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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Abigail
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kam.
    Alles roch nach diesem sterbenden Flieder.
    Eine wunderbare Nacht für ein Ende.

Kapitel VII
     
    Im selben Moment, als Cera den weißen Fliederzweig fahl im Mon d licht leuchten sah, spürte sie, dass etwas nicht stimmte. Zunächst war sie versucht, einfach weiterzugehen. Mrs Keyman und die anderen redeten ihr beharrlich zu, sie habe doch gefälligst ängstlich zu sein, wenn sie bei Nacht im Labyrinth spazieren ging, wie alle den Park nahe dem Theater nannten, weil die von Hecken eingezäunten Pfade an einen Irrgarten erinnerten. Cera allerdings liebte die Spaziergänge unter schwarzem Himmel und Millionen von Sternen. Sie waren ihr kleines bisschen Freiheit; ohne diese Spaziergänge würde sie sich fühlen wie gefangen. Vermutlich wirkten all die Befürchtungen der anderen inzwischen zu stark auf sie ein und setzten ihr Hirngespinste in den Kopf.
    Sie tat zwei Schritte weiter vor, konnte den flauschigen Blüte n zweig nun fast mit der Stiefelspitze antippen. Weiter wagte sie sich nicht. Obwohl sie weitergehen wollte, nein, obwohl sie es musste, um sich von albernen Ängsten nicht einsperren zu lassen, war es ihr einfach nicht möglich, auch nur einen Schritt zu tun. Es war, als sti e ße sie gegen eine unsichtbare Mauer, geschaffen aus unerklärlicher, irrationaler Furcht. Der Wind hauchte den Weg entlang und wisperte Warnungen in den Zweigen der Büsche. Ein kalter Schauder kroch ihren Rücken hoch und biss ihr in den Nacken.
    Sie drehte sich um, begann mit dem ersten Schritt zu rennen, und doch spürte sie, dass es zu spät war. Ein Mann, groß und schwer, sprang aus den Schatten und jagte ihr nach. In ihrem langen Kleid war sie zu langsam. Seine schnellen Schritte knirschten im Kies, er rannte dicht hinter ihr und kam schnell näher. Die Wege im Lab y rinth waren lang. Sehr lang.
    Der Mann sagte kein Wort, sie hörte bloß seinen Atem, schnell, aber nicht hastig. Er würde nicht so bald ermüden. Er war so nah. Sie warf einen schnellen Blick über die Schulter und erkannte sein grimmig verschlagenes Gesicht, noch ehe sie die metallene Hand ausmachte, die er zu einer kantigen, mit Zacken bewehrten Faust ballte. Das Mondlicht jagte blaue Funken über seine Finger, als er die Hand nach ihr ausstreckte. Cera schlug einen Haken, aber der Weg war zu schmal, seine Schritte zu lang und ihre Absätze zu hoch. Se i ne Metallfinger gruben sich in ihr Haar, er riss ihren Kopf in den Nacken und sie stießen zusammen, um in einem Knäuel aus Armen und Beinen, in ihren Röcken verheddert, zu Boden zu gehen. Cera rief nach Leibeskräften um Hilfe, aber nach dem ersten Aufschrei presste er ihr die andere Hand vors Gesicht. Er trug einen l e dernen Handschuh und scherte sich nicht um ihre Versuche, ihn zu beißen. Brutal riss er sie herum, sodass sie auf dem Rücken zum Li e gen kam, u nd warf sich mit seinem ganzen Gewicht über sie. Cera strampelte mit den Beinen, versuchte, nach ihm zu treten oder sich aufzubä u men, um ihn abzuwerfen. Sinnlos. Mit beiden Händen schlug sie auf ihn ein, boxte ihm die Fäuste vor die Brust und zerkratzte seine Wangen. Vergebens. Der Mann blieb vollkommen r u hig, gefährlich ruhig; s o, als überfiel er nicht zum ersten Mal eine Frau. Er ließ sie auf ihn einschlagen, wich ihren Händen nur aus, wenn sie sich se i nem Kopf oder seiner Kehle näherten. Mit der freien Hand, der künstl i chen, griff er in seine Jacke, und plötzlich blitzte ein Messer gehässig im Mondschein. Cera presste panische Schreie gegen seine Hand.
    Aus. Gleich war alles aus.
    Als absurder, kleiner Gedanke fuhr ihr durch den Kopf, dass sie weinen wollte – wütende, todesgewisse Tränen –, aber Weinen war etwas, zu dem sie nicht in der Lage war. Sie schrie lauter, obgleich klar war, dass niemand sie hörte. Niemand außer ihm. Der darüber lächelte; nicht höhnisch, sondern bemüht, als müsse er sich selbst Mut einreden. Sie sah seine weißen Zähne. Sie sah Augen, so blau wie der Himmel. Und sie sah das silberne Mondlicht auf der Messe r schneide tanzen. Sie zitterte. Und wenn sie auch nicht wusste, warum er sie töten wollte, so wurde ihr eines klar: Er tat es nicht freiwillig.
    Sie zwang sich, ganz stillzuliegen. Sie sah ihn an. Sie blinzelte.
    Sie hoffte auf seine Skrupel – ihre einzige Chance.
    Plötzlich ging alles ganz schnell. Der Mann stöhnte wie unter Schmerzen und verzog das Gesicht. Gleichzeitig riss er das Messer hoch und stieß es wieder herab. Doch er schloss dabei die Augen, und Cera tat

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