit den Fingern auf seinen Ellbogen. „Ach ja? W o mit denn, bitteschön?“
    Nathaniel mochte heute Seele verschwenden – Zeit jedoch nicht. In nicht mehr als unbedingt notwendiger Ausführlichkeit unterric h tete er den gemalten Reiter von der Problematik, an der er dran war. Der Gemalte unterbrach ihn selten mit einer Rückfrage und enervi e rend häufig mit Bemerkungen wie „zu meiner Zeit hätte es das nicht gegeben“.
    Letztlich zeigte er sich allerdings willens, Nathaniel zu helfen. Nicht zuletzt, weil er dankbar war, dass er in Mrs Keymans Büro endlich mal wieder ein strammes Damenhinterteil aus der Nähe hatte sehen dürfen. Er war schließlich auch nur ein Mann. Gern, behau p tete er, würde er nach der vermissten Puppe Ausschau halten und unauffällig im Hintergrund der Bilder erscheinen, die in der Nähe seines eigenen Originalgemäldes hingen. So hatte er die Möglichkeit, auch in andere Räume zu schauen und Nathaniel später Bericht zu erstatten.
    Nathaniel deckte das Bild mit einem Leinentuch ab und der gema l te Reiter verschwand daraus und machte sich in seiner Originalg e stalt im Theater der Keymans ans Werk.
    Nun musste Nathaniel abwarten. Er besänftigte seine Ungeduld, indem er sich an das Gemälde machte, das die junge Frau gestern bei ihm in Auftrag gegeben hatte. Sein Gemüt würde der Kundin dabei nicht von Vorteil sein.
     
    ***
     
    Cera schlug die Augen auf und war im gleichen Moment hellwach.
    Hellwach und bereits wieder erfüllt von Angst. Sie wusste instin k tiv, dass ihr Verfolger keinesfalls aufgegeben hatte, und ebenso wus s te sie, dass sie ihm in ihrer hilflosen Starre ausgeliefert war. Auf G e deih und Verderb.
    „ Mr Keyman“, hauchte sie, befürchtend, er würde sie einen weit e ren Tag nicht anhören. „Bitte, ziehen Sie mein Uhrwerk weiter auf. Sie haben es wieder nur für zwei Stunden aufgezogen, aber das reicht nicht. Wir müssen reden, Mr Keyman, Sie müssen mich anhören, Sie müssen mich doch wenigstens wissen lassen, wofür Sie mich str a fen.“
    „ Mach dich bereit“, murmelte er, statt ihr zu antworten. „Die Vo r stellung beginnt, du bist gleich dran.“ Er hatte sich bereits wieder abgewandt, den Kopf gesenkt, die Schultern nach vorn gekippt, als würde es ihm zu schwerfallen, aufrecht zu stehen, sie anzusehen und ihr ein Wort der Erklärung zu schenken.
    Was war nur geschehen?
    Mehr noch als die Ungewissheit tangierte Cera die Tatsache, dass man ihr keine Möglichkeit ließ, herauszufinden, was hier vor sich ging. Ihr Schlüsselmeister, der Direktor Keyman, zog sie

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