Schlüsselherz (German Edition)
Entführung Schuld des Opfers. „Aber nun sind Sie ja hier, Mr Beazeley. Bei Ihrer Erfolgsquote müssten wir schon enormes Unglück erleiden, um Yasemine nicht zurückzubeko m men.“
Valender biss unter einem Lächeln die Zähne zusammen, während Mrs So-ein-Biest-Lyss-Keyman munter weiterschwatzte. „Ihr letzter Fall von diesem Schwulenmörder in Soho hat mich ganz besonders beeindruckt. Ich habe das alles in der Zeitung verfolgt, müssen Sie wissen, ich habe keinen Artikel verpasst. Wie hieß diese Bestie doch gleich?“
„ Timothy Larrison“, erwiderte Valender mechanisch, es klang hohl in seinen eigenen Ohren. So nämlich hieß der Schriftsteller, der den Kriminalroman um einen Schwulenmörder in Soho verfasst hatte; zufällig eines der Werke, das Cera in die Hände gefallen war. Sie musste das Buch gelesen haben, denn Mrs Biest-Lyss fasste eine exakt nacherzählte Auflösung in begeisterten Worten zusammen, noch ehe Valender Platz genommen hatte. In der Zeitung hatte sie es ve r folgt, soso.
„ Fürchterliche Sache, das. Wie gut, dass Sie den Fall aufgeklärt h a ben.“
Ähm. Ja. „Nicht der Rede wert.“ Immerhin war er beim Lesen längst auf der Spur des Mörders gewesen, als der heldenhafte Ermit t ler noch mit seinen Alkoholproblemen beschäftigt gewesen war.
„ Nun gut, Madam.“ Valender lehnte sich im Sessel zurück, ve r schränkte die Finger und bedauerte, kein Notizbuch bei sich zu tr a gen, womit er sicherlich einen professionelleren Eindruck erweckt hätte. „Beginnen wir mit dem Tag, als Miss Yasemine verschwand. Ist Ihnen irgendetwas aufgefallen?“
Nachdem Valender der Schweiß auf der Stirn getrocknet war, den er auf den scharfen Chili-Ingwer-Tee schob, den Mrs Biest-Lyss ihm aufgedrängt hatte, begann das Detektivspiel ihm Spaß zu bereiten. Die Frau des Theaterdirektors hatte zwar nichts gesehen, was ihm bedeutsam erschien, versorgte ihn allerdings mit Klatsch und Tratsch und dadurch den ersten Verdächtigen, die Valender kurzerhand auf einer Serviette notierte. Sein Markenzeichen, erklärte er ihr. Seit dem heutigen Tage, behielt er für sich.
Als sich Mr Keyman zu ihnen gesellte, fühlte Valender sich bereits so wohl in seiner Rolle wie ein Gespenst auf der blutgetränkten Erde vom Tower Hill.
Mr Richard Keyman war ein stattlicher Mann, nur wenig älter als seine Frau und ein Stück größer als Valender. Mit seinem erstaunl i chen Oberarmumfang hätte man ihn für einen Preisboxer halten können, wäre da nicht sein eigenwilliger Kleidungsstil gewesen. Er trug ausgebeulte Cordhosen in B raun, ein grünes Hemd und ein dunkelrotes Jackett darüber, unter dem noch eine blaue Weste mit Holzknöpfen hervorblitzte. Passend zum Erscheinungsbild roch er nach Pfeifentabak. Großvater-Mode, schoss es Valender durch den Kopf, nur dass er nie gedacht hätte, dass es Großvater-Mode in solch großen Größen gab. Selbst der Schnurrbart, dicht und dunkel, war großväterlich gezwirbelt und nach oben gebogen, was wohl freundlich aussehen sollte.
Er schüttelte seine Irritation über diese scheußliche Stilverfehlung ab und begrüßte den Direktor, um rasch zum Punkt zu kommen und mit seinen Befragungen fortzufahren.
„ Ihre Frau war so freundlich, mir von Ihren Verdächtigen zu b e richten, Mr Keyman. Ihre Sicht der Dinge würde mir sehr helfen. Was können Sie mir über Mrs Macallistor berichten?“
Mr Keyman räusperte sich und warf seiner Frau einen Blick zu, den Valender nicht deuten konnte. „Lassen Sie uns doch ein Stück gehen“, wich er aus. „Ich zeige Ihnen die Zimmer der Mädchen. S i cher wollen Sie auch die Garderobe sehen, aus der Yasemine ve r schwand.“
Damit führte er Valender aus dem Büro, die Treppen hinab und durch das leere Foyer. Er schloss eine Tür auf, die hinter einem Samtvorhang verborgen war und in einen schmucklosen Korridor mit Steinboden und nackten Wänden führte. Erst nachdem die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, nahm er den Faden wieder auf.
„ Meine Frau reagiert hin und wieder etwas ungehalten, wenn die Sprache auf Mrs Macallistor fällt“, sagte er entschuldigend.
„ Das ist verständlich. Es ist Ihre einzige Mitbewerberin in London; das einzige Theater, in dem Puppen tanzen.“ Valender ahnte, dass mehr dahinter steckte. Die Art, wie Keyman die Backen aufblies und offenbar unschlüssig war, wie viel er erzählen sollte, gab ihm recht.
„ Vielleicht“, murmelte der Mann und wurde rot unter dem schwarzen Bart, „sind auch ein
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