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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
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allein für die Vorstellung auf, und in dieser Zeit musste sie sich permanent in seiner Nähe aufhalten, ständig unter Beobachtung seiner Augen, die traurig schienen und wund, als hätte er geweint oder viele Nächte zu wenig geschlafen. Die anderen mieden sie, eine irritierende Mischung aus Mitleid, Abscheu und Furcht in den Blicken, und wenn sie ve r suchte, zwischen den Bühnenauftritten ein paar Worte mit ihnen zu wechseln, hatte sie jedes Mal das Gefühl, andere Worte zu sagen als jene, die gehört wurden und auf die sie karge Antwort bekam.
    Sie fragte, was geschehen sei – sie erzählten ihr vom Wetter. Sie fragte, was sie verbrochen hatte – sie rügten sie für Respektlosigke i ten. Sie fragte nach Mrs Keyman – sie schüttelten die Köpfe. Sie fragte, ob sie anderen nicht mehr ihre Freundinnen seien. Sie schwiegen.
    Wenn sie auf der Bühne stand und tanzte, war es nicht mehr der Drang, den Zuschauern gefallen zu wollen und der Figur, die sie da r stellte, Leben einzuhauchen. Sie fühlte nur noch Unverständnis und Wut , und wenn sie sich nicht immer wieder daran erinnert hätte, dass Mr Keyman sie noch härter strafen konnte, dann wäre sie dem Zwang erlegen, auf der Bühne hinauszuschreien, was denn nur pa s siert sei, dass sie von heute auf morgen zur Aussätzigen geworden war. Die Frage beherrschte all ihr Denken.
    Was war geschehen?
    Hatte jemand von ihren Gefühlen für Valender erfahren? Aber wer? Es schien ihr zu absurd, aus diesem Grund gestraft zu werden. Es war nicht üblich, dass sich Puppen verliebten, aber es galt auch nicht als verwerflich. Nicht, dass sie wüsste. Man hätte ihr das doch gesagt.
    Eine Antwort auf ihre Fragen wünschte sie sich sehr, aber mehr als alles andere, weit mehr noch als Erklärungen, wünschte sie sich, Va l ender zu sehen. Es war weniger die Aussicht, dass er ihr helfen wü r de, als mehr die Tatsache, dass ihr Verstand nicht richtig funktionie r te, solange er damit ausgelastet war, sich nach Valender zu sehnen. Sie war sich sicher, die Lösung selbst finden zu können, wenn sie nur endlich dieses schmerzende Ziehen beruhigt bekäme, das sie jede r zeit wissen ließ, nicht in seiner Nähe zu sein. Zu weit fort. Und ohne jede Ahnung, ob er sie überhaupt noch sehen wollte. Was, wenn nicht?
    Sie verlangte nicht viel von ihrem Glück.
    Ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Ihn zu sehen, von Weitem nur. Einen kurzen Brief – das würde ihr doch schon reichen. Ein bisschen Klarheit; ach, eine Ahnung wäre ihr schon eine große Hilfe.
    Cera bekam nichts. Sie tanzte, wie man es von ihr verlangte. Kaum, dass der letzte Schritt getan und die letzte Pirouette gedreht war, und sie hinter dem Vorhang aus dem Sichtfeld des Publikums entschwand, den donnernden Applaus in ihren Gliedern spürend, fühlte sie ihr Uhrwerk auslaufen. Ihre letzten Gedanken galten Va l ender – hoffentlich ging es ihm zumindest gut – ehe Dunkelheit und Stille sie einhüllten und ihr Herz in ein Grab legten.

Kapitel XX
     
    „ Er tut was?“
    Valender spürte rot glühenden Zorn durch seine Adern schießen. Nur ein winziger Faden aus Beherrschung hielt ihn davon ab, ins Keyman Theatre zu stürmen, dem Direktor eine gerechte Abreibung zu verpassen und Cera zu befreien. Er hatte Richard Keyman ve r standen, als dieser ihm die Nase platt geschlagen ha t te. Die Sache zwischen Valender und Lyssandra Keyman war ein unverzeihlicher Fehler gewesen, und er hatte den Zorn ihres Eh e mannes verdient und ertragen. Aber Cera zu bestrafen, das ging en t schieden zu weit.
    Die Vorstellung, wie sie gelähmt, taub und stumm in einer Ecke stand, trieb ihm Tränen in die Augen, die sein Wohnzimmer ve r schwimmen ließen. Er musste an Saphira denken. An die Angst in ihrem schönen Gesicht. Sich Cera so gebrochen vorzustellen, übe r stieg das, was er zu ertragen glaubte.
    „ Ich fürchte, das ist noch nicht alles.“ Nathaniel sah aus, als hätte er auf dem Ritt von seinem Haus zu Valenders Wohnung minde s tens drei Strafzettel wegen überhöhter Geschwindigkeit kassiert. G e trockneter Schweiß ließ seine Stirn speckig glänzen, in seinen ze r zausten Haaren hatten sich kleine Laubblätter verfangen. Er hatte keine Zeit verschwendet, sich wieder herzurichten, ehe er Valender Bericht erstattet hatte, was Keyman Cera antat.
    „ Mein Gemälde hat noch Weiteres herausgefunden“, erzählte Nathaniel, noch immer war er ein wenig außer Atem. „Offenbar von einem Verblichenen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat,

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