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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
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unterstützt zu haben, sofort feuern und enterben würde.“
    „ Sie sind ein guter Mensch, Valender. Sie wollten mir helfen.“
    Er setzte zu einer Antwort an, aber dann verkniff er sie sich.
    „ Ich bräuchte doch nur ein wenig Unterstützung. Mr Keyman hat einen Verdacht, das weiß ich. Er hält mir Informationen vor, weil er nicht will, dass ich auf eigene Faust ermittle. Wenn Sie sich als Pr i vatdetektiv ausgeben würden und ihm das entlocken, was er mir ve r schweigt, dann hätte ich einen Ansatzpunkt. Bitte, Valender, ich dr e he mich im Kreis und brauche nur einen kleinen Tipp in die richtige Richtung. Ich bezahle Sie gut dafür.“
    Valender rieb sich die Stirn. „Es geht nicht um Geld.“
    Sie zögerte. Noch nie war sie so weit gegangen. Aber sie brauchte die Hilfe dieses Mannes, sie brauchte sie dringend. Yasemines S i cherheit war so viel mehr wert als ihr lächerlicher Stolz. Darum sagte sie lasziv, mit einem vielsagenden Augenaufschlag: „Ich bin Tänz e rin, Valender. Ich zahle mit Dingen, die Sie für Geld nicht kaufen können.“
    Der Buchhändler stutzte erst. Und dann lächelte er in sich hinein und murmelte eine vage Zustimmung.
     
    Meine liebste Melissa,
    ich habe eine Überraschung für Dich.
    Erinnerst Du Dich noch an Deinen Geburtstag vor zwei Jahren? Es war der Tag, an dem es so heiß war, dass der Asphalt klebte und wir beim Spaziergang schon nach hundert Metern wieder umkehren mussten, weil uns der Schweiß in Strömen über die Körper lief. Es war der erste Geburtstag, den wir nach meiner Ausbildung wieder gemeinsam feiern konnten, und außerdem war es Dein erster G e burtstag nach dem Kriegsende. Endlich war es wieder sicher, und da verhinderte ausgerechnet die Sonne, dass wir es bis zum Eiscafé schafften.
    Ich habe Dir damals dieses mechanische Hündchen geschenkt, e r innerst Du Dich? Es hat Dir solche Freude bereitet …
    Leider hielt es nicht lang. (Es hätte sicher länger gehalten, wenn Vater es nicht vor die Wand geworfen und mit dem Absatz zertreten hätte, aber wer will schon kleinlich sein.)
    Denk an das Hündchen. Es ist zwar nicht Dein Geburtstag, aber am Wochenende habe ich etwas viel Besseres für Dich, mein Herz.
    Verrat es nur nicht. Es bleibt unser Geheimnis.
     
    In Liebe
    Valender

Kapitel III
     
    Der Buchhändler hatte für ihr Treffen den Samstagvormittag g e wählt, als ahnte er, dass Cera am Nachmittag und Abend hätte abs a gen müssen. Obgleich sie es mit Erleichterung getan hätte. An den Wochenenden gab es drei Vorstellungen, das war Mr Keyman ä u ßerst wichtig, um seiner Mitbewerberin gegenüber im Vorteil zu sein. Als hätte es das gebraucht! Die Witwe Macallistor besaß das größere und prunkvollere Theater, aber sie ließ englische Puppen tanzen, nicht jene dieser lebensechten Qualität, in der Cera und ihr Ense m ble gefertigt waren. Die Engländer hinkten den Arabern um Jahre hinterher, wenn es um die Rekonstruktion von Seele ging. Und was war schon eine Tänzerin ohne Seele?!
    Cera ging zwischen gepflegten Wiesen und akkurat gestutzten H e cken den Kiesweg entlang, der zur Orangerie führte, einem gehob e nen Café-Restaurant im westlichen Teil des Kensington Parks. Von Juni bis August würde sie auch in diesem Jahr hier bei Freilichtvera n staltungen unter offenem Himmel tanzen, vor Menschen, die wä h rend der Darbietung im Gras picknickten, während die Kinder zw i schen den bunten Decken Nachlaufen spielten. Vor Gott selbst würde sie tanzen! Doch noch war der Sommer eine Ewigkeit weit fern. Und was sollte ein Sommer wert sein, wenn Yasemine ve r schwunden blieb?
    Die Sonne schien, und die Luft war klar und seidig, wenn auch nicht warm, und alles zusammen verhöhnte zugleich die bösen Zu n gen, die sich immerzu über das englische Frühjahr brüskierten, wie auch Cera, deren Stimmung sieben Tagen Regenwetter glich. Sie nickte einem dampfbetriebenen Arbeiter zu, der mit einer Zange Papierschnipsel und Laub aus dem Gras auflas. Ob er sie gesehen hatte, erfuhr sie nicht. Er führte seine Arbeit fort, als sei nichts gew e sen. Alles, was sich zur Verbrennung eignete, gab er in eine Luke im Bauch, die unter seinem geöffneten Jackett sichtbar war. In seinem Inneren wurde der Abfall verbrannt, womit der Dampfkessel beheizt wurde, der das Herz des Arbeiters darstellte. Die flanierenden Me n schen würdigten ihn keines Blickes, selbst Mülleimern und Bänken aus Holz widmeten sie mehr Aufmerksamkeit als einem Apparat. Ihr wurde bewusst, dass

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