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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
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er es, die filigrane Messingschnalle zu öffnen und von ihrem schmalen Gelenk zu lösen.
    „ Gütiger …“
    Cera sah auf die Tischplatte und wollte ihre Hand zurückziehen, aber er hielt sie fest. Tiefe Schnitte zerfurchten ihre Haut, das Gew e be darunter sah aus wie das zerrissene Fruchtfleisch eines Pfirsichs und an einer Stelle blitzte Knochen hervor – oder das, woraus man ihre Knochen konstruiert hatte.
    „ Silber?“
    Erst als sie verneinte, merkte er, dass er laut gedacht hatte. „Nein, Platin.“
    „ Das … das muss behandelt werden.“
    „ Tut mir schrecklich leid, Valender, aber gegen Platinknochen und ein Uhrwerk im Herzen gibt es keine Therapie.“
    Er strafte ihren Scherz mit einem ernsten Blick. „Ich rede von der Wunde und das weißt du genau.“
    Mit einem Ruck entzog sie ihm ihre Hand, und er kam sich plöt z lich schwach und hilflos vor, während sie sich fing und ein dista n ziertes Lächeln aufsetzte, das ihm nicht gefiel. „Das würde Fragen nach sich ziehen. Was sollte ich antworten?“
    „ Aber du kannst die Wunde nicht einfach offen lassen!“
    Cera sah sich um, ob jemand seinen Ausruf gehört hatte, aber niemand sah zu ihnen herüber. „Ich kann“, erwiderte sie kühl. „Ich bin kein Mensch, Valender. So etwas kann warten. Aber Sie haben natürlich recht: Menschen müssen größere Wunden rasch behandeln lassen.“
    Der Themenwechsel behagte ihm nicht, aber er verstand, worauf sie hinauswollte. Auf ihren Angreifer. „Wir könnten Londoner Ärzte anschreiben und uns nach Patienten mit Stichwunden erkundigen.“
    „ Das sollte ich, ja.“ Cera setzte sich aufrechter und straffte die Schultern. „Wenn es nicht schon erledigt wäre. Ich habe heute Mo r gen alle Krankenhäuser und Arztpraxen übers KSS angeschrieben und die beiden verbleibenden älteren Ärzte, die keinen modernen KSS-Zugang haben, aufgesucht. Zu niemandem kam jemand mit einer Stichverletzung.“
    Das hätte er sich denken können. „Du sagtest, die Hand des Ma n nes war synthetisch. Kann es der ganze Arm gewesen sein?“
    Da bemerkte er es wieder. Etwas an ihr veränderte sich, etwas, dass er spürte, aber nicht benennen konnte.
    „ Ausgeschlossen. Ich kenne den Unterschied. Glauben Sie mir.“
     
    Er wagte erst wieder darauf zurückzukommen, als sie den stickigen Pub verließen und leichter Wind seine Wangen kühlte. Schon den ganzen Abend über fühlte er seinen Puls heiß in jeder Faser seines Körpers. Herrgott, es fühlte sich an, als hätte er sich betrunken, d a bei war die Pinte halb voll zurückgegangen. Mehr hatte er nicht ru n ter bekommen, und das war vermutlich auch besser so. Wut und Alkohol waren eine gefährliche Mischung, und wann immer sein Blick versehentlich auf Ceras Verletzung fiel, stieg ihm das E rste zur Genüge in den Kopf wie ein Rausch.
    Wie konnte jemand diesem unschuldigen Mädchen etwas tun?
    Zumindest stand für Valender nun fest, dass Yasemine und die a n dere verschwundene Puppe nicht weggelaufen waren. Auch wenn Cera sicher war, dass der Mann sie nicht hatte entführen, sondern töten wollen, roch alles nach einem Zusammenhang.
    Er winkte eine Kutsche heran und bemerkte zu spät, dass es ein Wagen der St. Patricks Line war. Mit diesen Kutschen fuhr sein V a ter bevorzugt, da sie keine Puppen auf die Böcke setzten, sondern ausschließlich Menschen. Es wäre unklug, von einem der geschwä t zigen Kutscher mit Cera gesehen zu werden. Aber das mächtige Stahlpferd hielt bereits an und erhob sich zu einer eleganten Levade auf die Hinterbeine. Wasserdampf quoll aus den Nüstern. Es war ein prächtiges Pferd, eines der neusten Generation. Selbstverständlich wurde die Dampfmaschine in seinem Inneren mit Diamantkohle angefeuert, einem Erz, das, einmal entzündet, über Jahrzehnte brannte und dabei weder rauchte noch rußte. Alle Kutschen, die in den besser situierten Stadtteilen verkehrten, mussten mit dieser sa u beren, aber teuren Energiequelle ausgestattet sein. Alte, mit Ko h le beheizte Dampfpferde, auch Rußzossen genannt, verpesteten nicht nur die Atemluft, sie verschmutzten vor allem die Fassaden, weshalb sie in vielen Bezirken keine Zufahrtsberechtigung hatten. Biologische Pferde erforderten aufwendige Straßenreinigungen; sie durften in der Stadt nur zum Einsatz kommen, wenn der Besitzer die entspreche n den, raren Patente gekauft hatte und Steuern zahlte.
    Der Kutscher grüßte mit seinem Hut und Valender, den Gruß e r widernd, indem er seinen eigenen Trilby antippte,

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